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Datenschutz: Beweisverwertungsverbot Licht am Horziont für Abgemahnte bei Filesharing

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

veröffentlicht am 30. März 2016 um 16:09
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Sehr spannende Entscheidungen zum Beweisverwertungsverbot wegen Datenschutzverstoß in urheberrechtlichen Abmahnfällen aus den Jahren 2014 und 2015 bei Filesharing

In den letzten zwei Jahren häuften sich Urteile mit dem Inhalt von Beweisverwertungsverboten bei Filesharing-Prozessen. Neben einer Vielzahl von Gerichten, welche ein Beweisverwertungsverbot annahmen, gab es auch einige Gerichte, die ein solches ablehnten und entsprechende Beweise zum Verfahren zuließen. Grundlage dieser Fälle ist, ob die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adressen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen der Beklagten verstoßen. Besonders problematisch erscheinen dabei der Ablauf der Auskunftserteilung von IP-Adressen potentieller Täter und insbesondere die Frage, von wem die Auskunft erteilt werden darf.

Rechtsprechungsübersicht bei Abmahnung zum Thema Beweisverwertungsverbot wegen Datenschutzverstoß

Nachfolgende Übersicht in denen ein Beweisverwertungsverbot angenommen oder abgelehnt wurde:

Filesharingfälle mit der Annahme eines Beweisverwertungsverbotes

AG Leipzig, Urteil vom 20.10.2015, Az. 115 C 1375/15

AG Koblenz, Urteil vom 10.09.2015, Az. 132 C 1809/14

AG Koblenz, Urteil vom 14.08.2015, Az. 411 C 2168/14

LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 11.08.2015, Az. 6 O 55/15

AG Rostock, Urteil vom 07.08.2015, Az. 48 C 11/15

AG Staufen (Breisgau), Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14

AG Augsburg, Urteil vom 22.06.2015, Az. 16 C 3030/14

AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 15.04.2015, Az. 3 C 74/14

AG Koblenz, Urteil vom 09.01.2015, Az. 411 C 250/14

AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 02.01.2015, Az. 153 C 3184/14

AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 14.11.2014, Az. 411 C 250/14

AG Lahr, Hinweisbeschluss, Az. 5 C 13/14

Filesharingfälle mit der Ablehnung eines Beweisverwertungsverbotes

AG Potsdam, Urteil vom 12.11.2015, Az. 37 C 156/15

LG Berlin, Urteil vom 03.11.2015, Az. 15 S 5/15

AG Freiburg im Breisgau, Urteil vom 24.09.2015, Az. 10 C 633/15

Kommentierung zu einzelnen Filesharingfällen mit Thema Beweisverwertungsverbot wegen Datenschutzverstoß im Urheberrecht

Auf den folgenden Seiten werden die unserer Ansicht nach wichtigsten Inhalte der Filesharing - Entscheidungen zusammengefasst und kommentiert.

AG Leipzig, Urteil vom 20.10.2015, Az. 115 C 1375/15 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Das AG Leipzig schließt sich den Entscheidungsgründen des LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 11.08.2015, Az. 6 O 55/15) und des AG Koblenz, (Urteil vom 09.01.2015, Az. 411 C 250/14) an.

AG Koblenz, Urteil vom 10.09.2015, Az. 132 C 1809/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Der Inhalt dieser Entscheidung ist nach unserer Ansicht darauf, dass ein richterlicher Gestattungsanspruch zur Auskunftserteilung sich nicht auf den Access-Provider erstreckt, selbst wenn Access-Provider und Reseller zu ein und demselben Konzern gehören.

Der erteilte Erstattungsanspruch wende sich laut Gericht ausschließlich an die Deutsche Telekom AG, nicht aber an die Telekom Deutschland GmbH, welche auch nicht am Auskunftsverfahren beteiligt gewesen sei. Das Gericht stellt hier unserer Ansicht nach fest, dass auch für beim Ausbleiben der Zwischenschaltung eines externen Drittanbieters ein Beweiswertungsverbot vorliegt, falls Access-Provider und Endkundenanbieter zwar zu demselben Konzern gehören, diese aber eigenständige juristische Personen bilden.

