LG Wiesbaden zum IT-Recht / Domainrecht am 18.10.2013: Domain-Inhaber haftet nicht für Webseiteninhalte (LG Wiesbaden, Urt. v. 18.10.2013 – 1 O 159/13)
Das Landgericht Wiesbaden hat in einer Entscheidung festgestellt, dass der Domain-Inhaber nicht für die Webseiteninhalte hafte, hierfür sei vielmehr der Webseitenbetreiber zuständig.
Mehr erfahren
Domain-Inhaber oft nicht Verwender der Domain oder Admin-C
Oftmals fallen Domain-Inhaber, Admin-C und Domainbetreiber auseinander. Der Domain-Inhaber ist der Vertragspartner der DENIC, der Betreiber nur derjenige der für das Geschäft hinter der Domain verantwortlich ist. Der Admin-C hingegen ist der Ansprechpartner für die DENIC und wird vom Inhaber bestimmt. Hintergrund hierfür ist, dass viele Unternehmen die Registrierung und informationstechnische Gestaltung von Dritten übernehmen lassen. Der Betreiber hingegen stelle den Inhalt der Website.
Dazu hält das LG Wiesbaden allgemein fest:
Die Inhaberschaft der Homepage, dh des abrufbaren Inhalts der Internetpräsenz, ist nämlich von der Inhaberschaft der Domain und auch von der Stellung als Admin-C zu unterscheiden. Sie erlauben keinen Schluss dahingehend, dass die unter der Domain nutzbaren Telemedien tatsächlich vom Domaininhaber und Admin-C angeboten werden. (LG Wiesbaden, Urt. v. 18.10.2013 – 1 O 159/13)
Keine inhaltliche Verantwortlichkeit bei DENIC-Eintragung nach dem IT-Recht / Domainrecht
Aus diesem Grund stellt das Landgericht Wiesbaden fest, dass den Inhaber keine Haftung für den Inhalt treffe:
Die Domaininhaberschaft gestattet nicht den Schluss, dass der Inhaber diejenige Person ist, welche unter der Domain eine Webseite betreibt und über diese am Rechtsverkehr teilnimmt. Die Nutzungsrechte an einer Domain kann der Inhaber auch Dritten zur Ausübung überlassen, sei es unentgeltlich, sei es im Rahmen einer entgeltlichen Domain-Pacht (LG Wiesbaden, Urt. v. 18.10.2013 – 1 O 159/13)
Begründet sei dies darin, dass der Inhaber sich das Recht vorbehalte die Rechte an mögliche Betreiber abzutreten. Damit gebe dieser auch seine Verantwortlichkeit ab. Somit könne der Inhaber der bei der DENIC eingetragen ist nicht grundsätzlich für den Inhalt verantwortlich gemacht werden. Bevor eine Klage erhoben werde, müsse dafür gesorgt werden, dass diese nicht gegen den Inhaber, sondern gegen durch die Abtretung bestimmten Verantwortlichen gerichtet wird.
Keine inhaltliche Verantwortlichkeit für den Admin-C nach dem IT-Recht / Domainrecht
Ebenfalls keine Verantwortlichkeit treffe demnach den sogenannten „Admin-C“. Dieser ist die Person die mit der Administration der Website betreut, und als solcher bei der DENIC eingetragen ist. Als solche wird sie vom Domaininhaber eingetragen. Diese verwalte nur die Gestaltung der Website, habe jedoch keinen Einfluss auf das dahinter stehende Geschäft. Dazu stellt das LG Wiesbaden als Grundsatz klar:
Der Pflichtenkreis des Admin-C bezieht sich allein auf das Innenverhältnis zwischen Domaininhaber und der DENIC eG. Deshalb trifft den Admin-C im Außenverhältnis auch nur unter besonderen, engen Voraussetzungen eine Haftung. (LG Wiesbaden, Urt. v. 18.10.2013 – 1 O 159/13)
Dies begründet das LG Wiesbaden mit einer Entscheidung des BGH, bei welcher dieser die Störerhaftung des Admin-C stark einschränkt und hält fest:
Auch wenn sich vorliegend kein Problem der Störerhaftung stellt, zeigt die Entscheidung des BGH doch, dass sich aus der Funktion des Admin-C weder eine umfassende Verantwortlichkeit für den unter der registrierten Adresse abrufbaren Internetauftritt noch für Rechtsgeschäfte, die unter Verwendung von E-Mail-Adressen der Domain abgeschlossen wurden, herleiten lässt. (LG Wiesbaden, Urt. v. 18.10.2013 – 1 O 159/13)
Somit ist auch der Admin-C nicht für den Inhalt der Website verantwortlich. Hierfür ist allein der Betreiber der Homepage, mithin derjenige der das Geschäft dahinter führt verantwortlich.
Stellungnahme des Verfassers zum oben genannten Fall aus dem IT-Recht / Domainrecht
Das Landgericht Wiesbaden abstrahiert aus Verfassersicht richtigerweise die Stellung des Domaininhabers, des Website-Benutzers (bzw. Inhabers) und des Admin-C. In der digitalen Welt ist es mittlerweile Gang und Gäbe, dass bestimmte administrative Aufgabe vom Homepage-Inhaber an Dritte überlassen werden, dass führt dazu, dass Verantwortlichkeiten gegenüber der DENIC von Personen entstehen können, die selbst nichts mit dem Geschäft im Hintergrund zu tun haben. Diese Personen sind der Admin-C und der Inhaber der Domain, die diese Stellung im Auftrage des Verwenders eingenommen haben und keine rechtliche Verbindung zu den auf der Website angebotetenen Leistungen haben. Aus diesem Grund hat das LG Wiesbaden unserer Auffassung nach richtiger Weise angenommen, dass für diese Personen keine inhaltliche Verantwortung für die Website bestehen darf.
