Softwarerecht: Siemens Industry Software GmbH wegen unlizenzierter Nutzung der Software "NX-12"

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Inhalt des Schreibens der Siemens Industry Software GmbH wegen angeblich unlizenzierter Nutzung der Software „Siemens NX“

Es liegt ein Schreiben der Siemens Industry GmbH ("SISW") vor, hiernach soll eine Lizenzverletzung vorliegen, in welchem sich das angeschriebene Unternehmen schuldigt gemacht haben soll. Die Siemens Industry Software GmbH gibt in ihrem Schreiben an, dass sie für die Sicherstellung der Verwendung von Siemens-Software in Übereinstimmung mit den für die Siemens-Software geltenden Lizenzbedingungen, sowie lokalem und internationalem Urheberrecht, zuständig sei. Dabei handelt es sich um ein Folgeschreiben der SISW auf die E-Mail des angeschriebenen Unternehmens, in welchem entnommen werden könne, dass eine angebliche Raubkopie der SISW sowohl installiert als auch verwendet wurde. Diese wurde vom angeschriebenen Unternehmen identifiziert und gelöscht, so im vorherigen Schreiben des Unternehmens. Es könne keine weitere Nutzung der unlizenzierten Software festgestellt werden. Der alleinige Besitz einer unlizenzierten Software soll nach dem Schreiben jedoch bereits als Straftat gelten.

Die SISW zieht es vor, diese Angelegenheit einvernehmlich und außergerichtlich in einem nicht öffentlichen Rahmen zu klären. Die Basis des Angebots der SISW errechnet sich aus dem Wert der Raubkopie zzgl. Mwst. und 12 Monate Pflege und Support der Software zzgl. möglich anfallenden Steuern. Es wird eine Frist gesetzt bis wann das Angebot der SISW für das angeschriebene Unternehmen bestehen bleibt und ein Kontakt ermöglicht, falls Rückfragen bestehen sollten. Die kommerzielle Abwicklung der einvernehmlichen Einigung wird über einen geeigneten Siemens Vertriebskanal stattfinden. 

Urheberechtliche Einordnung des Schreibens Siemens Industry Software GmbH wegen unlizenzierter Nutzung der Software NX-12

Um Ansprüche aus dem Urheberrecht gelten machen zu können, muss ein Werk im Sinne des § 2 UrhG vorliegen. Eine Software kann ein urheberechtlich geschütztes Werk in Form eines Computerprogramms gem. §2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG darstellen. Bei einer Software mit Werkcharakter wird das Programm in seiner Gestalt gem. § 69a Abs. 1 UrhG geschützt. Damit eine Software rechtmäßig genutzt werden darf, muss eine Lizenzvereinbarung abgeschlossen werden. Durch den Abschluss einer Lizenzvereinbarung werden dem Nutzer die Nutzungsrechte im Sinne des § 31 UrhG eingeräumt. Die Nutzungsrechte können vom Lizenzgeber dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit überlassen werden und zwischen einfaches und ausschließliches Nutzungsrecht unterschieden. Während ein einfaches Nutzungsrecht mehreren Lizenznehmern eingeräumt werden kann, kann das ausschließliche Nutzungsrecht nur an einen Lizenznehmer übertragen werden. Wird eine Software ohne Erlaubnis des Rechteinhabers genutzt vervielfältigt oder verbreitet kann dies weitreichende Folgen haben. Hierbei werden die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 97 Abs. 2 UrhG in Betracht gezogen.

"Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht."

 

Es gibt unterschiedliche Arten, um den Schadensersatz zu berechnen. Zum einem wird der Schaden am entgangenen Gewinn bestimmt. Die Verwendung des Werkes ohne die Erlaubnis des Rechteinhabers führt zu verlorenen Einnahmen, für welche der Verletzer aufkommen muss, um so den Schaden des Rechtinhabers zu minimieren. Zum anderen kann der Schaden mittles einer Lizenzanalogie bestimmt werden. Mit Hilfe der Lizenzanalogie kann der entstandene Schaden durch die Rechtsverletzung ausgeglichen werden. Die Höhe des Schadensersatzes wird bei der Lizenzanalogie an Parametern wie den Lizenzgebühren bei gegebener Sachlage gemessen. Ein Lizenzvertrag kann nicht nachträglich abgeschlossen werden. Auch bleiben die Unterlassungsansprüche von einer Lizenzanalogie unberührt.

Unsere Einordnung des Schreibens Siemens Industry Software GmbH wegen unlizenzierter Nutzung der Software NX-12

Bei dem vorliegenden Schreiben der Siemens Industry Software GmbH wegen unlizenzierter Nutzung der Software NX-12 handelt es sich nicht um das Schreiben einer Kanzlei. Die Schreiben wurden von SISW an das Unternehmen aufgesetzt. Das Schreiben ist nicht als klassische Abmahnung einzuordnen, da zwar die Beseitigung der Urheberrechtsverletzung gefordert wird und die Höhe des Schadens konkret benannt wird, aber es wird nicht zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, da diese die Vermutung oder das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr voraussetzt.

„Die Wiederholungsgefahr war zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht entfallen. Die durch einen bereits begangenen Verstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.“ (BGH, Urteil vom 17. 7. 2008 - I ZR 219/05; GRUR 2008, 996, Hervorhebungen nicht im Original)

Recherchen ergeben, dass auch andere Kanzleien von Mandanten ähnliche Schreiben der SISW erhalten haben sollen. Von der SISW wird nach unserer Ansicht eine einvernehmliche Einigung bevorzugt und eine gerichtliche Auseinandersetzung soll vermieden werden. Vorwürfe in solchen Schreiben sollten genaustens ggf. mit anwaltlicher Hilfe überprüft und hinterfragt werden, ob ggf. zukünftige Lizenzgebühren angemessen sind oder geltend gemachter Schadensersatz angemessen ist. Unternehmen sollten nicht leichtfertig sämtlichen Forderungen nachkommen insbesondere nicht voreilig auf die eMails der SISW antworten um keine Schuldanerkenntnisse abzugeben. Im Zweifelsfall sollte ein Anwalt, welcher auf IT- und Urheberecht spezialisiert ist rechtzeitig zu Rate gezogen werden.

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