Sollte man IT-Recht und IT-Projekte aufeinander abstimmen?

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Das IT-Recht und die Vorgehensmodelle des IT-Projektgeschäftes passend aufeinander abstimmen.

Für das Vorgehen bei der Entwicklung von IT-Projekten haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Modelle, die den Entwicklungsprozess zu optimieren versuchen, herausgebildet. Es existieren einige allgemein gängige Modelle zur Umsetzung von IT-Projekten, jedoch bedürfen diese möglicherweise, je nach Projekt, einiger Modifikationen, um die Erfolgschance des Projekts zu erhöhen. Eine universell als optimal anzusehende Vorgehensweise gibt es wohl nicht. Je nach Projekt ist also erneut die Frage nach dem optimalen Vorgehen zu stellen und anschließend dieses Vorgehen im IT-Recht niederzuschreiben.

 

Was strukturieren IT-Vorgehensmodelle?

Vorgehensmodelle versuchen den komplexen Entwicklungsprozess von IT-Projekten in einzelne leichter überschaubare Bestandeile zu zerlegen. Bestandteile, in die die Entwicklungsprozesse von Vorgehensmodellen unterteilt werden, sind: Aktivitäten, Projektphasen, Meilensteine (Teilprodukte der Projektphasen), Standards, Richtlinien, Methoden und Werkzeuge. Diese gelten für den Projektentwicklungszeitraum und sind bei der IT-Vertragsgestaltung von Softwareprojekten zu berücksichtigen.

 

Überblick der IT-Modelle bei IT-Projekten

Wie bereits erwähnt, existieren verschiedene Modelle zur Ordnung von Projekten im IT-Bereich. Dabei gebe es zum einen allgemeine Konzepte und zum anderen konkrete Konzepte, die eine Verfeinerung oder Präzisierung von allgemeinen Modellen darstellen. Die allgemeinen Modelle stellen dabei eine Art Gruppierung der Modelle dar.

 

Allgemeine Modelle

Sequentielle Modelle

Zum einen gibt es die sog. Sequentiellen Modelle. Diese Arten von Modellen teilen das gesamte Projekt in Phasen ein, die eine nach der anderen abgearbeitet werden. Zum Voranschreiten der Phasen wird die Beendigung der vorherigen Phase voraus gesetzt. Lediglich ein einmaliger Durchgang der Phasen wird geplant. Die Unterteilung kann dabei individuell gestaltet werden, wobei bestimmt Punkte erreicht sein sollten, um einen Phasenabschluss logisch zu begründen. So sollte die Phase, die man für die Erstellung des Entwurfs vorgesehen hat, auch tatsächlich alles (ihrem Umfang nach), was mit dem Entwurf zu tun hat, erfassen.

Nach jeder Phase werden die Ergebnisse dieser Phase in Anforderungs- oder Entwurfsdokumenten gesammelt, auf deren Basis in der nächsten Phase weiter gearbeitet wird. Diese Sammlungen von Ergebnissen werden zudem zur Messung des Projektfortschritts genutzt und als Meilensteine bezeichnet.

Typisches Beispiel eines sequentiellen Modells ist das Wasserfallmodell im IT-Projektgeschäft.

Pro:

Klare, strukturierte Prozesse, die wenig Überwachung bedürfen.

Contra:

Strikte Vorausplanung lässt keinen Raum für Fehler oder Veränderungen. Grundsätzlich muss am Anfang jegliche Planung endgültig fest stehen, was in der Realität selten der Fall ist, da der Auftraggeber,  noch eventuell Veränderungen vornehmen will.

V-Modell beim IT-Projekt

Das V-Modell, als erweiterte Version der sequentiellen Modelle, integriert in den Entwicklungsprozess das Element der Qualitätssicherung. Dabei leitet sich der Name des Modells aus den zwei zusätzlich eingebrachten Elementen Verifikation und Validation ab, die Bestandteile der Qualitätssicherung sind. Dazu werden, die am Ende einer Phase stehenden Ergebnisse mit den zuvor bekannten Spezifikationen abgeglichen (Verifikation) und die Fähigkeit des entwickelten Produkts, zur Erfüllung des geforderten Zwecks geprüft (Validation).

Pro:

Dieses Modell hat eine ähnlich simple und damit einfach verständliche Regelung des Entwicklungsprozesses, wie das sequentielle Modell. Zudem kann das Modell sehr detailreich ausgestattet werden. Dabei berücksichtigt es zudem die Möglichkeit der Qualitätssicherung und erlaubt somit nachträglich, zumindest kleine, Anpassungen vorzunehmen.

