Kostenlosen Ratgeber zur Verteidigung gegen
Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument
Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!
Ohne juristische Hilfe kann man oft nicht nachvollziehen, ob die Lage tatsächlich so schlimm ist, wie sie in dem Schreiben dargestellt wurde. Es fragt sich, wann bei solchen Drohkulissen die Grenze zur Strafbarkeit überschritten wird. Und darf sich ein Anwalt mehr oder weniger erlauben als ein normaler Briefeschreiber?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2013 zu diesem Thema eine Entscheidung gefällt, die 2014 auch in Fachzeitschriften veröffentlicht wurde (BGH, Beschluss vom 05.09.2013, Aktenzeichen (Az.) 1 StR 162/13, NJW 2014, Seite 401-406). Dabei bezog sich der Bundesgerichtshof unter anderem darauf, dass ein Rechtsanwalt nicht irgendeinen Beruf habe, sondern (ähnlich wie ein Richter oder Staatsanwalt auch) ein „Organ der Rechtspflege“ sei. Der Anwalt habe diese hervorgehobene Position gegenüber einem nicht rechtlich Vorgebildeten eingesetzt. Da er dies tat, um in den Briefen Druck aufzubauen, spreche dies gerade für eine Strafbarkeit:
"Vielmehr hat der Angeklagte es Ö. ermöglicht, seine Berufsbezeichnung als Anwalt einzusetzen, um dadurch generell die Position der Adressaten als faktisch aussichtslos erscheinen zu lassen. Letztlich sollten auf diese Weise juristische Laien durch die Autorität eines Organs der Rechtspflege zur Hinnahme der nur scheinbar vom Angeklagten stammenden Wertungen veranlasst werden.“(BGH, Beschluss vom 05.09.2013, Az. 1 StR 162/13, auf bundesgerichtshof.de, Textziffer (Tz.) 69, Hervorhebungen nicht im Original)
Der Bundesgerichtshof entschied in diesem Fall nicht durch Urteil, sondern lehnte die Revision durch bloßen Beschluss ab. Denn der BGH sah es als eindeutig gegeben an, dass der Rechtsanwalt sich wegen (mindestens versuchter) Nötigung (§ 240 StGB, §§ 22, 23 StGB) strafbar gemacht hatte. Dabei deutete das höchste Strafgericht Deutschlands an, dass auch eine Verurteilung wegen vollendeter Nötigung möglich gewesen wäre:
„Es beschwert den Angeklagten nicht, dass er lediglich wegen versuchter Nötigungverurteilt wurde. [...]" (BGH, Beschluss vom 05.09.2013, Az. 1 StR 162/13, Tz. 72, Hervorhebungen nicht im Original)
Da aber das Landgericht Essen zuvor nur wegen versuchter Nötigung verurteilt hatte und nicht wegen vollendeter Nötigung und nur der Angeklagte gegen das Urteil vorging, durfte der BGH die Verurteilung nicht verschärfen.
Die Forderungen, um die es in den Mahnungen ging, bestanden in Wahrheit nicht, sondern beruhten auf Betrug. Dem angeklagten Anwalt war es aber nicht nachzuweisen, dass er dies wusste. Sonst wäre vermutlich auch eine Verurteilung wegen Erpressung und wegen (Beihilfe zum) Betrug möglich gewesen. Von einem möglichen Widerrufsrecht ging der Angeklage aber auch nach dem gerichtlichen Sachverhalt aus.
Die Dinge, mit denen der Rechtsanwalt drohte, waren zum Beispiel eine Verurteilung von einem Zivilgericht, Pfändungen von Konto oder Gehalt, negative Einträge bei Kreditauskunfsunternehmen (also solchen wie die SCHUFA) und eine Strafanzeige wegen Betrugs. In einigen Fällen hat er auch gedroht, dass öffentlich gemacht würde, dass die Angeschriebenen an Gewinnspielen „nicht jugendfreien Inhalts“ teilgenommen hätten, also wohl aus dem Erotikbereich.
Diese BGH-Entscheidung erging wohl zu einem besonders extremen Fall des Verhaltens eines Rechtsanwalts. Es zeigt jedoch auch, dass man nicht immer alles hinnehmen muss, was ein gegnerischer Anwalt schreibt. Stattdessen sollte man sich in solchen Fällen lieber einen eigenen Anwalt nehmen welcher beispielsweise seinen Schwerpunkt im Wirtschaftsstrafrecht hat. Der eigene Anwalt kann dann nicht nur prüfen, ob die angeblichen Forderungen aus gegnerischen Anwaltsschreiben tatsächlich bestehen. Außerdem kann der eigene Rechtsanwalt auch prüfen, ob der gegnerische Anwalt mit solchen Drohungen arbeiten darf, wie sie möglicherweise im Schreiben auftauchen.
In der AID24 Rechtsanwaltskanzlei liegen beispielsweise wegen unserer Tätigkeit im Bereich "Verteidigung gegen Abmahnungen" vorallem im Urheberrecht oder auch teilweise im Markenrecht manchmal Schreiben des Gegners vor, welche sich wahrscheinlich in einem wie oben genannten strafrechtlich relevanten Grenzbereich befinden.
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