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Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument
Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!
Es liegt ein Schreiben der Kanzlei CJCH Solicitors, einer britischen Kanzlei mit Sitz in Cardiff, vor. Darin wird als Mandantin die Dassault Système SolidWorks Corporation (Hauptsitz in Massachusetts, USA) angegeben. Die Mandantin sei Inhaberin der Urheberrechten an der Software SOLIDWORKS, bei welcher es sich um eine Original-Software handle, deren gewerbliche Schutzrechte unbeschränkt der Mandantin zustünden.
Die Mandantin habe festgestellt, dass das angeschriebene Unternehmen die Software verwende, ohne die notwendigen Lizenzen erworben zu haben, da die Verwendung ohne die Genehmigung der Mandantin oder eines von ihr autorisierten Vertriebspartners erfolge.
Dies stelle eine Verletzung der Urheberrechte der Mandantin dar, der daher ein Schadensersatzanspruch gemäß § 97 UrhG sowie ein Auskunftsanspruch zwecks Schadensberechnung gemäß § 101 UrhG zustehe. Die Mandantin erkläre sich jedoch mit Rechnungslegung über den erzielten Gewinn des Verletzers und Kostenerstattung einverstanden.
Es wird angeboten, zur besseren Beurteilung des Verdachts könnten weitere Details des Verdachts mitgeteilt werden. Es folgt eine Bitte um Stellungnahme unter Fristsetzung. Abschließend wird betont, die Mandantin sei sich der besonderen Herausforderungen aufgrund der Pandemiesituation bewusst und betone, besonders im gegenwärtigen wirtschaftlichen Klima an einer gütlichen Lösung interessiert zu sein.
Es werde angestrebt, durch Vereinbarung und Zusammenarbeit eine Nachlizensierung zu erreichen. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Mandantin zwischenzeitlich durch einen „Compliance-Team Mediator“ kontaktiert werde, um das „Problem zu lösen“. Ein nicht weiter vereinbarter Kauf der Software werde jedoch nicht als Regulierung der unautorisierten Nutzung angesehen.
Eine Software ist ein Computerprogramm im Sinne des § 2 I Nr.1 UrhG und fällt somit unter den „Werkbegriff“ des UrhG – ist also urheberrechtlich geschützt. Der rechtmäßige Gebrauch einer solchen Software setzt voraus, dass ein Nutzungsrecht im Sinne des § 31 UrhG eingeräumt wurde. Gemäß §§ 34, 35 UrhG besteht die Möglichkeit der sogenannten Unterlizenzierung, wobei ein Hauptlizenznehmer also seine vom Urheber abgeleiteten Nutzungsrechte an ein weiteres Unternehmen weiterlizenziert. In der Praxis entstehen so häufig Lizenzketten.
Der „Endnutzer“ muss also das Recht zur Nutzung der Software durch Abschluss eines sogenannten „Lizenzvertrages“ erwerben. Abhängig davon, ob das Softwareprogramm durch einmalige Zahlung auf Dauer überlassen wird oder Überlassung auf Zeit gegen wiederkehrende Zahlung erfolgt, handelt es sich dabei um Kauf oder Miete. Wird eine Software ohne entsprechende Lizenzierung genutzt, kommen gegen den Nutzer urheberrechtliche Ansprüche in Betracht. In erster Linie droht eine Inanspruchnahme aus § 97 UrhG, insbesondere auf Schadensersatz gemäß § 97 II UrhG.
Bei Schreiben von Kanzleien, in welchen auf (vermeintliche) Urheberrechtsverstöße hingewiesen wird, handelt es sich häufig um Abmahnungen. Abmahnungen haben, wie auch (jedenfalls vorgeblich) das hier vorliegende Schreiben, das Ziel, eine rechtliche Auseinandersetzung ohne Gerichtsverfahren zu lösen. Davon erhofft man sich eine Zeit- und Kostenersparnis.
Voraussetzung für das Vorliegen einer Abmahnung ist jedoch, dass der Abmahner konkret geltend macht, wodurch er einen Schaden in welcher Höhe erlitten habe. Charakteristischerweise wird der Adressat zudem zur Abgabe einer (strafbewehrten) Unterlassungserklärung aufgefordert. Daran fehlt es hier. Es liegt also keine „echte“ Abmahnung vor.
Das bedeutet jedoch nicht, dass das vorliegende Schreiben auf die leichte Schulter genommen werden kann. Eine kurze Internetrecherche zeigt bereits auf, dass auch andere Kanzleien regelmäßig von Mandanten kontaktiert werden, die vergleichbare Schreiben von CJCH Solicitors im Namen der Dassault Système SolidWorks Corporation erhalten haben.
Es ist davon auszugehen, dass Schreiben wie das Vorliegende – dem auffallend freundlichen Ton zum Trotz – der Vorbereitung der Geltendmachung von finanziellen Ansprüchen in erheblicher Höhe („Nachlizenzierung“) dienen. Folglich sollten sich Empfänger solcher Schreiben nicht täuschen lassen und keinesfalls leichtfertig Informationen preisgeben. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, einen auf IT- und Urheberrecht spezialisierten Anwalt zu kontaktieren.
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