Unserer Ansicht nach kommt es demnach nicht darauf an, ob es sich um einen Drittanbieter handelt, sondern lediglich die gesellschaftsrechtliche Trennung der handelnden (juristischen) Personen an.

AG Koblenz, Urteil vom 14.08.2015, Az. 411 C 2168/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Auch in dieser Entscheidung des AG Koblenz verneint das Gericht unserer Ansicht nach die Verwertung der ermittelten Bestandsdaten/Verkehrsdaten des Endkunden aufgrund eines nicht vorhandenen richterlichen Gestattungsanspruchs des Resellers als Vertragspartner des Endkunden.

LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 11.08.2015, Az. 6 O 55/15 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

In den Gründen der Entscheidung führt das Gericht aus, dass die Auskunft über Bestandsdaten nur unter der Verwendung von Verkehrsdaten erteilt werden könne und deshalb das Verfahren nach §101 Abs.9 UrhG geschaffen worden wäre. Auf diese Weise wäre durch den Gesetzgeber klargestellt worden, „dass die Mitteilung, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt der Nutzer einer dynamischen IP-Adresse war, das Grundrecht des Anschlussinhabers auf Wahrung des Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG tangiert”. Weiterhin sei bereits die Weiterleitung der Benutzerkennung an den Reseller durch den Access-Provider ohne rechtliche Grundlage, da der Access-Provider kein am Verfahren beteiligtes Telekommunikationsunternehmen i.S.d. §101 Abs.3 Nr.1 UrhG sei. Schließlich führt das Gericht aus, dass ein vorheriges Verfahren gem. §101 Abs.9 UrhG gegen den Access-Provider nicht zwingend erforderlich ist. Entscheiden sei das Verfahren bezüglich des Endkundenanbieters.

Nach unserer Ansicht geht das LG Frankenthal noch einen Schritt weiter als andere ein Bewertungsverbot bejahende Urteile, indem es bereits die Weitergabe der Benutzerkennung des Endkunden an den Reseller auf der Grundlage eines dem Access-Provider gegenüber erteilten Gestattungsanspruchs als rechtswidrig erachtet. Ein Gestattungsanspruch müsse gegenüber dem Endkundenanbieter erteilt werden, da der Access-Provider kein am Verfahren beteiligtes TK-Unternehmen sei.

AG Rostock, Urteil vom 07.08.2015, Az. 48 C 11/15 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Laut Gericht verstoße hier die Erhebung von Bestandsdaten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des betroffenen Kunden, falls eine Verknüpfung der Bestandsdaten mit den dynamischen IP-Adressen als Verkehrsdaten erfolge. Im weiteren Verlauf des Urteils schließt sich das AG Rostock der Urteilsbegründung des LG Frankenthal, Urt. v. 11.08.2015, Az.: 6 O 55/15 und des AG Koblenz, Urt. v. 09.01.2015, Az.: 411 C 250/14 an.

AG Staufen (Breisgau), Urteil vom 30.06.2015, Az. 2 C 296/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Das AG Staufen schließt sich der Urteilsbegründung des AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 14.11.2014, Az. 411 C 250/14 an.

AG Augsburg, Urteil vom 22.06.2015, Az. 16 C 3030/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

„Zwar sind sowohl der Name als auch der Vorname eines Kunden grundsätzlich nur Bestandsdaten im Sinne des § 3Nr. 3 TKG […]. Die Auskunft der … vom 10.09.2010 beschränkte sich jedoch nicht auf die bloße Mitteilung des Namens und des Vornamens des Beklagten. Gleichzeitig wurde nämlich zumindest implizit mitgeteilt, dass der Name des Beklagten der von der … mitgeteilten Benutzerkennung zuzuordnen sei. Diese Zuordnung stellt ein eigenes Datum dar, bei dem es sich gerade nicht um ein bloßes Kundendatum und damit um ein Bestandsdatum handelt. Denn die Zuordnung der von der … mitgeteilten Benutzerkennung zum Namen und Vornamen des Beklagten lässt erkennen, dass eine bestimmte Person zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine bestimmte Dauer unter einer bestimmten IP-Nummer im Internet elektronisch kommunizierte. Somit handelt es sich bei der Zuordnung um ein Verkehrsdatum, da Verkehrsdaten solche Daten sind, die einem konkreten Kommunikationsvorgang zuzuordnen sind und die dementsprechend personenbezogene Informationen zu einer konkreten Kommunikation enthalten.

