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Eines der wichtigsten Instrumente gegen unerwünschte eMails ist der § 7 II Nr.3 UWG. Diese Vorschrift aus dem Wettbewerbsrecht bezeichnet die unzumutbare Belästigung und dient als Anspruchsgrundlage gegen unerwünschte eMails.
Einer der wichtigsten Tatbestandsmerkmale des § 7 II Nr.3 UWG ist das der ausdrücklichen Einwilligung. Dieses liegt vor, wenn der Empfänger einer eMail ausdrücklich oder konkludent in den Empfang eingewilligt hat.
Dies muss durch ausdrückliche Einwilligung geschehen, andernfalls genügt ein außerordentliches Interesse am Erhalt der Mail als konkludente Einwilligung. Letzterem Punkt sind jedoch sehr enge Grenzen gesetzt.
Keine ausdrückliche Einwilligung kann in einer Erklärung liegen, die mit einer anderen Erklärung gekoppelt ist. Dieses Verfahren wird Opt-Out-Verfahren genannt. Darunter fällt in der Regel eine Kontaktaufnahme durch den Kunden, ein Gewinnspiel, oder ähnliches.
In der Regel wird eine Erklärung, etwa zum Erhalt von Newslettern, mit der Angabe der eMail-Adresse in einem bestimmten Feld getätigt. In der Rechtsprechung kam alsbald die Frage auf, ob diese Erklärung alleine, dazu ausreichen solle, um den Versand von Werbemails an die eMail-Adresse zu legitimieren.
Im Vordergrund dieser Überlegungen stand vor Allem, dass eine solche „Einfach-Opt-In“ genannte Lösung sehr mißbrauchanfällig sei. Deswegen schlug sich der BGH dazu durch die „Doppel-Opt-In“-Lösung als derzeit bestmögliche Variante zu etablieren. Hierbei wird nach der Eintragung der eMail-Adresse eine Bestätigungsmail an den Empfänger versendet. Dadurch soll Missbrauch verhindert werden, der tatsächliche Nutzer der eMail-Adresse muss um einem Newsletter zustimmen zu können noch einen weiteren Schritt übernehmen, damit diese versendet werden darf.
Der BGH erwähnt eher beiläufig, dass das Double-Opt-In-Verfahren geeignet sei (dabei unterließ er unserer Sicht nach zu erwähnen, dass es keine anderen geeigneteren Verfahren gibt):
Das Double-opt-in-Verfahren sei zwar durchaus geeignet, Darlegung und Nachweis einer Einwilligung in den Empfang von Werbemails zu erleichtern. BGH , Urt. v. 10. 2. 2011 − I ZR 164/09
Jedoch erlegt der BGH dem Werbenden auch die Beweispflicht auf, wodurch für ihn folgt:
Für den Nachweis des Einverständnisses ist es erforderlich, dass der Werbende die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Verbrauchers vollständig dokumentiert, was im Fall einer elektronisch übermittelten Einverständniserklärung deren Speicherung und die jederzeitige Möglichkeit eines Ausdrucks voraussetzt. BGH , Urt. v. 10. 2. 2011 − I ZR 164/09
Das einzige Gericht, dass sich gegen diese Rechtsprechung stellte, war das OLG München, dass in einer Bestätigungsmail, welche nach der Eintragung in einen Newsletter versendet wurde, bereits eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 II Nr.3 UWG gesehen hat.
Auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-opt-in-Verfahren aufgefordert wird, fällt als Werbung unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. OLG München, Urteil vom 27.9.2012 - 29 U 1682/12 (LG München I)(MMR 2013, 38, beck-online)
Die herrschende Meinung stellt sich aber gegen diese Annahme.
Jedoch hält das Wettbewerbsrecht mit dem §7 III UWG noch einen Ausnahmetatbestand vom § 7 II Nr.3 UWG bereit. In § 7 III Nr.1-4 UWG sind die Voraussetzungen für einen Fall festgeschrieben, indem es keiner Einwilligung bedarf und trotzdem keine Unzumutbare Belästigung vorliegt. Die Voraussetzungen dafür sind das ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung die eMail Adresse erhalten hat (1), der Unternehmer die Adresse für Direktwerbung für eigene ähnliche Waren, oder Dienstleistungen verwendet (2), der Kunde nicht widersprochen hat (3)und der Kunde bei Erhebung der Adresse du bei jeder Verwendung klar auf die kostenlose Widerrufsmöglichkeit der Verwendung der eMail-Adresse hingewiesen hat (4).