LG Wiesbaden zum IT-Recht / Internetrecht am 27.7.2006: Zur Impressumspflicht von Schwesterunternehmen auf einer Website.
In dem vorliegenden Urteil hat das LG Wiesbaden entschieden, dass die Impressumspflicht nach dem Telemediengesetz auch solche Geschäfte betrifft, die gemeinsam mit anderen Schwesterunternehmen auf einer Website vorgestellt werden.
Mehr erfahren
Die Impressumspflicht aus dem Telemediengesetz nach dem IT-Recht / Internetrecht
In der vorliegenden Entscheidung wurde nach dem 2007 außer Kraft getretenen Teledienstegesetz entschieden. Dieses wurde vom Telemediengesetz ersetzt. Es ist jedoch aus unserer Sicht anzunehmen, dass die Entscheidung insofern Bestand hat, als dass auch das Telemediengesetz eine der des TDG gleichwertige Impressumspflicht enthält.
Gemäß § 6 TDG, beziehungsweise § 5 TMG muss das für die auf der Website angebotenen Leistung verantwortliche Unternehmen dort gewisse Pflichtangaben machen.
Impressumspflicht auch bei mehreren Unternehmen nach dem IT-Recht / Internetrecht
Benutzen mehrere Unternehmen die gleiche Domain, und stellen gemeinsam den Inhalt der Website, so sind alle dazu verpflichtet im Impressum zu erscheinen.
Die Verfügungsbekl. ist verpflichtet, auf der Unterseite der www.mmarkt.de, soweit sie ihren eigenen Markt betrifft, die Pflichtangaben für ihre eigene Firma zu machen. (LG Wiesbaden, Urteil vom 27.7.2006 - 13 O 43/06)
Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass der Inhalt der Website den „eigenen Markt“ betrifft. Darunter ist wohl die mögliche Verantwortlichkeit für den Inhalt bezogen auf das Marktsegment in welchem das Unternehmen tätig ist zu verstehen.
Teledienstanbieter ist nämlich ... nicht nur derjenige, der mit Hilfe einer Internetpräsenz verkauft, was unter der Präsenz www.mmarkt.de gerade nicht möglich ist, sondern auch derjenige, der dort lediglich für sich selbst werbend tätig wird (LG Wiesbaden, Urteil vom 27.7.2006 - 13 O 43/06)
So ist nicht nur derjenige dazu verpflichtet ein Impressum zu führen, wer auf der Seite selbst die Leistung verkauft, sondern auch derjenige der auf dieser für seine Leistungen wirbt. Allein daraus können sich bereits Haftungsansprüche ergeben, wodurch die Impressumspflicht begründet wird.
Stellungnahme des Verfassers zum Fall aus dem IT-Recht / Internetrecht
Aus Verfassersicht stellt die Entscheidung einen wichtigen Schritt in Richtung Verbraucherschutz dar. So kann ohne weiteres festgestellt werden, wer hinter bestimmten Websites steht. Dies vereinfacht zudem die Klagezustellung, da keine Verwechslungen mit Schwesterunternehmen mehr auftreten können.
LG Wiesbaden zum IT-Recht / Domainrecht am 13.06.2001: Die DENIC haftet nicht für den Inhalt von Websites (LG Wiesbaden, Urteil vom 13.6.2001 – 10 O 116/01)
In zahlreichen Entscheidungen des BGH (etwa BGH, Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 251/99)
wurde bereits die Haftung der DENIC eingeschränkt. In einem weiteren Schritt unterstützt das Landgericht Wiesbaden die eingeschränkte Haftung der DENIC.
In dem vorliegenden Sachverhalt wollte der Kläger eine einstweilige Verfügung gegen die DENIC veranlassen, weil auf einer bei ihr registrierten Website ein sittenwidriger Inhalt zu finden war.
Mehr erfahren
Keine Mitstörerhaftung der DENIC nach dem IT-Recht / Domainrecht
Das LG Wiesbaden verneint die Mitstörerhaftung der DENIC in der vorliegenden Entscheidung. Dies macht es an einigen Standpunkten fest.
Die Verfügungsbekl. leistet keinen entscheidenden Tatbeitrag zur Verbreitung der auf der Homepage des R enthaltenen Inhalte. LG Wiesbaden, Urteil vom 13.6.2001 – 10 O 116/01
Zunächst stellt das Gericht fest, dass die DENIC keinen entscheidenden Tatbeitrag zur Verbreitung von Inhalten auf der fraglichen Website leiste. Dadurch schreibt das Gericht die DENIC von einer Mithaftung für die Haftung der Inhalte einer bei ihr registrierten Website frei.