Die Notwendigkeit eines weiteren Beschlussverfahrens nach § 101 IX UrhG hinsichtlich der Auskunftserteilung durch den Reseller kann auch nicht mit dem Argument verneint werden, dass die Voraussetzungen einer Gestattung der Auskunftserteilung ja bereits im ersten Verfahren unabhängig geprüft und bejaht worden seien. Denn die Auskunftserteilung durch den Reseller stellt aufgrund der Mitteilung eines Verkehrsdatums einen Eingriff in das gemäß Artikel 10 Abs. 1 GG geschützte Fernmeldegeheimnis dar und bedarf deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einer richterlichen Gestattung. Dieser vom Grundgesetz gewährte Schutz des Fernmeldegeheimnisses kann nicht dadurch aufgelockert werden, dass in Fällen, in den nicht nur ein, sondern mehrere Telekommunikationsdienstleistungsanbieter Verkehrsdaten erheben, eine richterliche Prüfung nur bezüglich eines dieser Anbieter erfolgt und bei allen weiteren Telekommunikationsdienstleistungsanbietern, die Verkehrsdaten erheben, eine Prüfung entbehrlich würde.“AG Augsburg, Urteil vom 22.06.2015, Az. 16 C 3030/14

Das Gericht führt nach unserer Ansicht in diesem Urteil eine sehr umfassende Begründung für dessen Entscheidung für ein Beweisverwertungsverbot aus. Die Zuordnung des Kundennamens zur Benutzerkennung des Kunden stelle gerade kein Bestandsdatum dar, da daraus die Erkenntnis gewonnen werden könne, wann eine bestimmte Person für was für eine Dauer unter welcher IP-Adresse im Internet kommuniziert habe. Diese Zuordnung zu einem konkreten Kommunikationsvorgang ließe deren Qualifikation als Verkehrsdatum zu. Außerdem argumentiert das Gericht nach unserer Ansicht, dass eine Notwendigkeit eines weiteren Beschlussverfahrens zwecks richterlichem Gestattungsanspruch für den Reseller nicht dadurch entfällt, dass bereits eine Gestattung zur Auskunftserteilung geprüft und bejaht worden sei. In diesem Urteil stellt das Gericht unserer Rechtsansicht nach auf einen Eingriff in die Recht des Kunden auf das Fernmeldegeheimnis (Art.10 Abs.1 GG) ab, welches nicht aufgrund einer bereits erfolgten Auskunftserteilungsgestattung aufgelockert werden dürfe.

AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 15.04.2015, Az. 3 C 74/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

In diesem Urteil führt das Gericht unserer Ansicht nach aus, es bedürfe eines ausdrücklichen richterlichen Gestattungsanspruchs nach §101 Abs.9 UrhG gegenüber dem Reseller und nicht nur dem Access-Provider. Der Access-Provider dürfe lediglich die Bestandsdaten des Resellers an den Rechteinhaber herausgeben, nicht die Daten des mutmaßlichen Täters.

„Durch die Verknüpfung mit der ermittelten dynamischen IP-Adresse werden diese Bestandsdaten zu Verkehrsdaten i.S.v. §§ 3 Nr. 30 TKG und § 101 Abs. 9 UrhG“.AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 15.04.2015, Az. 3 C 74/14

Nach unserer Ansicht macht auch dieses Urteil deutlich, dass ein richterlicher Gestattungsanspruch für den Reseller als einzigen Vertragspartner des Kunden vorliegen muss, um die Datenerhebung rechtskonform zu halten. In diesem Fall bestehe auch eindeutig keine Identität zwischen Access-Provider (Deutsche Telekom AG) und Reseller (Freenet / 1&1), sondern um einen Drittanbieter.

