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Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument
Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!
Praktisch alle sozialen Netzwerke bieten ihren Nutzern die Möglichkeit zum „Teilen“ von Inhalten. Welche rechtliche Bedeutung dieser Funktion zukommt und ob vielleicht sogar eine Abmahnung beim Nutzen der Funktion droht ist auch nach zwei Urteilen von Frankfurter Gerichten unserer Auffassung nach noch nicht vollständig geklärt. Was die Gerichte zur „Teilen“- Funktion entschieden haben versuchen wir in diesem Artikel zu erläutern.
Das OLG Frankfurt, Urteil vom 26.11.2015, Az. 16 U 64/15, musste über einen Fall entscheiden, in dem es um einen Tierschutzverein ging, der einen Beitrag geteilt hatte, in dem dänische Hunde mit Juden verglichen worden waren. Der Betreiber einer Internetseite aus Mannheim hatte daraufhin behauptet, dass der Tierschutzverein aufgrund des „Teilens“ des Beitrags auch selbst diesen Vergleich vornehme. Gegen diese Äußerung ging der Tierschutzverein gerichtlich mit einer einstweiligen Verfügung vor. Der Ansicht des Beklagten erteilte das OLG Frankfurt unserer Ansicht nach mit seinem Urteil eine Absage. Es verneinte eine Verantwortlichkeit des „Teilenden“ für den geteilten Inhalt. Das Gericht misst dem Teilen eine geringere Bedeutung bei als beispielsweise dem Setzen des „Gefällt mir“ Zeichens oder dem Verlinken. Das „Teilen“ sei im Gegensatz zu den eben genannten Funktionen als Hinweis zu verstehen, der auf einen anderen Inhalt aufmerksam machen soll. So heißt es im Orientierungssatz des Urteils, OLG Frankfurt, Az. 16 U 64/15:
Bei der Funktion "Teilen", die zwar dem "Verlinken" in technischer Sicht ähnlich ist, handelt es sich vielmehr um eine Möglichkeit, auf private Inhalte anderer Nutzer hinzuweisen. Anders als bei der Funktion "gefällt mir" (vgl. hierzu z.B. Bauer, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook, NZA 2013, 67, 71) ist dem "Teilen" für sich genommen keine über die Verbreitung des Postings hinausgehende Bedeutung zuzumessen. (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.11.2015, Az. 16 U 64/15, Bedeutung des „Teilen“- Buttons) (Hervorhebungen nicht im Original)
Das Gericht fährt fort, in dem es klarstellt, dass auch eine Verlinkung nicht zwingend mit einem zu Eigen machen des verlinkten Inhalts verbunden sei. Dazu sei vielmehr nötig, dass der „Verlinkende“ sich mit dem Inhalt identifiziert und ihn so in den eigenen Gedankengang einfügen würde, dass sie als eigene erscheine. Dies sei eine Frage, die im Einzelfall beurteilt werden müsse. Nach Ansicht des Verfassers könnte dies zum Beispiel dadurch geschehen, dass man den verlinkten Inhalt mir einem eigenen Kommentar versieht oder sich sonst zustimmend dazu äußert. Wenn schon dem „Verlinken“ nicht zwangsläufig ein zu Eigen machen des Inhalts zu entnehmen ist, gilt das nach Rechtsauffassung des OLG Frankfurt wohl erst recht für das schlichte „Teilen“. Im konkreten Fall gab es nach Ansicht des Gerichts keine Hinweise darauf, dass der Tierschutzverein, der den fragwürdigen Inhalt geteilt hat sich mit ihm dergestalt identifiziert hat, dass eine eigene Verantwortlichkeit daraus gefolgert werden könnte. Zwar kommentierte der Verein den Beitrag mit den Worten: „Danke nach Dänemark liebe D, go X", das Gericht sah darin jedoch nur eine Würdigung der Tierschutzarbeit der X und nicht eine Unterstützung des fragwürdigen Vergleichs („dänische Hunde sind wie Juden“), den die X getroffen hat. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Teilen von Inhalten auf sozialen Netzwerken nicht ohne weiteres auch ein zu Eigen machen des Inhalts enthält. In der Regel dürfte also eine Verantwortlichkeit für den geteilten Inhalt nicht in Frage kommen.
