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Markenrecht: Rechtsverletzung bei Nutzung von Google Ads

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

veröffentlicht am 10. September 2021 um 10:32
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Das sogenannte „Keyword-Advertising“ im Rahmen einer Google-AdWords Werbung kann, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH), grundsätzlich zulässig sein. Es gibt jedoch bei der Einpflegung von Keywords einiges zu beachten. Unter gewissen Umständen kann die Verwendung von Unternehmenskennzeichen oder einer fremden Marke als Keyword eine Rechtsverletzung darstellen.

Was ist „Keyword-Advertising“ und die Platzhalter-Funktion?

Das „Keyword-Advertising“ ist ein Teilbereich des Suchmaschinenmarketing (SEM). Genauer gesagt handelt es sich beim „Keyword-Advertising“ um eine Bezeichnung der Anzeigenwerbung bei einem Suchergebnis innerhalb einer Suchmaschine. Eines der beliebtestes SEM-Systeme ist Google Ads (früher auch Google AdWords) des amerikanischen Unternehmens Google LLC.

Der Nutzer eines SEM-Systems bestimmt welche Keywords (Schlüsselwörter) eingepflegt werden. Sollte nun jemand das jeweilige Keyword in einer Suchmaschine eingeben, generiert das SEM-System eine Werbeanzeige des Werbetreibenden. Nutzer eines SEM-Systems können selbst definieren welche Keywords sie verwenden wollen oder Anzeigen buchen bzw. Gebote auf bestimmte Keywords abgeben.

Besonders interessant ist auch die Keyword-Platzhalterfunktion („Dynamic Keyword Insertion“), welche auch von Google Ads angeboten wird. Keyword-Platzhalter stellen eine erweiterte Funktion dar, bei der Keywords automatisch von einem Algorithmus in die Werbeanzeige implementiert werden.

Vorteil für den Werbetreibenden ist, dass er nicht für jedes Keyword eine eigene Anzeigegruppe erstellen muss. Zu beachten ist jedoch, dass der Werbetreibende auch die Platzhalterfunktion mit Keywords füllen muss.

Sowohl das „Keyword-Advertising“ als auch die Platzhalterfunktion enthalten juristische Fallstricke, über die Sie

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 stolpern können. Vor allem weil die Möglichkeit besteht, die Marke der Konkurrenz als Keyword zu nutzen. Daher gilt es die Vorgaben der Rechtsprechung zu beachten, um eine Markenrechtsverletzung auszuschließen.

EuGH: Wann liegt eine Markenrechtsverletzung bei Nutzung von AdWords-Anzeigen vor?

Nach den grundlegenden Entscheidungen des EuGH (Urteil vom 23. 3. 2010 - C-236/08 bis C-238/08) ist für die Beantwortung der Frage vor allem entscheiden, ob eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion vorliegt.

Die Herkunftsfunktion gewährleistet dem Abnehmer die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung vom jeweiligen Markeninhaber. Nach der Auffassung des EuGH ist diese Beeinträchtigt, wenn folgende Umstände vorliegen:

„Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Ob es diese Funktion der Marke beeinträchtigt, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten, z.B. eines Mitbewerbers des Inhabers der Marke, gezeigt wird, hängt insbesondere davon ab, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen (vgl. in diesem Sinne Urt. „Céline”, Rdnr. 27 und die dort angeführte Rspr.)“. (GRUR 2010, 445, Hervorhebungen nicht im Original)

Dem ist zu entnehmen, dass es für eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion genügt, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksam Internetnutzer nicht unterscheiden kann, von wem die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen nun stammen. Entscheiden ist die Gestaltung der Anzeige selbst.

BGH: Bei Nutzung einer fremden Marke als Keyword ist die Gestaltung der Werbeanzeige entscheidend

Der BGH setzt die Rechtsprechung des EuGH um und stellt in seinen Entscheidungen fest, für den durchschnittlichen Internetnutzer sei es grundsätzlich klar erkennbar, dass es sich bei Ad-Words Anzeigen um bezahlte Werbung handelt.