AG Koblenz, Urteil vom 09.01.2015, Az. 411 C 250/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Die zweistufige Vorgehensweise bei der Ermittlung von Bestandsdaten durch Access-Provider sei laut Gericht rechtswidrig, da der richterliche Gestattungsanspruch nach §101 Abs.1 Nr.3, Abs.9 UrhG zur Erhebung besagter Daten die Übermittlung allein durch den Access-Provider nicht decke.

„Zwar handelt es sich bei Angaben zu Rufnummer, Name, Adresse, Geburtsdatum des Teilnehmers und ggf. Anschrift des Anschlusses, die primär nicht durch den Access-Provider, sondern durch den Vertragspartner und Provider des Anschlussinhabers, den sogenannten Reseller, erhoben werden, grundsätzlich "nur" um Bestandsdaten des Teilnehmers i.S. d § 3 Nr. 3 TKG, […]gleichsam Kundendaten. Bei dynamischen IP-Adressen handelt es sich hingegen um Verkehrsdaten i.S.d. § 3 Nr. 30 TKG […]. Durch die Verknüpfung mit der ermittelten dynamischen IP-Adresse werden die zugeordneten Bestandsdaten ohne weiteres ebenfalls zu Verkehrsdaten im Sinne der §§ 101 Abs. 9 UrhG, 3 Nr. 30 TKG (vgl. Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., Rdnr. 66 m.w.N. aus der Rechtsprechung), denn nun lassen sich diese Daten, die ein bestimmtes Nutzerverhalten eines bislang anonymen Teilnehmers an einem Telekommunikationsdienst dokumentieren, einer konkreten Person zuordnen.“ AG Koblenz, Urteil vom 09.01.2015, Az. 411 C 250/14

In diesem Urteil begründet das Gericht unserer Ansicht nach die Rechtswidrigkeit der Bestandsdatenerhebung durch den Access-Provider genauer. Insbesondere legt nach unserer Rechtsansicht ein Schwerpunkt der Entscheidung auf der Erläuterung, dass durch die Verknüpfung von Bestandsdaten (§3 Nr.3 TKG) des Endkunden mit dynamischen IP-Adressen, welche laut Gericht als Verkehrsdaten nach §3 Nr.30 TKG zu qualifizieren seien, „die zugeordneten Bestandsdaten ohne weiteres ebenfalls zu Verkehrsdaten im Sinne der §§ 101 Abs. 9 UrhG, 3 Nr. 30 TKG” werden. Nach unserer Ansicht macht das Gericht somit deutlich, dass die zugeordneten und verknüpften Daten des Kunden unter den Schutz des §101 Abs.9 UrhG fallen und folglich eines richterlichen Gestattungsanspruchs bedürfen.

AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 02.01.2015, Az. 153 C 3184/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Das AG Koblenz schließt sich mit diesem Urteil seiner bisherigen Rechtsprechung an, insbesondere folgt es in seiner Urteilsbegründung AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 14.11.2014, Az. 411 C 250/14.

