Abmahnung von Negele Zimmel Greuter Partnerschaftsgesellschaft
Der AID24 Rechtsanwaltskanzlei liegen Abmahnschreiben der Kanzlei Negele, Zimmel und Greuter vor. Die Anwaltskanzlei Negele, Zimmel und Greuter verfügt aktuell (Stand Juni 2021) über einen Kanzleistandort in Augsburg (Bürgermeister-Fischer-Str. 12, 86150), wo die Rechtsanwälte Zimmel und Greuter tätig sind, sowie einen Kanzleistandort in Bobingen (Karwendelstraße 17, 86399). Dort sind die Rechtsanwälte Negele, Bürgler, Schelle und Widmann tätig.
Die Kanzlei zeigt in den vorliegenden Abmahnungen jeweils die Vertretung einer Gesellschaft an, wobei den folgenden Gesellschaften jeweils die nachstehenden Werke zugeordnet werden:
Was ist Gegenstand einer Abmahnung von Negele, Zimmel, Greuter?
Die vorliegenden Schreiben mahnen Urheberrechtsverletzungen an pornografischen Filmen ab. Die Abmahnungen gründen auf dem Vorwurf des Filesharings. Dabei werden Internettauschbörsen genutzt, um urheberrechtlich geschütztes Material kostenfrei herunterzuladen und weiterzuverbreiten. Aufgrund dessen wird die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung einer Geldsumme, die sich in den vorliegenden Fällen zwischen 850 € und 965 € bewegte, gefordert.
Filesharing-Abmahnung: Muss eine Unterlassungserklärung abgegeben werden?
Die Forderung nach Abgabe einer Unterlassungserklärung gründet sich auf einen geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Im Falle einer Urheberrechtsverletzung ergibt sich dieser aus § 97 I UrhG. Der Unterlassungsanspruch setzt Wiederholungsgefahr voraus. Die Annahme dieser Wiederholungsgefahr wird beseitigt, wenn der Rechtsverletzer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Eine Unterlassungserklärung wird als „strafbewehrt“ bezeichnet, wenn der Erklärende für den Fall seiner Zuwiderhandlung die Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe verspricht.
Im Übrigen erfordert der Unterlassungsanspruch das Betroffensein des Urheberrechts oder eines im Urhebergesetz geregelten Leistungsschutzrechts. § 1 UrhG normiert, dass Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst urheberrechtlich geschützt sind. Dazu gehören gemäß § 2 I Nr. 6 insbesondere auch Filmwerke. Voraussetzung für den Urheberrechtsschutz als „Werk“ ist, dass es sich um eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 II UrhG handelt. Gemäß §§ 95, 88ff. UrhG sind sogenannte Laufbilder – Bild- und Tonfolgen, die nicht als Filmwerke geschützt sind – durch ein Leistungsschutzrecht geschützt.
Bei pornografischen Filmen liegt nicht zwingend eine persönliche geistige Schöpfung vor:
„Die Antragstellerin hat die Schutzfähigkeit des Films "Flexible Beauty" lediglich pauschal behauptet. Auch auf den substantiierten Sachvortrag des Beteiligten ... hat sie nicht erwidert. Die Kammer unterstellt daher, dass dessen Sachvortrag zutrifft und der 7 Minuten und 43 Sekunden lange Film lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise zeigt. Hierfür kann kein Schutz als Filmwerk (§ 94 UrhG) beansprucht werden: Es fehlt offensichtlich an einer persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 II UrhG). Auch ein - gar nicht geltend gemachter - subsidiärer Schutz als Laufbilder (§ 95 UrhG) scheidet vorliegend aus: Laufbilderschutz (…) kommt dann in Betracht, wenn ein Ersterscheinen der Laufbilder in Deutschland bzw. bei einem Ersterscheinen im Ausland ein Nacherscheinen in Deutschland innerhalb von 30 Tagen dargetan ist.“
(LG München I, Beschluss vom 29.05.2013 - 7 O 22293/12)
Der Anspruchsinhaber muss Urheber oder Inhaber des Leistungsschutzrechts sein. Es bedarf einer Verletzungshandlung, die nicht gerechtfertigt ist. Das Urheberrecht umfasst das sogenannte Urheberpersönlichkeitsrecht einerseits und die Verwertungsrechte andererseits. Verwertungsrechte schützen das Interesse des Urhebers, von der kommerziellen Verwertung seines Werks angemessen zu profitieren. Beim Filesharing liegt in aller Regel ein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG vor:
Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.
(§ 16 I UrhG)
Von § 16 UrhG ist auch die digitale Kopie erfasst. Durch die beim Filesharing stattfindende Weiterverbreitung besteht auch ein Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG:
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
(§ 19a UrhG)
Dies ist bei Verbreitungshandlungen im Internet einschlägig („von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl“). Die entsprechenden Handlungen sind nicht durch das Recht auf Privatkopie gemäß § 53 I UrhG gerechtfertigt:
Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. (…).
(§ 53 I UrhG)
Die verwendete Vorlage ist bei Filesharing-Fällen im Sinne der Norm offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht.
Schließlich muss der Anspruchsgegner für die Rechtsverletzung verantwortlich sein.