Contra:

Ähnlich wie beim sequentiellen Modell fehlt es jedoch an  der Einbindung der Auftragsgeber, die zudem recht umfangreiche Spezifikationen angeben müssen, um die Qualitätssicherungen im Rahmen der Verifikation möglichst gut auszugestallten. Des Weiteren sind der planungstechnische Aufwand und auch der bürokratische weit höher, da die Ergebnisse zur nachträglichen Qualitätsüberprüfung genau dokumentiert werden müssen.

 

Iterative Vorgehensmodelle beim IT-Projektmanagement

Anders als bei den vorherigen Modellen, wird bei den iterativen Modellen von Beginn an von einem unvollständigen Anforderungsbild ausgegangen und mithin die nachträgliche Veränderung und Verbesserung des Produktes, über das wiederholte Durchlaufen der Phasen, wobei diese Bezeichnung auf Grund der Wiederholung eher nicht genutzt wird, mit eingeplant. Das iterative Vorgehen bildet dabei die Grundlage für zwei weitere Modelltypen, die inkrementellen und die evolutionären Modelle.

Dabei bedeutet ein inkrementelles Vorgehen, dass zu aller erst ein zentraler Produktkern entwickelt wird, der den Grundbaustein für das Endprodukt bildet. Da, wie oben bereits erwähnt, entsprechend des iterativen Vorgehens, zu Beginn nicht von einer abschließenden Formulierung der geforderten Spezifikationen ausgegangen wird, wird bei diesem Modell, ausgehend vom Kern, in die nun nach und nach näher spezifizierten Richtungen weiter entwickelt. So entsteht aus dem Kern heraus das Endprodukt.

Das evolutionäre Modell geht im Ausgangpunkt von der ersten Version des Produktes aus, eine Art Prototyp. Lerneffekte, die aus der Auswertung der Ergebnisse der ersten Version gewonnen werden, fließen in die weitere Produktentwicklung ein.

Pro:

Vorteilhaft an dieser Art von Projektmanagement ist vor allem die Kundeneinbindung in den Produktionsprozess. Zudem ist das Projekt, dank der vielen kleinen Schritte, gut überschaubar in seinem Entwicklungsprozess. Zudem könnte, durch die Berücksichtigung vorheriger Ergebnisse im Rahmen der evolutionären Vorgehendmethode, die Fehlerzahl reduziert werden. Dasselbe gilt auch für die inkrementelle Methode, bei der nach jedem Inkrement, also Produktionsschritt, wieder eine Fehleranalyse möglich ist. Zuletzt ist auch die Unterteilung in Zwischenergebnisse insoweit vorteilhaft, als das es möglich wird eine Verspätung des Projektes vorherzusehen.

Auf Grund der Ähnlichkeiten der beiden Modelle, also dem evolutionären und dem inkrementellen, sind die Vorteile recht identisch.

Contra:

Nachteilig an der inkrementellen Methode ist, dass mögliche Fehler im Produktkern einen Neubeginn der kompletten Arbeit nötig machen können.

In der evolutionären Methode besteht die Gefahr, dass die Ausgangsversion des Projekts an den entscheidenden Stellen nicht so umgestaltungsfähig ist, wie bei der Entwicklung erhofft wurde.

Spiralmodell im IT-Projekt

Das Spiralmodell basiert, wie der Name nahe legt, auf einer Spirale, die in vier Quadranten, mit unterschiedlicher Themensetzung, unterteilt wird. Thema des ersten Quadranten ist die Feststellung der angestrebten Ziele des Projekts, sowie möglicher Alternativen. Die Bewertung der Risiken dieses vorangestellten Umrisses wird im zweiten Quadranten vorgenommen. Im dritten Quadranten geht es um die Implementierung des jeweiligen Entwicklungsschrittes. Der letzte Quadrant ist zukunftsgewandt und befasst sich bereits mit der Planung der nächsten Stufe des Entwicklungsprozesses. Am Ende des vierten Quadranten, also am Ende eines Zyklus, steht die nächste Version des Produkts, das dann weiterentwickelt wird.

Absicherung erfolgt innerhalb dieses Vorgehensmodells durch Risikoabschätzungen am Ende des Zyklus, sowie durch die Sichtung der Entwicklungsergebnisse innerhalb dieses Zyklus.

