Darlegungs- und Beweislast für eine Filesharing-Abmahnung liegt beim Abmahnenden im Urheberrecht / Internetrecht
Das Landgericht Erfurt musste sodann entscheiden, ob der Abmahnende oder der Abgemahnte beweisen muss, ob die Abmahnung ordnungsgemäß in der Urheberrechtsangelegenheit zugegangen ist.
Das Gericht führte zunächst aus, dass grundsätzlich der Beklagte beweispflichtig für den Zugang einer Abmahnung sei, da er auch derjenige sei, der von § 93 ZPO begünstigt würde. § 93 ZPO regelt die Kosten bei sofortigem Anerkenntnis durch den Beklagten. Das Gericht führte aus:
„Darlegungs- und beweisbelastet für den Zugang der Abmahnung ist zunächst der Verfügungsbeklagte, da ihn die Regelung des § 93 ZPO begünstigt. Nach den allgemeinen Beweislastregeln muss diejenige Partei, die sich auf einen Ausnahmetatbestand zu ihren Gunsten beruft, dessen Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und ggf. beweisen.“ ( Landgericht Erfurt, Urteil vom 20.11.2008, Az. 3 0 1140/08)
Jedoch kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Abmahnende die Beweislast trägt, wenn der Abgemahnte den Zugang der Abmahnung bestreitet. Denn bei dem vom Beklagten darzulegenden Umstand handele es sich um eine negative Tatsache. Diese übertrage die Beweislast auf den Kläger.
„Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem vom Beklagten darzulegenden und zu beweisenden Umstand um eine negative Tatsache handelt, die zu einer sekundären Darlegungslast des Klägers führt).“ ( Landgericht Erfurt, Urteil vom 20.11.2008, Az. 3 0 1140/08)
„Die Verfügungsklägerin ist danach auf das einfache Bestreiten des Verfügungsbeklagten gehalten, die genauen Umstände der Absendung vorzutragen und ggf. unter Beweis zu steIlen.“ ( Landgericht Erfurt, Urteil vom 20.11.2008, Az. 3 0 1140/08)
Doch die Klägerin war in diesem Fall nicht in der Lage zu beweisen, dass die Filesharing-Abmahnung ordnungsgemäß versandt wurde. So ergab ein Auszug aus dem Postausgangsbuch, dass mehrere Abmahnungen verschickt werden sollten. Jedoch konnte aus dem Auszug nicht entnommen werden, dass auch der Beklagte eine adressierte Abmahnung erhalten sollte. Zudem stimmten die jeweils angegebenen Daten aus dem Postausgangsbuch und dem Datum des angeblichen Postversandes nicht überein. Auch ließ sich dem Auszug nicht entnehmen, an wen eine Abmahnung versandt werden sollte. Das Gericht führte hierzu aus:
„Das Postausgangsbuch enthält keinen Hinweis darüber, an wen die Abmahnungen versandt wurden. Die bloße Summe versandter Schreiben lässt keine verlässliche Einschätzung zu.“ ( Landgericht Erfurt, Urteil vom 20.11.2008, Az. 3 0 1140/08)
Die schiere Summe der Abmahnschreiben allein, ließe nicht darauf schließen, dass auch eine Abmahnung an den Beklagten unter diesen war. Es könne stattdessen auch ein verfahrensfremdes Schreiben ausversehen mitgezählt worden sein.
Das Landgericht bezweifelte vielmehr, dass das Abmahnschreiben überhaupt die Büroräume der Kanzlei verlassen hatte.
Verfahrenskosten trug der Verfügungskläger in oben beschriebender Urheberrechtssache
Die Ansicht des Landgerichtes Erfurt ist relevant für die Kostenentscheidung bei einer einstweiligen Verfügung in Urheberrechtssachen. Denn wenn der Verfügungsbeklagte die einstweilige Verfügung sofort anerkennt beziehungsweise eine Unterlassungserklärung abgibt, ohne das ihn je zuvor eine Abmahnung erreicht hat, so können nach oben genannter Entscheidung die Kosten für das Verfahren dem Verfügungskläger auferlegt werden. Der Kläger musste deshalb in diesem Fall die Verfahrenskosten tragen.
Fazit zu Klagen oder einstweilgen Verfügungen im IT-Recht insbesondere im Urheber- und Medienrecht:
Ähnlich der sekundären Darlegungslast beim Bestreiten illegalem Filesharings, ist der Verfügungskläger daran gehalten, den ordnungsgemäßen Zugang der Abmahnung zu beweisen. Misslingt ihm dies, ist nach Ansicht des Landgerichts Erfurt nicht von einem Zugang auszugehen und der Kläger trage die Verfahrenskosten. Aus diesem Grund sollte beispielsweise nach Zugang einer einstweiligen Verfügung oder Klage im Urheberrecht oder IT-Recht der jeweils Betroffene umgehend einen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Urheber- oder Medienrecht, Internetrecht bzw. IT-Recht aufsuchen um diese auf mögliche Fehler überprüfen zu lassen. Weitere Informationen zum Internetrecht oder Urheberrecht finden Sie hier.