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Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 03.09.2014 (Az.: 1 BvR 3353/13) http://lexetius.com/2014,3251 festgestellt, dass ein Entzug des Doktorgrades wegen “ Unwürdigkeit” im Sinne des § 35 Abs. 7 LHG a.F nur möglich sei, wenn eine wissenschaftliche Verfehlung vorliege.
Der Beschwerdeführer war ein Physiker, der an der Universität Konstanz zum Doktor der Naturwissenschaften promovierte.
Im Mai 2002 setzte die Forschungseinrichtung eine Kommission ein, um Vorwürfe des wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu klären, die in der Fachöffentlichkeit unter Bezug auf Publikationen des Beschwerdeführers erhoben worden waren. Nach ihren Untersuchungen kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Originaldaten und verwendeten Proben seiner beschriebenen Experimente nicht systematisch archiviert habe. Außerdem gebe es zwingende Belege dafür, dass er Daten manipuliert und falsch dargestellt habe.
Der Promotionsausschuss der Universität Konstanz leitete daraufhin ein Verfahren zur Entziehung des Doktorgrades ein und entzog dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 55c Abs. 1 des Gesetzes über die Universitäten im Lande Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. Februar 2000 den Doktorgrad.
Nach Erschöpfung des Rechtsweges legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG vom 31.07.2013, Az.: 6 C 9/12) in der Vorinstanz führte aus, dass § 35 Abs. 7 LHG a.F kein Widerspruch zum verfassungsrechtlich geschützten Bestimmtheitsgrundsatz darstelle.
§ 35 Abs. 7 LHG a.F. sei auch mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Art. 5 GG http://dejure.org/gesetze/GG/5.html
Der Eingriff finde seine Rechtfertigung in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektiver Grundsatznorm, weil er der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses diene; wissenschaftlich Tätige, die auf Erkenntnissen anderer aufbauten, müssten darauf vertrauen können, dass diese nicht manipuliert seien.
Einschränkungen der Berufsfreiheit für Tätigkeiten im Wissenschaftsbetrieb durch die Entziehung des Doktorgrades seien ebenfalls gerechtfertigt, weil sie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses, einem überragend wichtigen und verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Gemeinschaftsgut, erforderlich und auch sonst verhältnismäßig seien. Faktische Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit außerhalb des Wissenschaftsbereichs müssten deshalb ebenfalls hingenommen werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich unserer Meinung nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen.
Die nachfolgenden Gründe werden nur beispielhaft genannt, vielmehr existieren wahrschinlich noch weitere Gründe für den Entzug eines Doktortietels.
Sollten sich in einer Doktorarbeit sogenannte Plagiate finden, kann ein akademischer Titel entzogen werden.
Der Begriff Plagiat meint die Anmaßung fremden geistigen Eigentums. http://de.wikipedia.org/wiki/Plagiat
Das Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit erfordert es, geistiges Eigentum Dritter nachprüfbar zu machen, in dem sämtliche wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken aus Quellen und Literatur als solche kenntlich gemacht werden. (VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2014 – 15 K 2271/13 )
Die Aberkennung unterliegt dabei unserer Ansicht nach auch keiner zeitlichen Grenze.
Eine nachträglich aufgedeckte Täuschung bei einer Dissertation kann auch dann noch sanktioniert werden, wenn die Täuschungshandlung bereits langfristig zurückliegt. (VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2014 – 15 K 2271/13) http://openjur.de/u/685638.html
Es kann unserer Ansicht auch eine Aberkennung eines akademischen Grades erfolgen, wenn in der Promotionsordnung eine Offenlegung von Straftaten gefordert ist und es zu einer Täuschung über Vorstrafen kam.
Die nach der Promotionsordnung geforderte Offenlegung von Vorstrafen als Zulassungsvoraussetzung steht mit den Bestimmungen des Sächsischen Hochschulgesetzes in Einklang. (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 28. Januar 2014 – 2 A 315/12 –, juris)
In den Zeiten des Nationalsozialismus war es wohl üblich, dass auch ein Entzug eines akademischen Grades bei Straftaten möglich war. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch klar, dass ein Entzug nur bei einem wissenschaftlichen Bezug möglich ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Unwürdigkeit ausschließlich wissenschaftsbezogen auszulegen ist, und eine Entziehung eines akademischen Titels etwa bei Verfehlungen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs nicht in Betracht komme. Das verstieße gegen das Bestimmtheitsgebot, weil damit für eine Entscheidung über die Unwürdigkeit Kriterien herangezogen werden würden - wie eine Enttäuschung traditioneller gesellschaftlicher Vorstellungen über den Doktorgrad -, die keine gesetzliche Grundlage haben. Zudem sind die Hochschulen zur Abgabe und Durchsetzung solcher außerhalb der Wissenschaft angesiedelter Werturteile nicht berufen. (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2014 – 1 BvR 3353/13 - juris)
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