Rechtsgutsverletzung nicht durch die DENIC verhinderbar nach dem IT-Recht / Domainrecht
Dies begründet das LG Wiesbaden wie folgt:
Die maßgebliche Rechtsgutverletzung besteht vorliegend darin, dass auf einem Computer irgendwo eine Homepage hinterlegt ist, auf die i.R.d. Internet weltweit zurückgegriffen werden kann. Selbst wenn es zur Löschung des Domain-Namens des R bei der Verfügungsbekl. käme, bliebe die maßgebliche Rechtsgutverletzung als solche jedenfalls insofern bestehen, als die Homepage weiterhin im Internet ohne weiteres zugänglich wäre, nämlich entweder über die IP-Nummer oder eine andere, weltweit mit gleicher Zugänglichkeitswirkung zu erlangende Domain oder durch Verlinkung über eine andere Homepage. LG Wiesbaden, Urteil vom 13.6.2001 – 10 O 116/01
Demnach habe die DENIC keinen Einfluss darauf, welche Inhalte auf bei ihr registrierten Websites geschaltet werden. Sie sei lediglich die Datenbank, in der die Domains eingetragen sind. Auf Inhalte habe die DEMIC keinen Einfluss. Diese lägen allein in der Gewalt desjenigen, der die Inhalte eigenhändig bereit stellt. Diese würden auf seinem eigenen Computer bereitgestellt und wären in sofern auch ohne eine Domain abrufbar.
Stellungnahme des Verfassers zum Fall aus dem IT-Recht / Domainrecht
Der Rechtsansicht des Verfasser nach ist die Entscheidung des Landgericht Wiesbaden im Tenor der Entscheidungen des BGH zur Haftung der DENIC folgerichtig. Es ist aus unserer Sicht nicht vertretbar, dass die DENIC für die Inhalte der Websites hafte. Neben dem aufgeführten Argument, dass es nicht in der Macht der DENIC liege, die Rechtsgutverletzung zu verhindern, gibt es jedoch weitere, die sich auch aus den BGH-Entscheidungen ergeben.
So liege laut BGH nur dann eine Überprüfungspflicht bezüglich eines Namensrechts vor, wenn eine Verletzung überragend offensichtlich sei, da ansonsten die Handlungsfähigkeit der DENIC aufgrund der erhöhten Arbeitsbelastung eingeschränkt sei. Ähnlich kann man auch in diesem Fall argumentieren: Eine erweiterte Haftung der DENIC für den auf die Domain verlinkten Inhalt würde dazu führen, dass die DENIC um weitere Rechtsverletzungen verhindern ständig alle registrierten Domains auf rechtswidrigen Inhalt überprüfen müsste.
Insofern legt das LG Wiesbaden aus unserer Sicht nur einen Teil der Argumente dar, warum die DENIC keinesfalls für den Inhalt von Websites haften sollte.
LG Wiesbaden zum IT-Recht / Internetrecht am 13.01.2000: Zu den Begrifflichkeiten Auktion und Internetauktion (LG Wiesbaden, Urteil vom 13. 1. 2000 - 13 O 132/99)
Internetauktionen sind schon seit mehr als einem Jahrzehnt sehr beliebt, in den Anfängen der Internetauktionen entschied das LG Wiesbaden den vorliegenden Fall. In dem Fall ging es um Kunstauktionen die zu einem bestimmten Zeitpunkt enden. Darin sah die Klägerin eine Täuschung, weil der Begriff Auktion nicht der angebotenen Dienstleistung entspräche.
Mehr erfahren
Internetauktionen keine Auktion im Sinne des klassischen Auktionsbegriffs
Zunächst stellt das Gericht zwar fest, dass Internetauktionen keine Auktion im klassischen Sinne darstellen können:
Zwar handelt es sich bei der Verkaufsveranstaltung der Bekl. nicht um eine Auktion im klassischen Sinne, weil dort keine zeitliche Begrenzung zur Gebotsabgabe besteht, sondern die vorhandenen oder vertretenen Bieter so lange auf die Ware Gebote abgeben, bis der Meistbietende ermittelt ist.
LG Wiesbaden, Urteil vom 13. 1. 2000 - 13 O 132/99
Dazu fehle es laut LG Wiesbaden an einigen wichtigen Tatbestandmerkmalen, so etwa die fehlende zeitliche Begrenzung zur Gebotsabgabe. Dennoch stellt das Gericht fest, dass die Bieter dennoch solange bieten, bis der Meistbietende ermittelt ist. Dieser würde jedoch erst nach Ablauf einer Frist ermittelt, die Internetauktion ist somit fixierter. Mithin handelt es sich nicht um eine Auktion im klassischen Sinne. Vielmehr entscheide oft genug der Zufall, wer der meistbietende sei, dadurch werde für den Verkäufer nicht der höchstmögliche Preis erreicht.
Vergleichbarkeit mit klassischer Auktion besteht
Dennoch stellt das LG Wiesbaden fest, dass eine Internetauktion mit einer Auktion im klassischen Sinne durchaus vergleichbar ist.
Zwar gibt es im Internet keinen Zuschlag wie bei der althergebrachten Versteigerung, jedoch ist im Computer der Bekl. festgehalten, wer zum Zeitpunkt des Endes der Versteigerung das höchste Gebot abgegeben hat und diese Person erhält dann die Ware.LG Wiesbaden, Urteil vom 13. 1. 2000 - 13 O 132/99
Daraus ergebe sich laut LG Wiesbaden, dass jemand der im Internet verkehrt und an einer solchen Internetauktion teilnimmt, dass Prinzip und die Gefahren der Internetauktion kenne und den Unterschied zur normalen Auktion erkennen müsse.