Wer ist in Filesharing-Fällen für die Rechtsverletzung verantwortlich?
Die Ermittlungsmöglichkeiten des Rechteinhabers beschränken sich darauf, festzustellen, wer Inhaber des Anschlusses ist, dessen IP-Adresse die Rechtsverletzung zugeordnet wurde. Deshalb besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dieser auch der Täter der Rechtsverletzung ist:
„Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person die Rechtsverletzung zu verantworten hat. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen.“
(BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08)
Soll diese Vermutung entkräftet werden, muss der Abgemahnte seiner sekundären Darlegungslast genüge tun. Die sekundäre Darlegungslast ist ein Fall des „substanziierten Bestreitens“. Es genügt nicht, schlicht die eigene Täterschaft zu bestreiten, sondern es müssen die näheren Umstände dargelegt werden, um dem Rechteinhaber die Weiterverfolgung seiner Rechte zu ermöglichen:
„Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls, welche andere Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zu Mitteilungen verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt dabei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Tut er das nicht, bleibt es bei der Vermutung seiner Täterschaft.“
(LG Berlin, Urteil vom 29.06.2018 – 15 O 440/17)
Filesharing-Abmahnung wegen eines Pornofilmes – was gilt für den Schadensersatz?
Die Forderung der Geldzahlung gründet hauptsächlich auf dem Bestehen eines Schadensersatzanspruchs. Der Anspruch auf Schadensersatz im Urheberrecht ergibt sich aus § 97 II UrhG. Der Schadensersatzanspruch unterliegt im Wesentlichen den gleichen Voraussetzungen wie der Unterlassungsanspruch. Es bedarf allerdings keiner Wiederholungsgefahr. Dafür muss der Anspruchsgegner vorsätzlich oder fahrlässig (schuldhaft) gehandelt haben.
Die Höhe des Schadensersatzes lässt sich auf verschiedenen Wegen ermitteln:
- der daraus (unmittelbar) entstandene Schaden (§ 97 II 1 UrhG)
- Gewinnabschöpfung (§ 97 II 2 UrhG)
- Lizenzschaden (§ 97 II 3 UrhG)
Der Anspruchsinhaber hat die freie Wahl zwischen diesen Optionen. In aller Regel wird der Lizenzschaden gewählt. Dabei wird darauf abgestellt, welche Summer der Anspruchsgegner hätte aufbringen müssen, um eine Lizenz zu erwerben, die ihm die rechtsverletzende Handlung gestattet hätte (fiktive Lizenzgebühr). Welche Summe konkret angemessen ist, unterliegt den Umständen des Einzelfalls und einer uneinheitlichen Rechtsprechung. Für das Filesharing von Filmwerken wurden Summen zwischen 50 € und 250 € als angemessen bewertet:
- AG Hamburg (Urteil vom 26.01.2012 – 35a C 154/11): 250 €
- AG Halle (Urteil vom 24.01.2009 – 95 C 3258/09) und AG Kiel (Urteil vom 30.01.2015 – 120 C 155/14): 100 €
- LG Köln (Hinweisbeschluss vom 30.04.2014): nicht mehr als 50 €
- AG Düsseldorf (Urteil vom 10.03.2015 – 57 C 8861/14): 20 % des Nettoverkaufspreises multipliziert mit der Zahl der Downloads
Explizit in Bezug auf Pornofilme liegen die folgenden Entscheidungen vor:
- AG Hamburg (Urteil vom 20.12.2013 – 36a C 134/13): 100 €
- AG Düsseldorf (Urteil vom 20.05.2014 – 57 C 16445/13): 123 €
Es scheinen also allgemein zwischen 100 € und 150 € als angemessen bewertet zu werden.
Fazit zu Abmahnschreiben von der Negele Zimmel Greuter Partnerschaftsgesellschaft
Geht eine Abmahnung wie hier beschrieben zu, sollte zunächst Ruhe bewahrt werden: Keinesfalls sollte vorschnell eine Unterlassungserklärung abgeben oder einer Geldzahlung in die Wege geleitet werden. Es ist ratsam, zunächst den Rat eines auf Medien-, IT-, und Urheberrecht spezialisierten Fachanwalts einzuholen. Vielleicht ist der Abmahngegner für die Rechtsverletzung gar nicht haftbar. Sollte eine Verantwortlichkeit doch bestehen, lässt sich die Höhe der letztlich zu erbringenden Zahlung oft dennoch deutlich reduzieren. Darüber hinaus ist ein solcher Anwalt in der Lage, eine modifizierte Unterlassungserklärung zu verfassen. Diese berücksichtigt entgegen in der Abmahnung beigefügten Formularen oder sonstigen Musterns die Umstände des Einzelfalls und die Interessen des Abgemahnten. Hiervon sollte sich der Adressat der Abmahnung auch nicht von aufgrund des Gegenstandes „Pornofilm“ möglicherweise empfundenem Scham oder Sorge vor „Entdeckung“ abhalten lassen. Die AID24 Rechtsanwaltskanzlei versichert die nötige Diskretion, auch vor Familienangehörigen, und behandelt die Angelegenheit mit aller Professionalität. Es gilt zudem die anwaltliche Schweigepflicht.