Urteil AG Frankfurt a.M. vom 19.9.2014 Az: 32 C 2344/14 (18)

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Im Namen des Volkes
Urteil

 

In dem Rechtsstreit

XXXX

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: XXXX
Geschäftszeichen:XXXX

gegen

XXXX

Beklagter

Prozessbevollmächtigte: AID24 Rechtsanwaltskanzlei Herr RA Christoph Scholze Deltahouse, Gustav-Stresemann-Ring 1, 65189 Wiesbaden
Geschäftszeichen: XXXX

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht XXXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2014 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Kostenersatz für eine erfolgte Abmahnung in Zusammenhang mit einer behaupteten Urheberrechtsverletzung.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.09.2010 mahnte die Klägerin den Beklagten aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung vom 13.03.2010, 16.42 Uhr ab. Der Beklagte soll als Nutzer eines Peer-to-Peer Netzwerkes den Film „The Graves" öffentlich zugänglich gemacht haben.

Das Filmwerk wurde am 12.03.2010 erstveröffentlicht und befand sich im März 2010 in seiner aktuellen Verkaufsphase.

Aufgrund von Ermittlungen der Guardeley Ltd erwirkte die Klägerin am 29.04.2010 einen Beschluss des LG Kölns, nachdem die Deutsche Telekom AG Auskunft über die Zuordnung einer ermittelten IP Adresse zu einem bestimmten Anschlussinhaber erteilen musste. Am 23.06.2010 übermittelte die Deutsche Telekom AG die Auskunft, die den Beklagten als Anschlussinhaber auswies.

Die Klägerin erwirkte am 17.12.2013 einen Mahnbescheid, der dem Beklagten am 19.12.2013 zugestellt wurde. Dort ist die Hauptforderung wie folgt bezeichnet:

1. Schadenersatz aus Unfall/Vorfall gem. Urheberrechtsverletzung 56330/07 vom 06.09.2010 : 42,20 Euro
2. 2. Rechtsanwalts/Rechtsbeistandshonorar gem. Rechtsanwaltshonorar vom 06.09.2010 : 807,80 Euro

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin trägt vor,

sie sei Lizenznehmerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte des Filmwerkes „The Graves" für das Lizenzgebiet Deutschland.

Heute werde der Film online zu einem Verkaufspreis von 29,99 Euro als DVD vertrieben.

Die Guardeley Ltd. in Person des Herrn Ben Perino habe am 13.03.2010 um 16:42:24 Uhr einen Nutzer erfasst, der zu diesem Zeitpunkt unter der IP Adresse 79.212.81.161 das Filmwerk anderen Teilnehmern der Tauschbörse Azureus zum Herunterladen angeboten habe. Die Telekom Deutschland AG habe sodann die zutreffende Auskunft erteilt, dass diese IP Adresse im streitgegenständlichen Zeitpunkt dem Beklagten zugeordnet gewesen sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünden Rechtsanwaltsgebühren aus einem Streitwert in Höhe von 10.000,00 Euro zu.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2014 nahm die Klägerin den Antrag zu 1) auf Zahlung eines Lizenzschadens in Höhe von 198,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zurück.

Sie beantragte zuletzt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 651,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, er habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Er sei vom 02.03.2010 - 20.03.2010 bei seinem Bruder in der Nähe von Karlsruhe gewesen. Zu dem Internetanschluss hätten zum damaligen Zeitpunkt sowohl seine beiden volljährigen Söhne als auch seine Ehefrau Zugang gehabt. Das WLAN sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt verschlüsselt gewesen.

Die DVD des Films werde unter amazon.de für 6,99 Euro angeboten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Parteivernehmung des Beklagten entsprechend des Beschlusses vom 19.09.2014. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2014 verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren aus § 97 a Abs. 1 UrhG zu.

Eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung kommt nicht in Betracht.

Es kann dahinstehen, ob die Ermittlung und Zuordnung der rechtsverletzenden Handlung zum Anschluss des Beklagten fehlerfrei erfolgte, denn es spricht bereits keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten. Wird über einen lnternetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH08.01.2014, I ZR 169/12). Den Inhaber des lnternetanschluss trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspfiicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchssteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast dadurch entsprochen, dass er vorgetragen hat, dass seine Ehefrau und seine zum damaligen Zeitpunkt volljährigen Söhne Zugang zum Internetanschluss hatten. Zudem hat er dargelegt, dass er selbst nicht als Täter in Betracht kommt, da er vom 02.03.2010 bis zum 20.03.2010 bei seinem Bruder bei Karlsruhe gewesen sei.

Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerin die für eine Haftung des Beklagten sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen. Die Klägerin konnte durch die Parteivernehmung des Beklagten nicht den Beweis führen, dass dieser die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat. Der Beklagte sagte glaubhaft aus, er sei im streitgegenständlichen Zeitraum bei seinem Bruder bei Karlsruhe gewesen. Er habe dies aus seinen Kalendern nachvollziehen können.

Die Klägerin ist auch beweisfällig geblieben, dass der Beklagte Zustandsstörer war. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe sein WLAN dergestalt gesichert, wie es in der Gebrauchsanweisung des Routers angegeben gewesen sei. Somit hat er die marktüblichen Sicherungen im Kaufzeitpunkt des Routers eingehalten. Darauf kommt es aber vorliegend bereits nicht an, da nicht erwiesen ist, dass außenstehende Dritte den Anschuss missbräuchlich nutzten. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.01.2014 1 ZR 169/12 (Bear Share) festgestellt hat, sind die entsprechenden Grundsätze der Entscheidung Sommer unseres Lebens zur Haftung als Zustandsstörer (BGHZ 185, 330) nicht auf die Fallgestaltung heranzuziehen, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem Familienangehörigen zur Verfügung stellt Den Beklagten traf auch keine Prüf- und Überwachungspflicht hinsichtlich seiner Ehefrau oder seinen volljährigen Söhnen.

Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten bestand somit mangels einer dem Beklagten zurechenbaren Urheberrechtsverletzung nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§91, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2, 60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulassig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00€ übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

XXXXXXX
Richterin am Amtsgericht
Frankfurt am Main, 02.10.2014
Beglaubigt

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RA Scholze

Rechtsanwalt Christoph Scholze
Fachanwalt für IT-Recht (Informationstechnologierecht)
TÜV geprüfter Datenschutzbeauftragter (DSB)
IHK geprüfter Informationssicherheitsbeauftrager (ISB)
Lehrbeauftragter Dozent bei der Thüringer Verwaltungsschule (TVS)
Tel.: +49 611 89060871

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