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Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument
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Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 17.10.2013, Az.: 6 U 95/13 festgelegt, dass der Streitwert einer Klage auf Unterlassen bezüglich der Zusendung von E-Mails mit Werbeinhalten u.U. nur 100,-- EUR betragen kann.
Wenn eine Klage vor Gericht anhängig ist, muss das Gericht einen Streitwert festlegen, da sich nach diesem die Gerichtskosten und die Anwaltsgebühren festlegen. Bei Leistungsklagen ist die Berechnung des Streitwertes grundsätzlich problemlos, da bei Leistungsklagen der Streitwert in Geld beziffert ist.
Problematisch ist die Berechnung des Streitwertes aber bei der Unterlassungsklagen, einer Klageart bei der dem Prozessgegner auferlegt wird, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. In solchen Fällen wird der Streitwert häufig geschätzt.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin über einen längeren Zeitraum Kundin der Beklagten, einer Kommanditgesellschaft. Über ihre E-Mail-Adresse hat sie Werbemails von der Beklagten erhalten, bis die Kontaktdaten im Jahre 2006 dem Datenbestand passiver Kunden zuordnet wurden. Es wurden dann keine Werbekontakte mehr aufgenommen. Durch einen Programmierfehler wurde sie dann aber wieder dem Bestand aktiver Kunden zugewiesen und erhielt eine Werbemail. Die Klägerin ließ die Beklagte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung von 627,13 EUR an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter Fristsetzung bis zum 14.9.2012 auffordern. Die Beklagte löschte daraufhin "physisch" die gespeicherten Daten der Klägerin. Eine darüber hinausgehende Reaktion erfolgte nicht. Ihre Klage wurde von der Vorinstanz nur teilweise stattgegeben, weswegen die Klägerin Berufung einlegte.
Nach Ansicht des OLG sind beide Berufungen unzulässig, weil der jeweilige Wert des Beschwerdegegenstandes in beiden Fällen 600 EUR nicht übersteigt, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Nach Ansicht des OLG ist der Streitwert in diesem Fall nur auf 300 Euro festzulegen.
Die Beschwer der Klägerin durch die Abweisung der Klage gegen die Beklagten 2. und 3. ist äußerst gering; der Senat hat sie mit insgesamt 300 EUR bewertet (Unterlassungsanspruch 2 x 100 EUR, Auskunftsanspruch 2 x 50 EUR). (OLG Hamm, Urteil vom 17. Oktober 2013 – I-6 U 95/13, 6 U 95/13 –, juris).
Das Gericht begründet dies damit, dass der Empfang einer Spam-Mail im Verhältnis zu anderen Formen der Belästigung, z.B. Stalking, betrachtet werden muss und die Belästigung als eher geringfügige angesehen werden muss.
Bei der Wertfestsetzung in Fällen der vorliegenden Art muss ein deutlicher Abstand gewahrt werden zu deutlich schwerwiegenderen Fällen, in denen Unterlassung begehrt wird, etwa in Stalking-Fällen, in denen es um ganz andere Formen von Belästigungen bis hin zu echten Verfolgungszuständen und -ängsten geht, die häufig mit dem Auffangwert von früher 4.000 EUR, jetzt 5.000 EUR (§ 52 Abs. 2 GKG), bewertet werden (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort "Stalking" m.w.N.) und deshalb erstinstanzlich meist vor den Amtsgerichten verhandelt werden. (OLG Hamm, Urteil vom 17. Oktober 2013 – I-6 U 95/13, 6 U 95/13 –, juris (Hervorhebung nicht im Orginal).
Das Gericht orientierte sich bei der Streitwerthöhe an dem Urteil des BGH vom 09.07.2004, Az.: V ZB 6/04. In der Entscheidung hatte der BGH das Interesse der Kläger an der Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung des Einwurfs von Werbematerial mit 75 EUR nicht beanstandet und hierzu ausgeführt, dass das Unterlassungsinteresse der Kläger bei einem singulären Vorfall ohne erkennbare Weiterungen kaum messbar sei.
In seiner knappen Begründung hat das Berufungsgericht den für die geringe Bewertung des Rechtsverfolgungsinteresses der Kläger entscheidenden Gesichtspunkt angeführt, nämlich daß die Kläger einen singulären Vorfall zum Anlaß ihrer Klage genommen und zu etwaigen Weiterungen nichts vorgetragen haben. Aus diesem Umstand ergab sich auch, daß das Unterlassungsinteresse der Kläger kaum meßbar, jedenfalls aber nur mit einem ganz geringen Wert anzusetzen war. (BGH, Beschluss vom 09. Juli 2004 – V ZB 6/04 –, juris)
Da auch die Klägerin nur eine E-Mail erhalten hat und der Versand weiterer E-Mails nicht zu erwarten war, kam das Gericht zu diesem niedrigen Streitwert.
In Fällen der Abmahnung wegen Werbemails hat dieses Urteil eine wesentliche Bedeutung, da in solchen Fällen das Urteil als Richtlinie dienen kann. Das bedeutet wohl, dass in solchen Fällen eine Berufung nicht möglich ist und das erstinstanzliche Urteil hinzunehmen ist.
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