AG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 14.11.2014, Az. 411 C 250/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Inhalt des Verfahrens vor dem AG Koblenz ist unserer Ansicht nach die Frage, ob „die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adresse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des TKG erfolgt ist“. Dies wurde vom Gericht mit der Begründung bejaht, dass die richterliche Gestattung der Übermittlung der Bestandsdaten des Betroffenen sich auf den „Vertragspartner und Provider des Anschlussinhabers“ beziehe und nicht auf den sog. Access-Provider. Der Vertragspartner des Endkunden trete im Fall als Reseller auf. Reseller sei laut Gericht regelmäßig nicht der Access-Provider selbst, sondern rechtlich selbständige Konzerntöchter oder Drittanbieter, die die Leistung im eigenen Namen vollbrächten. Eine vertragliche Beziehung bestünde nur zwischen Reseller und dem hier betroffenen Endkunden. Die Erhebung von Bestandsdaten nach §111 Abs.1 TKG des Endkunden könne somit lediglich durch den Reseller selbst geschehen, falls keine Identität mit dem Access-Provider vorliegt. Folglich sei der Access-Provider lediglich dazu angehalten, Name und Anschrift des Resellers zu übermitteln. Dieser müsse dann, soweit die Voraussetzungen der gerichtlichen Auskunftserteilung gem. §101 Abs.9 UrhG vorliegen, die Bestandsdaten des Endkunden übermitteln. Erteile der Access-Provider unmittelbar Auskunft über die Bestandsdaten des Endkunden, sei diese Information rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit dieser Auskunft gehe mit einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beklagten einher, welches ein Verwertungsverbot bezüglich des rechtswidrig erlangten Beweismittels in Form von einer Auskunft bewirke.

Unserer Ansicht nach liegt der Schwerpunkt dieser Entscheidung auf der Klarstellung, dass die Bestandsdatenerhebung eines Access-Providers, welcher nicht in einem direkten Vertragsverhältnis mit dem Endkunden steht, ein unzulässiges Beweismittel darstellt und eine Erhebung stets über den unmittelbaren Vertragspartner (hier Reseller) zu erfolgen hat. Nach unserer Ansicht hätte das Gericht sich nicht für ein Verwertungsverbot ausgesprochen, wenn Access-Provider und Reseller identisch gewesen wären. Weiterhin wäre die im Fall erhobene Auskunft möglicherweise rechtskonform gewesen, falls sich der richterliche Gestattungsanspruch sowohl an den Access-Provider, als auch an den Reseller gerichtet hätte.

AG Lahr, Hinweisbeschluss, Az. 5 C 13/14 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Das AG Lahr schließt sich der Urteilsbegründung des LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 11.08.2015, Az. 6 O 55/15) an.

AG Potsdam, Urteil vom 12.11.2015, Az. 37 C 156/15 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Das Gericht nimmt an, es bedürfe keines doppelten Richtervorbehalts bei der Ermittlung von Kundendaten in Filesharing-Prozessen. Es bedürfe keines Richtervorbehalts im Rahmen der Auskunftserteilung durch den Reseller, da es dieser über keine Verkehrsdaten verfügt und somit auch keine Verkehrsdaten übermitteln könne. Die den Urheberrechtsverletzungen zugrundeliegenden dynamischen IP-Adressen seien unter derselben Benutzerkennung begangen worden, womit es sich um eine statische Benutzerkennung handle. Die Zuordnung dieser statischen Kennung zum Nutzer erfolgte ohne einen Kommunikationsvorgang und fiele folglich nicht unter den Schutz des §101 Abs.9 UrhG. Der Sinn des §101 Abs.9 UrhG sei es auch nicht das bereits geprüfte und bejahte Gestattungsgesuch zu wiederholen. Die Aufteilung der Daten des Endkunden seien für den Rechteinhaber außerdem zufällig.