Schon der erste Punkt wirft interessante Fragen auf. So erfasst § 7 III Nr.1 UWG jeden Verkauf einer Ware, oder Dienstleistung. Der Begriff ist weit gefasst, gemeint ist jede Leistung. Demnach müsse die Ware, oder Dienstleistung durch eine Gegenleistung erlangt worden sein. So genüge etwa ein (den Regeln des BGB nach kostenloser) Auftrag gemäß § 662 BGB nicht den Anforderungen eines Verkaufs, das Pendant mit Gegenleistung, die Geschäftsführung gemäß § 675 BGB dagegen schon. Weiteres Beispiel wäre die kostenlose Leihe, welche nicht genügt, im Vergleich zur Miete.
Gemäß des zweiten Tatbestandsmerkmals, dem § 7 III Nr. 2 UWG darf die Adresse nur für Direktwerbung eigener ähnlicher Waren, oder Dienstleistungen verwendet werden. Demnach müsse die Werbung sich unbedingt auf ähnliche Waren, oder Dienstleistungen beziehen, und zwar ähnlich der Ware, oder Dienstleistung die verkauft wurde. Wie ähnlich sich die Waren sein müssen, dazu hat das OLG Jena in Bezug auf Holzkitt wie folgt entschieden:
Durch sie (die Newsletter Anm. d. Verfassers) werden (auch) ganz anderen Waren aus einem ganz anderen Verwendungsbereich beworben. Dass diese zwar alle in einem stationären Handwerkermarkt käuflich zu erwerben wären, macht sie nicht zu dem erworbenen Holzkitt ähnlichen Waren im Rechtssinne. Auch trifft die Auffassung der Verfügungsbekl. nicht zu, dass neben ähnlichen Waren in einem durch elektronische Post versandten Newsletter dann auch noch weitere Produkte beworben werden dürften. Vielmehr darf sich die Direktwerbung durch elektronische Post nur auf ähnliche Waren beziehen, wenn ein ausdrückliches, vorheriges Einverständnis mit dem Bezug des Newsletter nicht vorliegt. (OLG Jena, Urteil vom 21.4.2010 - 2 U 88/10)
Somit wird wohl einzeln entschieden werden müssen, wann eine Ähnlichkeit vorliegt, weil der Rahmen hierfür recht eng gesteckt wurde. So darf ein Händler nicht für Waren aus seinem gesamten Sortiment Werbung machen.
Des Weiteren dürfte kein Widerruf vorliegen. Ein solcher kann jederzeit von dem Empfänger ausgesprochen werden. Die eMails dürften demnach bis zur Erklärung eines solchen Widerrufs jedoch versendet werden, wenn die anderen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.
Jedoch müsse ebenfalls nicht zwangsläufig eine Einwilligung vorliegen, nur weil nicht widersprochen wurde. Das Tatbestandsmerkmal „kein Widerruf“ beziehe sich nur auf die Ausnahme des § 7 III UWG, nach dem eben keine Einwilligung vorliegen muss, wenn alle vier Punkte erfüllt sind.
Die Werbung gemäß § 7 III UWG muss auch einen Hinweis auf die kostenlose Widerrufsmöglichkeit darbieten. Hierbei ist von besonderer Relevanz, dass die Möglichkeit ausdrücklich vorgeschrieben wird.
Aus Verfassersicht ist der § 7 II S.3 UWG und seine Ausnahme § 7 III UWG ein scharfes und durchdachtes Messer gegen den unerwünschten Versand von Werbemails. Zum einen verbietet der § 7 II S.3 UWG zunächst alle unerwünschten Mails, um mit § 7 III UWG einem Verkäufer die Möglichkeit zu geben marktspezifische Werbung auf das spezielle Produkt und den Kunden zu gewähren, solange dieser nicht widerspricht. Die engen Voraussetzungen § 7 III UWG sind aus unserer Sicht notwendig um nicht einen Umgehungstatbestand für den § 7 II S.3 UWG zu schaffen.
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