Kostenlosen Ratgeber zur Verteidigung gegen
Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument
Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!
Der AID24 Rechtsanwaltskanzlei liegt ein Schreiben der Siemens Industry Software GmbH („SISW“) vor. Deren Aufgabe sei die Einhaltung der Lizenzbedingung sowie des lokalem und internationalem Urheberrecht bei der Verwendung der Software zu überprüfen. Bei der Überprüfung sei der SISW aufgefallen, dass das angeschriebene Unternehmen eine SISW-Software unlizenziert auf einem Firmenrechner installiert und verwendet habe.
Dem Schreiben sind rechnerbeschreibende Informationen, wie der Client-Emaildomain, der Hostname, die MAC-Adressen, die Unlizenzierte Softwareanwendung und der Zeitpunkt des Beginns der unlizenzierten Nutzung beigefügt.
Durch die Rechnerdaten könne das angeschriebene Unternehmen den Rechner genau identifizieren und die unlizenzierte Nutzung nachvollziehen. Die SISW fordert das angeschriebene Unternehmen auf die unlizenzierte Software zu Löschen und die Löschung der SISW innerhalb einer Fristsetzung zu bestätigen.
Das angeschriebene Unternehmen sei der Aufforderung der SISW nachgekommen und hat die Festplatte, auf welcher die unlizenzierte Software installiert war, gelöscht. Der Löschvorgang sei von dem Unternehmen der SISW durch ein Telefonat und ein Schreiben bestätigt.
In einem weiteren Schreiben gibt die SISW an, dass bereits der Besitz einer unlizenzierten Software eine Straftat sei. Die SISW sei an einer einvernehmlichen und außergerichtlichen Klärung interessiert. Es wird dem angeschriebenen Unternehmen angeboten, für die Software eine Nachlizenzierung zu vereinbaren.
Die Nachlizenzierung errechnet sich durch den kommerziellen Kaufpreis der Software und dem Preis für 12 Monate Pflege und Support für die Software. Die SISW gibt an für alternative Konfigurationen der Nachlizenzierung offen zu sein, wenn das angeschriebene Unternehmen sich vor dem Ablauf der gesetzten Frist bei der SISW diesbezüglich melde.
Um Ansprüche aus dem Urheberrecht gelten machen zu können, muss ein Werk im Sinne des § 2 UrhG vorliegen. Eine Software kann ein urheberechtlich geschütztes Werk in Form eines Computerprogramms gem. §2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG darstellen. Bei einer Software mit Werkcharakter wird das Programm in seiner Gestalt gem. § 69a Abs. 1 UrhG geschützt. Damit eine Software rechtmäßig genutzt werden darf, muss eine Lizenzvereinbarung abgeschlossen werden. Durch den Abschluss einer Lizenzvereinbarung werden dem Nutzer Nutzungsrechte im Sinne des § 31 UrhG eingeräumt.
Die Nutzungsrechte können vom Lizenzgeber dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit überlassen werden. Bei den Nutzungsrechten in zudem zwischen einem einfachen und einem ausschließlichem Nutzungsrecht zu unterscheiden. Während ein einfaches Nutzungsrecht mehreren Lizenznehmern eingeräumt werden kann, kann das ausschließliche Nutzungsrecht nur an einen Lizenznehmer übertragen werden. Wird eine Software ohne Erlaubnis des Rechteinhabers genutzt vervielfältigt oder verbreitet kann dies weitreichende Folgen haben. Insbesondere die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 97 Abs. 2 UrhG kommen hierbei in Betracht.
Um den Schadensersatz zu bemessen gibt es unterschiedliche Arten der Berechnung. Zum einen kann der Schaden anhand des entgangenen Gewinns bestimmt werden. Durch die Verwendung des Werkes ohne die Erlaubnis, können dem Rechteinhaber Einnahmen verloren gehen. Für diese muss der Verletzer aufkommen, um so den Schaden für den Rechteinhaber zu minimieren. Zum anderen kann der Schaden mittels einer Lizenzanalogie bestimmt werden. Mit Hilfe einer Lizenzanalogie kann der durch die Rechtsverletzung entstandene Schaden ausgeglichen werden.
Bei Höhe des Schadensersatzes wird bei der Lizenzanalogie daran bemessen, welche Lizenzgebühren bei gegebener Sachlage fällig gewesen wären. Dies bedeutet nicht, dass eine Lizenzvertrag nachträglich abgeschlossen wird. Auch bleiben Unterlassungsansprüche von einer Lizenzanalogie unberührt.
Bei dem vorliegenden Schreiben der Siemens Industry Software GmbH wegen unlizenzierter Nutzung der Software NX-12 handelt es sich nicht um das Schreiben einer Kanzlei. Die Schreiben wurden von SISW an das Unternehmen aufgesetzt.
Das Schreiben ist nicht als „klassische“ Abmahnung einzuordnen, da zwar die Beseitigung der Urheberrechtsverletzung gefordert wird und die Höhe des Schadens konkret benannt wird, aber es wird nicht zur Abgabe einer (strafbewehrten) Unterlassungserklärung aufgefordert.
Eine kurze Recherche hat ergeben, dass auch andere Kanzleien von Mandanten sehr ähnliche Schreiben der SISW erhalten haben. Von der SISW wird nach unserer Ansicht eine einvernehmliche Einigung bevorzugt und eine gerichtliche Auseinandersetzung soll vermieden werden.
Die Vorwürfe in dem Schreiben sollten genau überprüft werden. Es sollte zu dem hinterfragt werden, ob ggf. zukünftige Lizenzgebühren angemessen sind bzw. geltend gemachter Schadenersatz angemessen ist. Unternehmen die solche Schreiben erhalten sollten nicht leichtfertig den Forderungen nachkommen. Im Zweifelsfall sollte ein Anwalt, welcher auf IT- und Urheberecht spezialisiert ist, zu Rate gezogen werden.
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