Die Kammer sieht aber deswegen keine Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise als gegeben an, weil sie davon ausgeht, wer sich im Internet betätige, wisse auch, wie Internetversteigerungen grundsätzlich ablaufen und erkenne folglich die damit verbundenen Gefahren. Dies hat die Kammer insb. deswegen angenommen, weil die das Internet nutzenden Personen bereits über spezielle Kenntnisse verfügen müssen, um dieses Medium überhaupt zu gebrauchen und sinnvoll einzusetzen. LG Wiesbaden, Urteil vom 13. 1. 2000 - 13 O 132/99
Es werde also laut LG Wiesbaden das Verständnis über die Funktion einer Internetauktion allein schon durch Ihre Nutzung vorausgesetzt. Dies ergebe sich daraus, dass im Internet eine Auktion zumeist nicht zu den gleichen Bedingungen stattfinden kann wie in der Realität.
Stellungnahme zum Fall aus dem IT-Recht / Internetrecht
Eine Internetauktion führt den Kunden laut Landgericht Wiesbaden also nicht in die Irre, vielmehr sei allein durch die Nutzung einer Internetauktion davon auszugehen, dass der Kunde über die Besonderheiten einer solchen Bescheid weiß. Dies erscheint aus der Sicht des Verfassers richtig. Sowohl Verkäufer als auch Käufer sollten sich bei einem Geschäft ausführlich mit den Begebenheit der Verkaufsart auseinandersetzen. Das eine Auktion im klassischen Sinne über das Internet oftmals nicht möglich, aber vor allem unüblich ist sollte den Beteiligten schon vor Vertragsschluss mit dem Online-Auktionshaus klar sein.
LG Wiesbaden zum IT-Recht / AGB-Recht am 21.12.2011: Link zur AGB reicht nicht für die Einbeziehung derselben (LG Wiesbaden, Urteil vom 21.12.2011 - 11 O 65/11)
Das AGB-Recht stellt seit einiger Zeit im IT-Recht eine interessante Komponente dar. Hier beschäftigt die Juristen vorrangig, wann die AGB richtig einbezogen werden können, dass heißt wann der Unternehmer bei einem Verkauf eindeutig genug auf die AGB hinweist, dass der Käufer diese zur Kenntnis nehmen kann. Das LG Wiesbaden hat hierzu eine interessante Entscheidung getroffen.
Mehr erfahren
Keine Einbeziehung der AGB durch einfache Verlinkung nach dem IT-Recht / AGB-Recht
In dem vorliegenden Fall hatte der Online-Händler seine AGB auf seiner Verkaufswebsite verlinkt und sich später auf diese berufen. Fraglich war, ob die AGB hierdurch wirksam gemäß § 305 II BGB eingebunden habe.
Allein das Vorhalten von AGB, die über einen Link auf der Webseite aufzurufen sind, genügt nicht den Anforderungen, die § 305 Abs. 2 BGB regelt. Nach der gesetzlichen Vorschrift werden AGB nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich auf deren Geltung hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von den AGB Kenntnis zu nehmen und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. An diesen Voraussetzungen fehlt es, denn der Kunde wird bei Vertragsschluss nicht darauf aufmerksam gemacht, dass der Kaufvertrag nur unter Zugrundelegung der AGB des Verfügungsbekl. zu Stande kommen soll. LG Wiesbaden, Urteil vom 21.12.2011 - 11 O 65/11
Demnach genügt es für die Einbindung von AGB nicht nur die AGB auf der Website zu verlinken. Vielmehr muss auf diese eindeutig hingewiesen werden und diese ohne weitere Probleme eingesehen werden können.
Ausreichende Kontaktmöglichkeit nach Telemediengesetz
Weiterhin kritisierte das LG Wiesbaden, dass die im Telemediengesetz vorgeschriebenen Informationen nicht ausreichend vorhanden seien:
Darüber hinaus verstößt der Internetauftritt des Verfügungsbekl. gegen § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG, da der Verfügungsbekl. unter dem Link „detaillierte Verkäuferinformationen” lediglich seine Anschrift und eine E-Mail-Adresse vorhält, jedoch keine weiteren Angaben, die eine schnelle und unmittelbare Kommunikation mit ihm ermöglicht. LG Wiesbaden, Urteil vom 21.12.2011 - 11 O 65/11
Es fehle, so das Gericht, an einer schnellen und einfachen Kontaktmöglichkeit. Diese sei nicht unter dem dafür vorgesehenen Reiter „detaillierte Informationen“ zu finden. Eine eMail-Adresse alleine würde nicht dazu ausreichen um schnell und einfach Kontkakt aufzunehmen, es müssten noch weitere Kontaktinformationen zu finden sein. Hierzu genüge es etwa eine Kontaktmaske einzurichten, oder ersatzweise eine Telefonnummer zu hinterlegen.