„Ist für den Internetnutzer klar erkennbar, dass es sich bei den Adwords-Anzeigen nicht um reguläre Suchergebnisse, sondern um bezahlte Werbung handelt, kann in der Verwendung des Schlüsselworts nicht von vornherein eine markenmäßige Benutzung gesehen werden. Vielmehr kommt es auf die konkrete Gestaltung der Anzeige an. […] Es kommt nicht allein auf die vom Berufungsgericht als nicht entscheidungserheblich angesehene räumliche Trennung der Adwords-Anzeige von der Trefferliste an. Eine Absetzung von den Suchergebnissen kann auch mit grafischen oder farblichen Mitteln sowie mit der ausdrücklichen Kennzeichnung als „Anzeige” erreicht werden, sofern für den Durchschnittsverbraucher hinreichend deutlich wird, dass es sich um eine Werbeanzeige handelt“. (BGH, Urteil vom 13.1.2011 - I ZR 46/08; MMR 2011, 608, Hervorhebungen nicht im Original)

In einer weiteren Entscheidung macht der BGH dann deutlich fest, unter welchen Umständen AdWords-Anzeigen, bei denen eine fremde Marke als Keyword hinterlegt ist, zulässig sind:

„Nach der Rechtsprechung des BGH liegt nach diesen Grundsätzen keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion der Marke vor, wenn die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält. (BGH, Urt. v. 13. 12. 2012 – I ZR 217/10; GRUR 2013, 290, Hervorhebungen nicht im Original)

Benutzt ein Werbetreibender eine fremde Marke als Keyword, ist für die Zulässigkeit seiner AdWords-Anzeigen wichtig, dass diese beim Auftauchen in der jeweiligen Suchmaschine keinerlei Hinweise auf den eigentlichen Markeninhaber, die Marke selbst oder von der Marke angebotene Produkte enthält.

OLG Schleswig: Vorsicht bei Nutzung der Keyword-Platzhalterfunktion

Besondere Vorsicht ist bei der Nutzung von der Keyword-Platzhalterfunktion geboten. Nach der Auffassung des OLG Schleswig kann der Werbetreibende auch als Verletzer im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG angesehen werden, wenn er sich die Platzhalterfunktion zu Nutze macht und innerhalb der Platzhalterfunktion ein fremdes Unternehmenskennzeichen als Keyword benutzt.

Verletzer einer Unterlassungspflicht ist lediglich derjenige, der durch seine eigene Handlung unmittelbar als Normadressat den objektiven Tatbestand der Verletzungshandlung adäquat kausal verwirklicht. Diese Voraussetzungen wären lediglich erfüllt, wenn die Bekl. tatsächlich das Unternehmenskennzeichen oder einen ähnlichen Begriff als Keyword verwendet hätten. […] Die Verwendung von Keywords, die mit der geschäftlichen Bezeichnung eines Dritten weder identisch noch derart ähnlich sind, dass der Werbende damit rechnen muss, dass der Algorithmus eine Verbindung zu dem fremden Kennzeichen herstellt, kann jedoch nicht als adäquat kausale Verletzungshandlung qualifiziert werden, wenn nicht feststellbar ist, dass dem Werbenden ein zu Grunde liegender Suchalgorithmus von Google bekannt ist und er diese Kenntnis gezielt einsetzt. (OLG Schleswig, Urteil vom 22.3.2017 – 6 U 29/15; MMR 2017, 480, Hervorhebungen nicht im Original)

Fazit: Überprüfen Sie Ihre AdWords-Anzeigen und schließen Sie fremde Marken als „Negative Keywords“ aus
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Bei der Nutzung fremder Marken als Keywords im Rahmen einer AdWords-Anzeige ist Vorsicht geboten. Für Werbetreibende empfiehlt es sich, die Werbeanzeigen ausführlich zu prüfen, bevor diese online geschaltet werden. Bei Nutzung der Platzhalterfunktion sollten sowohl die fremde Marke als auch der fremden Marke sehr ähnliche Begriffe als „Negative Keywords“ ausgeschlossen werden, damit diese nicht automatisch in einer Anzeige generiert werden.

Beachten Sie vor allem auch, dass bei Inanspruchnahme von Werbeagenturen oder der Platzhalterfunktion, neben der Verletzerhaftung, auch die Störerhaftung ab Kenntnis der Tatsachen in Betracht kommen.

Oftmals wird hier auf den Zugang der Abmahnung abgestellt. (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. V. 19.3.2020 – 6 U 240/19)

Sollten Sie sich nicht sicher sein, ob Ihre Anzeige die Voraussetzungen der Rechtsprechung erfüllt, oder haben Sie eine Abmahnung wegen einer Markenrechtsverletzung durch Schaltung einer AdWords-Anzeige bekommen, empfiehlt es sich einen auf das IT- und Markenrecht spezialisierten Anwalt zu kontaktieren.

Einen ausführlichen Ratgeber zur Verteidigung einer Abmahnung finden Sie hier.

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