Pro:

Durch ein Fortführen der Spirale ist das permanente Weiterentwickeln von Teilprodukten möglich, nachträglich gestellte Anforderungen können so in den Entwicklungsprozess mit einfließen. Zudem sorgt die Überprüfung am Ende jedes Zyklus für eine Risikoreduzierung, da das Produkt häufiger Überprüfungen unterliegt.

Contra:

Durch die am Ende eines Zyklus erneut erforderliche Planung für den nächsten Zyklus ist der Managementaufwand verhältnismäßig hoch. Für kleinere oder mittlere Projekte eignet sich dieses Modell, als Folge des Aufwands, weniger.

 

Konkrete Modelle für IT-Projekte

Neben den oben genannten allgemeinen Modellen existieren auch die sog. Konkreten Modelle, die versuchen durch die Verbindung verschiedener allgemeiner Modelle, deren Nachteile auszugleichen. Die Möglichkeiten an Variationen sind dabei recht umfangreich. Einige dieser konkreten Modelle können heute wohl als eine Art Standartvorgehensmodell angesehen werden, auf Grund der häufigen Verwendung.

Im Nachfolgenden werden einige Standartmodelle für konkrete Vorgehensmethoden benannt. Diese dienen jedoch nur einem kurzen Überblick über verschiedene Möglichkeiten. Die tatsächlich angewandten Modelle sind komplexer als hier beschrieben.

V-Modell XT

Zum einen gibt es das sog. V-Modell XT. Dieses Modell ist stark ergebnisorientiert und hoch detailreich in der Ausgestaltung der Planung. Positiver Effekt der umfangreichen Planung ist ein gewisses Maß an Qualitätssicherung, sowie eine bessere Möglichkeit der Feststellung der benötigten Zeit. Eine freie Zugänglichkeit zum derzeitigen Stand des Projektes wird dem Auftraggeber ebenfalls ermöglicht.

Prince2

Prince2 ist die Abkürzung für „PRojects IN Controlled Environments“, wobei die 2 darauf hinweist, dass es sich um die 2. Version dieses Projekts handelt.

Diese Art des Projektmanagements ist des Weiteren nicht nur in der IT-Branche im Einsatz, sondern auch im Projektmanagement anderer Wirtschaftsbereiche. Dabei teilt diese Art eines Vorgehensmodells den gesamten Projektablauf in acht Prozesse mit dazu gehörigen Subprozessen, sowie acht Komponenten und drei Techniken auf. Dabei umfasst der Begriff der Komponenten die wichtigsten Elemente des Projektmanagements, wie Risikomanagement, Änderungssteuerung oder Organisation. Die Techniken befassen sich mit den, für das Projekt maßgeblichen, Prozeduren und Verfahren. Das Vorgehen in den jeweiligen Projekten wird innerhalb der Prozessmodelle erläutert. Die Kontrolle über Qualität und Fortschritt wird durch Überprüfungen, nach Abschluss einer bestimmten, zuvor festgelegten Etappe, gewährleistet.

PMBoK

Das Modell „Projekt-Management Body of Knowledge” (kurz: PMBoK).

In diesem wissensbasierten Vorgehensmodell wird damit begonnen für die Entwicklung benötigten Begriffsdefinitionen festzulegen, um die Kommunikation zwischen den beteiligten Personen zu optimieren. Diese Art des Vorgehens ist vor allem prozessorientiert, also auf den eigentlichen Entwicklungsprozess. Die einzelnen Entwicklungsprozesse, von denen es in der Regel 44 gibt, werden dabei einer von fünf speziellen Prozessgruppen, sowie einem bestimmten Wissensgebiet, zugeordnet.

 

Fazit für das IT-Recht

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten bei der Entwicklung von IT-Projekten vorzugehen. Vorgehensmodelle haben unterschiedliche Vorteile und Nachteile, die sich auch je nach Projekt unterscheiden können. So gibt es zwar standardmäßig angewandte und gut etablierte Modelle, allerdings existiert, aus unserer Sicht, nicht „das“ beste Modell. Es ist insoweit vom jeweiligen Einzelfall abhängig, welche Vorteile man bevorzugt und welche Nachteile man eher vermeiden will. Die Wahl des passenden Modells ist in der Regel in der Vertragsgestaltung des IT-Rechtes schließlich zu berücksichtigen.

 

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