Stellungnahme des Verfassers zum Fall aus dem IT-Recht / AGB-Recht
Aus Verfassersicht stellt die Entscheidung eine wichtige für die Stärkung der AGB-Rechte des Käufers dar. So unterstreicht die Entscheidung die Notwendigkeit des Kenntlichmachens der AGB als solche. Dadurch soll die Unsitte vieler Online-Händler unterbunden werden, die auf ihrer Website die AGB zwar verlinken, aber beim Kauf nicht auf diese aufmerksam machen.
Der zweite Teil der Entscheidung ist ebenso ein interessanter Schritt, so findet man heute noch sehr viele Händler die nicht genug Kontaktmöglichkeiten in ihrem Onlineshop angeben, um möglichst schnell und direkt in Kontakt treten zu können. Auch hierin ist unserer Rechtsansicht nach ein zu begrüßender Rechtsfortschritt zu sehen.
LG Wiesbaden zum Persönlichkeitsrecht am 26.04.2005: Einbrecher kann relative Person der Zeitgeschichte sein (LG Wiesbaden, Urteil vom 26.04. 2005 - 1 S 32/04)
Einen eher ungewöhnlichen Fall entschied das LG Wiesbaden vorliegend. Es ging um einen Einbrecher, dessen Ziele vorrangig Schulen und Kindergärten waren. Dieser wurde im Lokalteil einer Zeitung ohne ihn zu anonymisieren auf einem Foto abgebildet. Dagegen klagte der besagte Einbrecher.
Mehr erfahren
Einbrecher als Person der relativen Zeitgeschichte nach dem Persönlichkeitsrecht
Im vorliegenden Fall stellte das Landgericht Wiesbaden fest, dass ein Einbrecher Person der relativen Zeitgeschichte sein könne, deswegen
handelte es sich beim Kl. [Jedoch] um eine so genannte relative Person der Zeitgeschichte im Sinne des Kunsturhebergesetzes, was seine Abbildung hätte grundsätzlich rechtfertigen können (§ 23 I Nr. 1 KUG).
Demnach wäre es erlaubt gewesen den Kläger auch ohne sein Gesicht unkenntlich zu machen abzubilden.
Voraussetzungen der Person relativer Zeitgeschichte nach dem Persönlichkeitsrecht
An die Klassifizierung als Person relativer Zeitgeschichte hat das LG Wiesbaden jedoch einige Voraussetzungen gekoppelt.
Demnach darf die Vorgehensweise des Einbrechers nicht in die übliche Kriminalitätsstruktur fallen. Es müsse sich also um einen zeitgeschichtlich einmaligen und aus diesem Grund besonderen Fall handeln.
Die im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, eine sechsjährige (Gesamt-) Freiheitsstrafe für neun Einbruchsdiebstähle in Schulen und Kindergärten falle mit Blick auf die heutige Kriminalitätsstruktur nicht aus dem Rahmen des Alltäglichen, wird von der Kammer mit den Berufungsführern ausdrücklich nicht geteilt. (LG Wiesbaden, Urteil vom 26.04. 2005 - 1 S 32/04)
Der Kläger, der vorrangig in Schulen und Kindergärten eingebrochen ist, erfülle aufgrund der Ungewöhnlichkeit seiner kriminellen Handlungen die Voraussetzung der Person relativer Zeitgeschichte.
Darüber hinaus trage dazu bei, so das Gericht, dass der Kläger bereits etwa sein halbes Leben im Gefängnis verbracht habe und es ihm seither nicht gelungen sei sich zu sozialisieren. Hinzu komme, dass die Staatsanwaltschaft Sicherheitsverwahrung beantragt habe.
Stellungnahme des Verfassers zum Persönlichkeitsrecht
Das Urteil des Landgericht Wiesbaden enthält aus unserer Sicht interessante Entwicklungen des Persönlichkeitsrechts. Die Klassifizierung eines Einbrechers als Person relativer Zeitgeschichte ist demnach nicht immer, aber wenn bestimmte Umstände die Tat begleiten möglich. Hier sind Bildungseinrichtungen als Tatobjekte, oder aber ein besonderer krimineller Hintergrund, wie etwa die Beantragung der Sicherungsverwahrung, oder aber die Tatsache, dass der Kläger bereits sein halbes Leben hinter Gittern verbracht habe nur Beispiele: Hier können aus unserer Sicht in Zukunft weitere Einschränkungen des Persönlichkeitsrecht gegenüber dem Medienrecht erwartet werden.
LG Wiesbaden zum Wettbewerbsrecht am 14.05.2008: Supermarktkette darf nicht als Versicherungsmittler agieren. (LG Wiesbaden, Urteil vom 14. 5. 2008 - 11 O 8/08)
Im Jahre 2007 bot eine bekannte Supermarktkette Versicherungspakete an. In dem vorliegenden Fall entschied das LG Wiesbaden darüber, ob eine Supermarktkette überhaupt die wettbewerbsrechtliche Befugnis hat um Versicherungspakete betreiben zu können.
Mehr erfahren
Supermarkt in diesem Fall Versicherungsmittler
Zunächst stellte das Gericht fest, dass der Supermarkt in diesem Fall als Versicherungsmittler im Sinne der Gewerbeordnung gehandelt habe.
Die Bekl. hat bei Durchführung der Verkaufsaktion als Versicherungsvermittlerin der … i.S. von § 34d GewO gehandelt.