„Die 1&1- Internet AG als Reseller hat bei ihrer Auskunftserteilung keine Verkehrsdaten mit Bestandsdaten verknüpft, da sie selbst über keine Verkehrsdaten verfügt: Sie hat eine schlichte Auskunft über Bestandsdaten erteilt, indem sie lediglich die hinter der Benutzerkennung „W…@online.de“ stehende Bekl. offenbart hat. Soweit postuliert wird, der Reseller könne die Identität des Anschlussinhabers nur anhand der Benutzerkennung sowie unter Verwendung von Datum und Uhrzeit der Verbindung (also mittels Verkehrsdaten) feststellen (so Zimmermann, K&R 2015, 73 [74]) ist dies nicht nachvollziehbar. Im vorliegenden Fall ist den unter verschiedenen dynamischen IP Adressen begangenen Rechtsverstößen am 31.3.2011 und am 2.4.2011 jeweils dieselbe Benutzerkennung „W…@online.de “ von der Deutschen Telekom AG zugeordnet und zum Gegenstand ihrer Auskunft gemacht worden. Es handelt sich somit um eine statische Benutzerkennung. Eine solche wird unabhängig von der Frage tatsächlich zu Stande gekommener Verbindungen vorgehalten. Die Zuordnung einer statischen Benutzerkennung zum Nutzer ist losgelöst von einem Kommunikationsvorgang und damit verfassungsrechtlich unbedenklich und nicht vom Richtervorhalt des § 101 IX UhrG erfasst (vgl. zu dem vergleichbaren Fall einer statischen IP-Adresse LG München I, NJOZ 2012, 147 = GRUR-RR 2012, 71 Ls. – Statische IP). Sinn der gesetzlichen Regelung des § 101 IX UrhG ist nicht, das Gestattungsverfahren mit Blick auf die sich nach Auskunftserteilung herausstellende Beteiligung eines Resellers zu wiederholen, obwohl die Voraussetzungen einer Gestattung von der Person des Auskunftspflichtigen unabhängig bereits geprüft und bejaht worden ist, zumal die Tatsache, dass die Bekl. wegen der Zwischenschaltung eines Resellers bei der Deutschen Telekom als pseudonomisierter Benutzer auftritt, allein aus ihrer Vertragssphäre herrührt, während es sich aus Sicht des Verletzten als eine zufällige Aufsplittung der einzuholenden Bestandsdaten darstellt. Es ist nicht ersichtlich, wieso diese von der Bekl. gewählte vertragliche Konstruktion eines besonderen Schutzes durch ein zweifach gestuftes richterliches Gestattungsverfahren bedarf und inwiefern bei einem gegenüber dem Reseller durchgeführten Gestattungsverfahren unter Berücksichtigung des § 101 II Nr. 3 UrhG das individuelle Vertragsverhältnis des Resellers mit der Bekl. Relevanz erlangen soll.“AG Potsdam, Urteil vom 12.11.2015, Az. 37 C 156/15 (Hervorhebungen nicht im Original)

Das Gericht spricht unserer Ansicht nach die Problematik der Änderung der Bestands- in Verkehrsdaten bei Verknüpfung mit dynamischen IP-Adressen an, löst diese allerdings nach eigener Aussage bewusst anders als die „herrschende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur“. Nach unserer Ansicht stellt das Gericht auf den Schutz des Rechteinhabers ab. Die zufällige Aufteilung der Daten des Endkunden solle für diesen keinen Nachteil bei der Beweisführung darstellen. Der oftmals vertretene Ansatz der Änderung der Qualifikation von Bestandsdaten in Verkehrsdaten bei Verknüpfung von dynamischer IP-Adresse mit Benutzerkennung wird dem Gericht nach mit der Argumentation gelöst, die Benutzerkennung sei statisch und somit kein Verkehrsdatum i.S.d. §101 Abs.9 UrhG. Allerdings geht das Gericht unserer Ansicht nach nicht genauer auf diese Verknüpfungsproblematik ein, sondern stellt lediglich fest, dass der Reseller über keine Verkehrsdaten verfügt und somit auch keine Verkehrsdaten weitergeben kann.

LG Berlin, Urteil vom 03.11.2015, Az. 15 S 5/15 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Nach dem LG Berlin würden die Daten des Endkunden ebenfalls lediglich Bestandsdaten darstellen, weshalb eine zusätzliche Gestattung für einen Drittanbieter (Reseller) neben der richterlichen Gestattung zur Auskunftserteilung für den Access-Provider nicht erforderlich sei.

