Kostenlosen Ratgeber zur Verteidigung gegen 
Abmahnung als 28 Seiten PDF-Dokument

Urheberrecht: Filesharing-Klage entschieden, BGH Urteil 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III -

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

veröffentlicht am 25. März 2016 um 07:47
Logo AID24 Rechtsanwaltskanzlei

Tauschbörse III: BGH zu den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast eines Internetanschlussinhabers in einer Filesharingsache, Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III.

Der Beklagte führte zu seiner Verteidigung in der Filesharingsache insbesondere aus, er hätte sich zu der Tatzeit auf einem Familienurlaub befunden. Sämtliche elektronische Geräte hätte er vor der Abreise zudem vom Stromnetz getrennt.

Darlegungs- und Beweislast in Filesharingsachen

Der Kläger trage laut BGH in der Filesharingsache zunächst

„die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten erfüllt sind“. (BGH Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)

Dies sei im Grunde der Nachweis, dass der Beklagte für die Urheberrechtsverletzung als Täter in der Filesharingsache verantwortlich ist. Weiterhin spreche auch für eine Täterschaft des Beklagten, dass außer ihm keine andere Person den Internetzugang nutzen könne. Diese tatsächliche Vermutung in der Urheberrechtssache könne dadurch ausgeschlossen werden, dass der Internetzugang zur Tatzeit keine oder keine ausreichende Sicherung hatte oder bewusst anderen Personen eröffnet wurde. Sollte dies der Fall sein, träfe den Beklagten als Anschlussinhaber im Urheberrecht beim Filesharing allerdings eine sekundäre Beweislast.

Die sekundäre Darlegungslast und deren Umfang im Urheberrecht beim Filesharing

„Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Bekl. seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Kl. als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Bekl. als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen." (BGHZ 200, 76 Rn. 15ff. = GRUR 2014, 657 – BearShare, mwN) (Hervorhebungen nicht im Original)

Ein solcher Vortrag des Beklagten erfolgte nach Ansicht des BGH in der Tauschbörsensache nicht. Das Berufungsgericht nahm an, dass zum Verletzungszeitpunkt keine andere Person Zugriff auf den Internetanschluss z.B. durch eine Tauschbörse hätte haben können. Der Beklagte erwähnt zwar, dass einer der Familienangehörigen die Möglichkeit besaß, den Router nach seiner Trennung wieder anzuschließen und den Internetzugang zu nutzen. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, er ziehe eine falsche uneidliche Aussage seiner Familienangehörigen in Betracht, sondern dass einer der Familienangehörigen möglicherweise den Router wieder in Betrieb nahm. Dies stelle laut BGH jedoch keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dar, sondern sei lediglich eine eigene, vom Berufungsgericht abweichende Sachverhaltsbewertung der Urheberrechtssache.

Hinweis auf potentielle Täter in Filesharingsachen

Der Anschlussinhaber genüge seiner sekundären Darlegungspflicht im Urheberrecht nicht mit der Behauptung einer:

„bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Bekl. lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss.“ (BGH Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)

Vielmehr ist er:

im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat“. (BGH Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)

Weiterhin sei in der Filesharingsache der Vortrag, dass die betroffenen Musikstücke aus dem Genre „Rap und HipHop“ stammen, seine Söhne eine Vorliebe für dieses Genre haben und sie deshalb als mutmaßliche Täter in Betracht kommen, nicht ausreichend. Der Musikgeschmack sei beim Filesharing irrelevant, da man nach Ansicht des BGH:

„auch ohne ein eigenes musikalisches Interesse eine große Anzahl von Audiodateien […] auf seinem Computer installiert haben kann“. (BGH Urteil vom 11.6.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III -)

Eine Internetnutzung durch unbefugte Dritte könne nicht angenommen werden, da laut Aussage des Beklagten trotz unzureichender Verschlüsselung die WLAN-Leistung nicht über einen Umkreis von 2 Meter hinausgehe und folglich Dritte von außerhalb des Gebäudes keine Möglichkeit des Zugriffs hätten.