LG Wiesbaden, Urteil vom 14. 5. 2008 - 11 O 8/08
Dazu stellte das Gericht fest, dass zunächst zwischen einem Versicherungsmittler und einem sogenannten Tippgeber unterschieden werden müsse. Ein Tippgeber vermittelt den Kunden lediglich an einen Versicherungsmittler. Dazu das Gericht:
Im vorliegenden Fall hat unstreitig die Bekl. für das von der … angebotene Versicherungspaket Werbung unter ihrem eigenen Logo betrieben. Darüber hinaus hat sie für den …-Konzern die Jahreserstprämie eingezogen und eine Pin-Nummer an die Kunden vergeben, auf die der …-Konzern Zugriff nehmen konnte. Hierfür hat die Bekl. unstreitig eine Verkaufsprovision erhalten. Die Bekl. hat also nicht nur einen Teil ihrer Verkaufsfläche zum Zwecke des Vertriebs dem …-Konzern zur Verfügung gestellt, sondern darüber hinaus die Aktion bundesweit beworben und Versicherungsprämien für den …-Konzern eingezogen. (LG Wiesbaden, Urteil vom 14. 5. 2008 - 11 O 8/08)
Aus diesen Gründen, so das Wiesbadener Gericht, sei der Supermarkt eben kein Tippgeber, sondern vielmehr ein Versicherungsmittler.
Unterlassungsanspruch aus Wettbewerbsrecht
Daraus schließt das LG Wiesbaden, es stehe dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gegen die Supermarktkette vor.
Da § 34d GewO eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG darstellt, die auch dem Verbraucherschutz dienen soll vor einer Gefährdung seiner Rechtsgüter durch unzuverlässige Personen, steht dem klagenden Verband ein Unterlassungsanspruch nach § 8 I, III Nr. 2 UWG zu. (LG Wiesbaden, Urteil vom 14. 5. 2008 - 11 O 8/08)
Dieser Anspruch, so dass Gericht richte sich aufgrund des Wesens des § 34d GewO als Marktverhaltensregel nach Wettbewerbsrecht. Aufgrund der Tatsache, dass Kunden in einem Supermarkt vorrangig Verbraucher sind, sei diese Marktverhaltensregel strikt einzuhalten. Die Verletzung könnte zu einer Gefährdung von Rechtsgütern eines Verbrauchers führen, vor allem da die fachkundige Beratung eines Versicherungsmittlers nach Gewerbeordnung eben nicht vorliege. Dies stelle mithin einen Wettbewerbsverstoß dar, da der Supermarkt eine Stellung im Wettbewerb eingenommen habe, die ihm gesetzlich nicht zustehe.
Stellungnahme des Verfassers zum oben genannten Fall aus dem Wettbewerbsrecht
Aus Verfassersicht stellt die Entscheidung des LG Wiesbaden eine notwendige Maßnahme für den Verbraucherschutz dar. Gerade im Versicherungsbereich darf aus unserer Sicht nicht an Professionalität gespart werden, deswegen scheint es richtig gegenüber der Supermarktkette eine Unterlassungspflicht anzuordnen.
LG Wiesbaden zum Wettbewerbsrecht am 15.09.2006: Unanwendbarkeit des § 4 Nr.4 UWG bei zeitlich begrenzter Veranstaltung mit regulären Preisen eines Insolvenzverkaufs (LG Wiesbaden, Urteil vom 15.09.2006 - Aktenzeichen 10 O 395/05)
In der vorliegenden Entscheidung hat das Landgericht Wiesbaden einen recht komplexen Fall entschieden. Fraglich war, ob es das Wettbewerbsrecht zulässt, dass eine zeitliche unbegrenzte Verkaufsveranstaltung zum Zwecke und mit den Preisen eines Insolvenzverkaufs stattfinden darf. Einschlägige Norm für ein solches Verbot wäre der § 4 Nr. 4 UWG a.F., welcher eine Verkaufsförderungsmaßnahme nicht richtig anzeigt. Dazu gehört die Angabe einer Laufzeit für die gewährten Rabatte.
Mehr erfahren
Insolvenzverkauf keine Verkaufsförderungsmaßnahme
Zweifelhaft war vor Allem, dass der Insolvenzverwalter mit starken Preisnachlässen warb und kein Enddatum der Veranstaltung angab. Dies, so der Kläger, würde unter dem Begriff der Verkaufsförderungsmaßnahmen fallen und sei in diesem Fall wegen der unbegrenzten Laufzeit eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern.
Das LG Wiesbaden jedoch entschied, dass es sich bei der fraglichen Aktion eben nicht um eine Verkaufsförderungsmaßnahme handele.
Unter den Begriff der Verkaufsförderungsmaßnahmen fallen alle zur Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen gewährten geldwerten Vergünstigungen. Dazu gehört insbesondere die Einräumung von Preisnachlässen. Unter einem Preisnachlass wird ein betragsmäßig oder prozentual festgelegter Abschlag von angekündigten oder allgemein geforderten Preis (Grundpreis, Ausgangspreis) verstanden. LG Wiesbaden, Urteil vom 15.09.2006 - 10 O 395/05
Es liege in diesem jedoch gar nicht erst ein Preisnachlass vor und darüberhinaus
Auch keine Notwendigkeit darauf hinzuweisen wie lange dieser Preisnachlass stattfinde.