„Die von der (...) AG in dem Gestattungsverfahren (LG Köln, Beschluss 15 Dezember 2009 - 31 OH 520/09 -) erteilten Auskünfte zu der streitgegenstandlichen IP-Adresse, welche zur Tatzeit der (...) AG als Reseller und der Beklagten als Nutzer zugewiesen war, unterliegt keinem Beweisverbot und ein weiteres Gestattungsverfahren gegen den Reseller ist nicht erforderlich (vgl OLG Köln GRUR-RR 2013, 137 Rn. 4 nach juris, a.A. LG Frankenthal, Urteil vom 11. August 2015 - 6 O 55/15 - Rn 16ff nach juris), denn es handelt sich um Bestands-, und keine Verkehrsdaten (vgl BGH ZUM-RD 2011, 587 Rn 37ff nach juris).” LG Berlin, Urteil vom 03.11.2015, Az. 15 S 5/15

Unserer Ansicht nach lehnt das LG Berlin hier die Qualifizierung der Daten des betroffenen Endkunden als Verkehrsdaten ab, ohne jedoch genauer auf die Thematik einzugehen oder gar die Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Es erfolgt lediglich ein Verweis auf BGH ZUM-RD 2011, 587 Rn 37ff.

AG Freiburg im Breisgau, Urteil vom 24.09.2015, Az. 10 C 633/15 zum Beweisverwertungsverbot im Urheberrecht / Datenschutz

Nach Ansicht des Gerichts sei die Indizwirkung der zwei Verstöße so groß, „dass das einfache Bestreiten des Beklagten dahingehend, dass die korrekte Ermittlung der IP-Adresse bestritten werde, nicht ausreichend ist“. Es handle sich um die vom Access-Provider übermittelten Daten um rein Bestandsdaten und nicht um Verbindungsdaten. Daraus ergebe sich auch, dass diese Daten keinem Richtervorbehalt bedürfen und somit verwertbar sind.

Unserer Ansicht nach beurteilt das Gericht die Bestandsdaten des Endkunden als durchweg reine Bestandsdaten und geht nicht bei einer Zuordnung dieser Daten zu einer dynamischen IP-Adresse von einer Änderung deren Eigenschaften in Verkehrsdaten i.S.d. §3 Nr.30 TKG aus. Folgt man dieser Rechtsprechung genügt unserer Ansicht nach ein richterlicher Gestattungsanspruch bezüglich des Access-Providers.

Stellungnahme zu Beweisverwertungsverboten in Filesharingfällen

Die Urteilsbegründungen der genannten Entscheidungen zeigen unserer Ansicht nach auf, dass die Gerichte, welche ein Beweisverwertungsverbot annahmen, bei einer Trennung zwischen Endkundenanbieter und Access-Provider bei der Ermittlung von Bestandsdaten einen richterlichen Gestattungsanspruch für beide Diensteanbieter fordern. Dabei kann sich möglicherweise auch ein Gestattungsanspruch auf beide beziehen. Dies wird wohl auch dann gefordert, wenn Access-Provider und Endkundenanbieter zum selben Konzern gehören, juristisch aber selbstständig sind (hier: Telekom AG und Telekom GmbH). Als Begründung sollte dabei regelmäßig die Umwandlung von Bestandsdaten in Verkehrsdaten i.S.d. §102 ABs.9 UrhG bei der Verknüpfung von dynamischen IP-Adressen mit den Bestandsdaten des Endkunden dienen.

Unserer Ansicht nach fallen die Urteilsbegründungen der ein Beweisverwertungsverbot ablehnenden Gerichte mitunter sehr knapp aus. Dabei wird unter anderem abgelehnt, dass es sich bei der Zuordnung von Bestandsdaten zur dynamischen IP-Adresse um einen Kommunikationsvorgang handle. Weiterhin besäße ein Endkundenanbieter gar keine Verkehrsdaten (dynamische IP-Adresse) und könne somit auch keine solchen weitergeben. Außerdem sei es nicht Sinn des §101 Abs.9 UrhG zweimal den gleichen Gestattungsanspruch zu prüfen. Problematisch ist unserer Ansicht nach, dass sich die Gerichte meist nicht eine Verknüpfungs- und Umwandlungsproblematik der Bestandsdaten in Verkehrsdaten in Betracht ziehen und somit stets nur einen Gestattungsanspruch, der meist gegenüber dem Access-Provider und nicht dem direkten Vertragspartner des Endkunden erteilt wird.

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