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Der Bundesgerichtshof entschied in seinem Urteil vom 18.01.2012 (Az. I ZR 187/10), dass ein Domainname an den früheren Berechtigten nach den Normen des § 812 I 1 Fall 2 BGB herausgegeben werden müsse.
Die Klägerin hatte seit dem Jahr 1996 den Domainnamen „gewinn.de“ bei der DENIC auf sich registriert. Ab Mitte Juni 2005 wurde sie nicht mehr bei der „WHOIS-Abfrage“ als Domaininhaberin genannt. Stattdessen wurde ab Anfang 2006 die Beklagte als Inhaberin des Domainnamens „gewinn.de“ geführt. Sie selbst verkaufte den Domainnamen wiederrum an einen Dritten.
Die Klägerin forderte, dass sie wieder als Inhaberin der Domain registriert werde.
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass der Klägerin kein schadensersatzrechtlicher Anspruch zustehe, da das Recht an einem Domainname kein sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB darstelle. Der Inhaber des Domainnamens besitze lediglich ein vertragliches, relatives Nutzungsrecht an dem Domainnamen, jedoch nicht ein absolutes Recht. Es liege auch kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.
Der vom Kläger mit dem Hauptantrag gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Eine solche Haftung setzt voraus, dass der Eingriff gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft. Ein derartiger "betriebsbezogener" Eingriff fehlt bei einer Beeinträchtigung von Rechten oder Rechtsgütern, die mit der Wesenseigentümlichkeit des Betriebs nicht in Beziehung stehen und daher – auch wenn sie für den Betrieb wichtig sind – den Betrieb weder zum Erliegen bringen noch in seiner Substanz ernstlich beeinträchtigen, wenn sie dem Betriebsinhaber nicht mehr ungestört zur Verfügung stehen.“
Jedoch bejahte der Bundesgerichtshof einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Grundlage von § 812 I 1 Fall 2 BGB. Das Gericht führte hierzu aus:
„Ein Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB setzt allerdings voraus, dass sich der Schuldner eine vermögenswerte Rechtsposition "auf Kosten" des Gläubigers zu eigen macht, deren Nutzen ihm ohne die Gestattung des Rechtsinhabers in rechtmäßiger Weise nicht zukommt. Diese Voraussetzung ist bei der unrichtigen Eintragung der Person erfüllt, die als Inhaber des Domainnamens in der "WHOIS-Datenbank" der DENIC eingetragen ist.“ (BGH Urteil vom 18.01.2012 Az. I ZR 187/10)
Durch die Eintragung des Berechtigten in die „WHOIS-Datenbank“ werde dieser in Übereinstimmung mit der materiellen Rechtlage Vertragspartner der DENIC. Deshalb sei er nicht nur dazu befugt rechtswirksam sonder auch tatsächlich über den Domainnamen zu verfügen. Wenn jedoch ein Nichtberechtigter auf den fraglichen Domainnamen eingetragen ist, so entstehe eine Sperrfunktion, die dem eigentlichen Berechtigten bei der Verwertung seines Rechts zumindest behindere. Hierdurch würde der Nichtberechtigte auf Kosten des Berechtigten eine vermögenswerte Rechtsposition erlangen, deren Nutzen ihr eigentlich nicht zu komme. Der BGH formulierte das folgendermaßen aus:
„Die mit der materiellen Rechtslage übereinstimmende Eintragung des Berechtigten in die "WHOIS-Datenbank" verleiht diesem nach außen hin die Stellung eines Vertragspartners der DENIC und gibt ihm den vermögensrechtlich wirksamen Vorteil, über den Domainnamen nicht nur rechtswirksam, sondern auch tatsächlich verfügen zu können. Die Eintragung eines Nichtberechtigten bewirkt dagegen eine tatsächliche Sperrfunktion, die den berechtigten Inhaber des Domainnamens bei einer Verwertung über sein Recht zumindest behindert.“
Dieses Urteil zeigt unserer Meinung nach, dass die Gerichte die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches auch ohne weiteres auf komplexe Gebiete des IT- und Markenrechts anwenden. Obwohl ein Domainname nur ein virtuelles Rechtsgut ist, könne es doch im Wege des Bereicherungsrechts „heraus verlangt“ werden.
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