Insolvenzverkaufspreis kein Preisnachlass
Das Gericht war der Ansicht, dass es sich bei einem Insolvenzkaufpreis keinesfalls um einen Preisnachlass im klassischen Sinne handeln könne. Preisnachlässe seien normalerweise nur vorübergehend, dies sei bei einem Insolvenzkaufpreis nicht der Fall. Hier werden die Preise herabgesetzt um alle Waren möglichst zu verkaufen.
Auch im Falle der Preisherabsetzung im Insolvenzverkauf gelten die herabgesetzten Preise nicht nur vorübergehend, sondern werden allgemein angekündigt und verlangt. Eine Rückkehr zu den alten Preisen dürfte aufgrund der Insolvenz vorliegend ausgeschlossen sein. LG Wiesbaden, Urteil vom 15.09.2006 - 10 O 395/05
Die herabgesetzten Preise stellen aus Sicht des Gerichtes also neue Preise dar und keine Herabsetzung die zeitweise stattfindet. Aus diesem Grund könne auch keine Verkaufsförderungsmaßnahme im klassischen Sinne ausgeschlossen sein.
Stellungnahme des Verfassers zum oben genannten Fall aus dem Wettbewerbsrecht
Die vorliegende Entscheidung des LG Wiesbaden stellt aus Verfassersicht eine interessantes Zusammentreffen von Wettbewerbsrecht und Insolvenzrecht dar. Das LG Wiesbaden erklärt aus unserer Sicht zutreffend, wo die Unterschiede zwischen einem Insolvenzverkauf und einer Verkaufsförderungsmaßnahme liegen. Hierbei wird das Wesen des Insolvenzverkaufs hervorgehoben, welches sich von einer gewöhnlichen zeitlich begrenzten Rabattaktion unterscheide.
LG Wiesbaden zum Wettbewerbsrecht am 30.03.2012: Zu Qualitätskennzeichen europäischer Dimension (LG Wiesbaden, Urteil vom 30.03.2012 – 13 O 49/11)
Der gegebene Fall des Landgerichts Wiesbaden wies eine europäische Dimension auf. Ein deutscher Verein klagte gegen ein Unternehmen, dass italienischen Balsamico Essig in Deutschland vertrieb. Auf einer der Flaschen waren Blätter abgedruckt, die eine Qualitätseinstufung des Essigs darstellten. Der Kläger sah eine Verletzung der europäischen Verordnung (EG) Nr. 583/2009 die in dem § 4 Nr. 11 UWG alter Fassung umgesetzt wurde (heute findet man eine entsprechende Vorschrift in § 3a UWG). Die Verletzung läge darin, so der Kläger, dass es der Beklagten nicht erlaubt sei Qualitätseinstufungen in nummerischer Form auf die Flasche zu drucken.
Mehr erfahren
Gültiger Verwaltungsakt erlaubt die Nutzung
Dem Vortrag des Klägers widersprach die Beklagte und führte aus, die Verordnung habe in Deutschland einen Übersetzungsfehler. Zudem habe die für die Herstellung von Balsamico Essig im Bereich der Beklagten zuständige Stelle die Verwendung des Blättersystems erlaubt.
Aus der Stellungnahme des Consorzio Aceto Balsamico vom 19.1.2011 (Anl. B 6) folge die Zulässigkeit des hier verwendeten Blättersystems. Dieses Consorzio habe die Regeln für den Aceto Balsamico di Modena aufgestellt Aus dem Rundschreiben der Regione Emilia-Romania vom 1.2.2011 (Anl. B 7), die unstreitig die örtliche zuständige Überwachungsbehörde ist, ergebe sich ebenfalls, dass das verwendete Blättersystem zulässig sei.
LG Wiesbaden, Urteil vom 30.03.2012 – 13 O 49/11
Dieser Meinung schließt sich das Gericht an. Durch den Verwaltungsakt der Regione Emilia-Romania sei ein Verwaltungsakt geschlossen worden, der die Nutzung des Blättersystems erlaubt.
Von Verordnung aus zuständige Kontrolleinrichtung genehmigt Nutzung
Diese Wirkung entfaltete der Verwaltungsakt dadurch, dass die durch die Verordnung als Zuständig benannte Kontrolleinrichtung das Blättersystem zulässt. Die CSQA wurde von der Verordnung als solche benannt.
Ein derartiger Verwaltungsakt liegt hier vor. Ausweislich der zitierten Verordnung, Anhang II Ziff. 4.7 ist Kontrolleinrichtung für die Durchführung der Kontrolle im Rahmen der Verordnung die CSQA. (...) Die Beklagte hat vorgetragen und durch Vorlage der von ihr verwendeten Etiketten (Anlagenkonvolut B 2) substantiiert, dass die Etiketten durch die CSQA sämtlich geprüft und ausdrücklich freigegeben wurden. LG Wiesbaden, Urteil vom 30.03.2012 – 13 O 49/11
Der Beklagte trug vor, dass die CSQA das Blättersystem als zulässig abgenommen habe, so erschien es für das Gericht als gegeben, dass eine Genehmigung vorläge und die Verordnung keine Anwendung finden solle.
