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Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument
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Der Beklagte führte zu seiner Verteidigung in der Filesharingsache insbesondere aus, er hätte sich zu der Tatzeit auf einem Familienurlaub befunden. Sämtliche elektronische Geräte hätte er vor der Abreise zudem vom Stromnetz getrennt.
Der Kläger trage laut BGH in der Filesharingsache zunächst
„die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten erfüllt sind“. (BGH Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)
Dies sei im Grunde der Nachweis, dass der Beklagte für die Urheberrechtsverletzung als Täter in der Filesharingsache verantwortlich ist. Weiterhin spreche auch für eine Täterschaft des Beklagten, dass außer ihm keine andere Person den Internetzugang nutzen könne. Diese tatsächliche Vermutung in der Urheberrechtssache könne dadurch ausgeschlossen werden, dass der Internetzugang zur Tatzeit keine oder keine ausreichende Sicherung hatte oder bewusst anderen Personen eröffnet wurde. Sollte dies der Fall sein, träfe den Beklagten als Anschlussinhaber im Urheberrecht beim Filesharing allerdings eine sekundäre Beweislast.
„Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Bekl. seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Kl. als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Bekl. als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen." (BGHZ 200, 76 Rn. 15ff. = GRUR 2014, 657 – BearShare, mwN) (Hervorhebungen nicht im Original)
Ein solcher Vortrag des Beklagten erfolgte nach Ansicht des BGH in der Tauschbörsensache nicht. Das Berufungsgericht nahm an, dass zum Verletzungszeitpunkt keine andere Person Zugriff auf den Internetanschluss z.B. durch eine Tauschbörse hätte haben können. Der Beklagte erwähnt zwar, dass einer der Familienangehörigen die Möglichkeit besaß, den Router nach seiner Trennung wieder anzuschließen und den Internetzugang zu nutzen. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, er ziehe eine falsche uneidliche Aussage seiner Familienangehörigen in Betracht, sondern dass einer der Familienangehörigen möglicherweise den Router wieder in Betrieb nahm. Dies stelle laut BGH jedoch keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dar, sondern sei lediglich eine eigene, vom Berufungsgericht abweichende Sachverhaltsbewertung der Urheberrechtssache.
Der Anschlussinhaber genüge seiner sekundären Darlegungspflicht im Urheberrecht nicht mit der Behauptung einer:
„bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Bekl. lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss.“ (BGH Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)
Vielmehr ist er:
„im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat“. (BGH Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)
Weiterhin sei in der Filesharingsache der Vortrag, dass die betroffenen Musikstücke aus dem Genre „Rap und HipHop“ stammen, seine Söhne eine Vorliebe für dieses Genre haben und sie deshalb als mutmaßliche Täter in Betracht kommen, nicht ausreichend. Der Musikgeschmack sei beim Filesharing irrelevant, da man nach Ansicht des BGH:
„auch ohne ein eigenes musikalisches Interesse eine große Anzahl von Audiodateien […] auf seinem Computer installiert haben kann“. (BGH Urteil vom 11.6.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)
Eine Internetnutzung durch unbefugte Dritte könne nicht angenommen werden, da laut Aussage des Beklagten trotz unzureichender Verschlüsselung die WLAN-Leistung nicht über einen Umkreis von 2 Meter hinausgehe und folglich Dritte von außerhalb des Gebäudes keine Möglichkeit des Zugriffs hätten.
Der BGH legt nach Ansicht des Verfassers in diesem Urteil die Darlegungs- und Beweislast eines Anschlussinhabers in Filesharingsachen dar, die den Beklagten trifft, falls eine tatsächliche Vermutung gegen ihn besteht, er sei als Alleintäter für die Rechtsverletzung verantwortlich. Dabei macht der BGH unserer Rechtsansicht nach deutlich, dass der Anschlussinhaber vortragen muss ob und welche anderen Personen zum Verletzungszeitpunkt Zugriff auf den Anschluss gehabt haben und ob diese als Täter in Betracht kommen. Möglicherweise ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und einer Mitteilung über die gewonnenen Erkenntnisse verpflichtet. Die Urteilsbegründung des BGH lässt erkennen, dass vage Angaben über potentielle Täter und alternative Sachverhalte der sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht genügen. Vielmehr sollte es sich um eindeutige und plausibel geschilderte Aussagen des Beklagten handeln, auf deren Grundlage der Kläger weitere Nachforschungen zu der Person des Täters tätigen kann. Das Urteil erschwert nach unserer Rechtsansicht somit die Entlastung eines Beklagten bei Vorhandensein einer tatsächlichen Vermutung, die auf die Alleintäterschaft des Beklagten hinweist.
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