Mit einem anderen Problem des „Teilens“ in sozialen Netzwerken musste sich das LG Frankfurt, Urteil vom 17.7.2014, Az. 2-03 S 2/14, auseinandersetzen. Ein Autor veröffentlichte einen Artikel im Internet und stellte dazu einen „Teilen“- Button zur Verfügung. Ein Leser nutzte diesen Button und kopierte dabei den gesamten Artikel in die Beschreibung des geteilten Beitrags. Standardmäßig werden nur wenige Sätze als „Teaser“ in einen solchen Beitrag eingebaut. Daraufhin mahnte der Autor den Leser, unter Hinweis auf die Verletzung seiner Urheberrechte, ab. Dieser verteidigte sich mit der Behauptung, durch das zur Verfügung stellen des „Teilen“- Buttons habe der Autor jedem die Nutzungsrechte an dem Artikel eingeräumt. Das LG Frankfurt gab dem Autor in seinem Urteil Recht und bestätigte die Abmahnung. Das Einfügen des kompletten Artikels in die Beschreibung des geteilten Beitrags stelle eine Urheberrechtsverletzung dar. Durch das zur Verfügung stellen des „Teilen“- Buttons würden keine Nutzungsrechte eingeräumt. Dementsprechend lautet dann auch der Orientierungssatz des Urteils, Az. 2-03 S 2/14:
Die Grundeinstellung von Facebook sieht vor, dass nach Bedienung eines eingebundenen Teilen-"Buttons" auf dem Facebook-Profil des Nutzers nicht der gesamte Artikelinhalt erscheint, sondern lediglich die Überschrift einschließlich Quelle, der Link sowie ein Kurztext als Ankündigungstext und ggf. ein Miniaturbild. Allein der Umstand, dass es für den Nutzer theoretisch möglich ist, den Ankündigungstext dahin zu modifizieren, statt eines Kurztexts den vollständigen Text einzufügen, führt nicht dazu, dass ihm automatisch entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt wurden. (LG Frankfurt, Urteil vom 17.7.2014, Az. 2-03 S 2/14, „Teilen“ räumt keine Nutzungsrechte ein) (Hervorhebungen nicht im Original)
Das Gericht begründet seine Entscheidung unter anderem mit einem Verweis auf die „Vorschaubilder“-Entscheidungen des BGH (Vorschaubilder I und Vorschaubilder II). Darin stellte der BGH klar, dass urheberrechtliche Befugnisse die Tendenz hätten, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser an den Erträgnissen seines Werkes in angemessener Weise beteiligt werde. Dies übertragt das Gericht folgendermaßen auf den „Teilen“- Button (LG Frankfurt, a.a.O.):
Durch die Bereitstellung des „Share-Buttons" hat die Klägerin somit nicht unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie über das Setzen eines Links nebst Ankündigungstext hinaus weitergehende Nutzungsrechte an jeden Facebook-Nutzer übertragen hat.
Nachdem der Beklagte nicht lediglich die „Share-Funktion" bedient hat, also einen bloßen Link zu dem Beitrag gesetzt hat, sondern den Beitrag vollständig auf den eigenen Facebook-Auftritt kopiert hat, hat er die Urheber- bzw. Nutzungsrechte der Klägerin hieran verletzt. (LG Frankfurt, Urteil vom 17.7.2014, Az. 2-03 S 2/14, Verletzung von Urheberrechten durch Kopieren des Beitrags)
Im Grunde stellt das LG Frankfurt mit seinem Urteil unserer Ansicht nach lediglich eine Selbstverständlichkeit fest. Wer den „Teilen“ – Button anbietet verzichtet damit nicht auf seine Rechte. Er möchte damit Nutzern die Möglichkeit geben sein Werk bekanntzumachen und im Internet mehr Menschen damit erreichen. Das „Teilen“ stellt sich als Werbemaßnahme dar, dass die Aufmerksamkeit für das Werk erhöhen soll.
Beide hier angesprochenen Urteile beschäftigen sich zwar mit der „Teilen“ – Funktion, ihnen liegen jedoch völlig unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde. Während das OLG Frankfurt zu entscheiden hatte, ob mit dem „Teilen“ eine Übernahme des Inhalts, der geteilt wurde, stattfindet, hatte das LG Frankfurt zu entscheiden, ob durch das zur Verfügung stellen dieser Funktion Nutzungsrechte eingeräumt werden. Andere rechtliche Aspekte des „Teilens“ in sozialen Netzwerken wurden bis jetzt noch gar nicht durch Gerichte geklärt. Abschließend lässt sich wohl sagen, dass es weiterhin eine große Rechtsunsicherheit gibt, was das „Teilen“ angeht. Unserer Ansicht nach dürfte ein schlichtes, unkommentiertes „Teilen“ jedoch in der Regel rechtlich unbedenklich sein.
Ob eine Abmahnung im Einzelfall wegen Nutzung der Teilen-Funktion in sozialen Netzwerken rechtmäßig erfolgte sollte unserer Ansicht nach von einem Rechtsanwalt mit Schwerpunkt IT-Recht überprüft werden bevor man sich gegenüber der Gegenseite äußert!
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