Stellungnahme des Verfassers zum oben genannten Fall aus dem Wettbewerbsrecht
Der Verfasser erkennt in dem vorliegenden Fall ein Beispiel wie ausländisches Verwaltungsrecht, Europarecht und deutsches Wettbewerbsrecht durch die Harmonisierung des europäischen Rechts in der Rechtsprechung bedacht werden können. Aus unserer Sicht erscheint es für den Laien, aber unter anderem auch für den Profi durch die Vielzahl europäischer Richtlinien und deren Ausnahmen nicht immer einfach die gesamte Rechtslage zu erkennen. Der Einfluss von Verwaltungsakten im Ausland erscheint nicht immer sofort erkennbar.
LG Wiesbaden zum Wettbewerbsrecht am 18.02.2011: Keine unzulässige geschäftliche Handlung bei Umsetzung eines Rundschreibens eines Ministeriums (LG Wiesbaden, Urteil vom 18.02.2011 – 13 O 6/10)
Dem Landgericht Wiesbaden wurde ein Fall vorgelegt, in dem eine Spirituosen-Vertriebsgesellschaft ein Mischgetränk mit 10% Alkoholanteil als Bourbon-Whisky vertrieb, obwohl eine europäische Verordnung (EG) 110/2008 die Bezeichnung Bourbon-Whisky erst ab einen Alkoholanteil von 40% erlaube. Deswegen liege die Verletzung des Wettbewerbsrechts in Form einer unzulässigen Handlung im Sinne von § 8 I UWG i.V.m. § 3 II S.1 UWG vor. Die Beklagte führte auf, dass sie sich auf ein Rundschreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verließ, welches die Bezeichnung für die von ihr hergestellten Produkte als zulässig erachtete.
Mehr erfahren
LG Wiesbaden: Mischgetränk verstößt gegen die Verordnung. Zunächst stellte das Landgericht Wiesbaden fest, dass ein Mischgetränk durchaus unter den Umfang der Verordnung fiele und gegen den Wortlaut verstoße:
Die Kammer vertritt allerdings nach wie vor die Auffassung, dass die Beklagte durch die Aufmachung des streitgegenständlichen Getränks gegen die Verordnung (EG) 110/2008 verstößt. Das streitgegenständliche Mischgetränk unterfällt der vorgenannten Verordnung. Gem. Art. 1 Abs. 2 dieser Verordnung ist von deren Anwendungsbereich neben Spirituosen auch die Verwendung von Ethylalkohol und/oder Destillaten bei der Herstellung von alkoholischen Getränken sowie die Verwendung der Bezeichnung von Spirituosen bei der Aufmachung und Etikettierung von Lebensmitteln umfasst.
LG Wiesbaden, Urteil vom 18.02.2011 - 13 O 6/10
Dazu lägen, so das Gericht, einige Argumente vor. Etwa würde die Verordnung nicht alleine das Verdünnen von Whisky mit Wasser unter der Bezeichnung Whisky verbieten, sondern jegliche andere Vermischungsmöglichkeiten, die den Alkohlgehalt mindern.
Trotzdem eine Ausnahme wegen Rundschreiben des Ministeriums
Zwar verstößt die Bezeichnung Whisky für das Mischgetränk aus Sicht des Wiesbadener Gerichts gegen die Richtlinie, womit per se auch eine unzulässige Handlung des Herstellers im Sinne des Wettbewerbrechts zu bejahen wäre. Dennoch entscheidet das Gericht hier auf eine Ausnahme. In einem Rundschreiben teilt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Rechtsauffassung des Beklagten und führt aus...
... dass die streitgegenständliche Aufmachung gleichsam analog auf die Likörherstellung anzuwenden sei, die keine Verdünnung i. S. v. Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) 110/2008 darstellte. LG Wiesbaden, Urteil vom 18.02.2011 - 13 O 6/10
Die Beklagte gab an sich auf die Angaben des Ministeriums verlassen zu haben. Dazu stellt das Gericht fest:
Zwar ist dem Kläger insoweit beizupflichten, dass behördliche Ausführungen weder rechtsverbindlich sind, noch diesen Außenwirkung zukommt. Auch ist das betreffende Schreiben inhaltlich unrichtig. Jedoch ist der Beklagten zuzubilligen, sich auf Auskünfte eines Bundesministeriums in Anbetracht der aus ihrer Sicht unklaren Rechtslage verlassen zu dürfen. LG Wiesbaden, Urteil vom 18.02.2011 - 13 O 6/10
Demnach kann sich die Beklagte aufgrund der unklaren Rechtslage, insbesondere aufgrund einer Entscheidung des OLG Frankfurt, die die Rechtsansicht der Beklagten stützt, auf das Rundschreiben berufen. Durch das Schreiben wurde für die Beklagte von höchstoffizieller Stelle der Schein geschaffen, sie handele rechtmäßig.
Stellungnahme des Verfassers zum oben genannten Fall aus dem Wettbewerbsrecht
Aus Verfassersicht ist zunächst festzustellen, dass wir die Rechtsansicht, das Vertreiben von Mischgetränken sei Verordnungswidrig nicht teilen. Jedoch ist dies nicht der Kern dieser Entscheidung. Vielmehr ist es beachtenswert, dass sich die Beklagte aufgrund der unklaren Rechtslage auf das Schreiben des Bundesministeriums berufen kann. Das Gericht selbst stellt in seinem Urteil klar, dass das Schreiben nicht bindend sei. Auch aus diesem Grund erscheint die Entscheidung deswegen aus unserer Rechtsicht eher zweifelhaft.