IT-Recht: eAkte - VG Wiesbaden zur elektronischen (Einbürgerungs-) Akte

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Das VG Wiesbaden zu den Anforderungen an eine elektronische (Einbürgerungs-)Akte, insbesondere zur PDF-Datei, Scannvorgang, Schriftform, elektronische Form, Digi-Fax

Im Urteil vom 20.01.2015 ging das VG Wiesbaden bei der Behandlung eines Falles auf die näheren Anforderungen an die elektronische Akte ein, da hier wohl erhebliche Fehler seitens der Beteiligten gemacht wurden.

Die Klägerin beantragte die Einbürgerung und legte die erforderlichen Dokumente der Stadt vor. Diese wurden eingescannt und das Original der Klägerin zurückgegeben. Die Klägerin war in der Vergangenheit im Bundeszentralregister strafrechtlich relevant eingetragen worden und daraufhin wurde ihr geraten den Einbürgerungsantrag zurückzunehmen, was ihr Rechtsanwalt per Fax tat. Daraufhin wollte sie jedoch mit einem Gerichtsverfahren die Einbürgerung doch noch erstreiten, was ihr aber trotz aller Bemühungen misslang.

PDF-Dateien sind keine Akte

Eine Behörde sei laut dem VG Wiesbaden zur Vorlage von Dokumenten und Akten verpflichtet. Dies ergebe sich aus § 99 Abs. 1 VwGO. Da es sich in diesem Fall um elektronische Dokumente handelt, müsse die Behörde diese elektronisch übermitteln. Die Behörde habe nur eine PDF-Datei ausgedruckt und vorgelegt. Das Gericht kommt zu der Überzeugung, dass eine PDF-Datei keine Akte sei. Damit war die Übermittlung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

„Hinzu kommt, dass weder der Ausdruck „elektronischer Dokumente“ erfolgte, noch die sogenannte PDF-Akte eine Akte ist.“ (VG Wiesbaden: Urteil vom 20.01.2015 6 K 1567/14.WI; in openjur zur PDF-Datei)

Die PDF-Datei sei keine Akte, da es sich dabei um eingescannte Unterlagen handle, „deren Echtheit und Übereinstimmung mit dem eingescannten Dokument sich nicht verifizieren lässt“. Daraufhin bezeichnet das VG Wiesbaden diese als Kopien. Eine Kopie könne die Echtheit nicht gewährleisten, da diese manipulierbar seien.

Anforderungen an den Scanvorgang der eAkte

Scanvorgänge sind laut dem Urteil an zertifizierten Scannern durchzuführen, sofern es sich bei dem Einzuscannenden um Dokumente handelt. Im vorliegenden Fall handelte es sich um Dokumente, jedoch wurde kein zertifizierter Scanner genutzt.

„Soweit den eingescannten Unterlagen eine Dokumenteneigenschaft zukommen sollte, hätte es beim Einscannen eines zertifizierten Scanners bedurft […](VG Wiesbaden: Urteil vom 20.01.2015 6 K 1567/14.WI; in openjur zum Scanvorgang) (Hervorhebungen nicht im Original)

Zudem bedarf es einer qualifizierenden Signatur des Scannenden und einer anschließenden Prüfung der jeweiligen Signatur. Dadurch hätte verifiziert werden müssen, ob der Scan auch wirklich mit dem Original übereinstimmt. Dabei ist auch zu beachten, dass die Originalfarben der Dokumente auf dem Scan wiedergegeben werden müssen. Das Erfordernis einer elektronischen Signatur ginge laut Gericht aus § 3a VwVfG hervor. Dies ist vorliegend alles nicht eingehalten worden.

Ersetzung der schriftlichen Form durch die elektronische Form bei der eAkte

Die Klägerin müsste zur Beantragung der Einbürgerung eine Einwilligung zur Personendatenverarbeitung einreichen. Diese soll schriftlich erfolgen. Jedoch kann laut § 126 Abs. 1 BGB die Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden. Dies wird in § 126a BGB weitergehend geregelt. Demnach muss dem elektronischen Dokument der Name beigefügt und qualifiziert signiert werden. Ferner hätte laut dem VG Wiesbaden die Signatur geprüft werden müssen, falls das elektronische Dokument ausgedruckt wird. Im vorliegenden Fall wurde die Einwilligung weder schriftlich noch elektronisch eingereicht.

Das Gericht zu „Digi-Fax“ bei eAkten

Die Klägerin hat laut Sachverhalt durch ihren Rechtsanwalt den Einbürgerungsantrag zurückgenommen. Dies sei per Fax erfolgt. Fraglich erscheint, ob dies dadurch wirksam erfolgt ist.

„Dies zum einen, weil es für das Digi-Fax trotz der normklaren Regelung des § 6 HDSG kein Verfahrensverzeichnis gibt.“ […] „Ein solches Verfahrensverzeichnis liegt nicht vor.“ (VG Wiesbaden: Urteil vom 20.01.2015 6 K 1567/14.WI; in openjur zum Digi-Fax)

Die Rücknahme müsse nach Staatsbürgergesetz schriftlich erfolgen. Dies sei nicht erfolgt. Laut dem Gericht liege die Schriftlichkeit erst bei Ausdruck des Faxes vor. Auf den Ausdruck sei zu verzichten, wenn das elektronische Dokument qualifiziert signiert gewesen wäre, was vorliegend nicht der Fall ist. 

Bedeutung des Urteils für Rechtsanwälte und Behörden die eAkten nutzen

Die Klage wurde aufgrund eines fehlenden Einbürgerungsanspruches abgewiesen. Das Urteil des VG Wiesbaden zeigt auf, dass die elektronische Aktenführung in Hessen, zumindest in Sachen Einbürgerung Stand 20.01.2015, rechtlich fragwürdig erschien.

„Nach alledem ist die elektronische Einbürgerungsakte (PDF-Akte) rechtlich mehr als höchst bedenklich, ja in der Form, in der diese derzeit betrieben ist, unzulässig.“ (VG Wiesbaden: Urteil vom 20.01.2015 6 K 1567/14.WI; in openjur zur eAkte)

Zudem betont das VG Wiesbaden in ihrem Urteil die Wichtigkeit der qualifizierten elektronischen Signatur, sowie die Nutzung von zertifizierten Scannern, um eine lesbare, vollständige und echte Akte zu gewährleisten.

Lesen Sie hier weiter zu den Anforderungen an einen Scanvorgang bei einer elektronischen Akte (eAkte).

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