Stellungnahme zu der entschiedenen Filesharing-Klage

Der BGH legt nach Ansicht des Verfassers in diesem Urteil die Darlegungs- und Beweislast eines Anschlussinhabers in Filesharingsachen dar, die den Beklagten trifft, falls eine tatsächliche Vermutung gegen ihn besteht, er sei als Alleintäter für die Rechtsverletzung verantwortlich. Dabei macht der BGH unserer Rechtsansicht nach deutlich, dass der Anschlussinhaber vortragen muss ob und welche anderen Personen zum Verletzungszeitpunkt Zugriff auf den Anschluss gehabt haben und ob diese als Täter in Betracht kommen. Möglicherweise ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und einer Mitteilung über die gewonnenen Erkenntnisse verpflichtet. Die Urteilsbegründung des BGH lässt erkennen, dass vage Angaben über potentielle Täter und alternative Sachverhalte der sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht genügen. Vielmehr sollte es sich um eindeutige und plausibel geschilderte Aussagen des Beklagten handeln, auf deren Grundlage der Kläger weitere Nachforschungen zu der Person des Täters tätigen kann. Das Urteil erschwert nach unserer Rechtsansicht somit die Entlastung eines Beklagten bei Vorhandensein einer tatsächlichen Vermutung, die auf die Alleintäterschaft des Beklagten hinweist.

Weitere für Sie wahrscheinlich interessante Artikel

Abmahnung oder Nachlizenz Sound Guardian, was tun?

veröffentlicht am 28. November 2024 um 11:11
Update 14.03.2025 Sound Guardian Aus einem weiteren Schreiben welches von der Kontor Records GmbH stammen soll ergibt sich, das Kontor Records GmbH an die Soundguardian GmbH an untenstehenden Werken Rechte zur Verwertung der Synchronisationsrechte übertragen habe, also Achtung bezüglich dieser Werke

Abschlusserklärung und Abschlussschreiben was ist das?

Logo AID24 Rechtsanwaltskanzlei
veröffentlicht am 12. Oktober 2021 um 10:10
Was bezweckt eine Abschlusserklärung? Eine Abschlusserklärung dient ähnlich wie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dazu, den Rechtstreit der Parteien endgültig zu beenden. Bedeutung hat die Abschlusserklärung insbesondere in Wettbewerbsstreitigkeiten. Haben die Parteien nach Abschluss des

Wie weit reicht der Anspruch auf zukünftiges Unterlassen nach einer Urheberrechtsverletzung?

Logo AID24 Rechtsanwaltskanzlei
veröffentlicht am 31. Mai 2014 um 15:05
Wenn jemand Urheberrechte verletzt hat, geht es nicht nur um Schadensersatz. Insbesondere hat der Rechtsinhaber gegen den Verletzer auch Anspruch auf das Unterlassen zukünftiger Rechtsverletzungen. Aus einem solchen Unterlassungsanspruch wird meist eine Unterlassungserklärung gefordert. Es stellt
Rechtsanwalt Christoph Scholze
Fachanwalt für IT-Recht (Informationstechnologierecht)
Anwalt Urheberrecht Markenrecht AID24 Rechtsanwaltskanzlei
Logo Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main - Fortbildung Geprüft
Logo Qualität durch Fortbildung - Fortbildungszertifikat der Bundesanwaltskammer

TÜV geprüfter Datenschutzbeauftragter (DSB)
IHK geprüfter Informationssicherheitsbeauftrager (ISB)
Lehrbeauftragter Dozent bei der Thüringer Verwaltungsschule (TVS)
Tel.: +49 611 89060871

AID24 Rechtsanwaltskanzlei
in Erfurt, Jena, Wiesbaden und Frankfurt am Main

Kanzleibriefe

IPPC LAW für B1 Recordings GmbH wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung auf Instagram

veröffentlicht am 23. Januar 2025 um 18:01
Unserer Kanzlei AID24 liegt derzeit eine Abmahnung der Rechtsanwaltsgesellschaft IPPC LAW mbH vor die Rechtsanwaltsgesellschaft IPPC LAW wird durch ihren Geschäftsführer den auf Abmahnungen spezialisierten Anwalt Daniel Sebastian vertreten. Diese fordert im Namen ihrer Mandantin der B1 Recordings

Amann Rechtsanwälte für SoundGuardian wegen angeblicher Rechtsverletzung an Tonaufnahme auf TikTok

veröffentlicht am 08. Januar 2025 um 12:01
Der AID24 Rechtsanwaltskanzlei wurde ein Schreiben der Amann Rechtsanwälte vorgelegt, in dem diese stellvertretend für die SoundGuardian GmbH zur Nachlizenzierung für einen auf TikTok verwendeten Song auffordern. Das betroffene Unternehmen habe angeblich die geschützte Musik „3 Haselnüsse“ der

Anwalt abmahnung bach Rechtsanwälte für SoundGuardian wegen Tonaufnahme auf TikTok

veröffentlicht am 06. Januar 2025 um 15:01
Der AID24 Rechtsanwaltskanzlei liegt ein Schreiben von Bach Rechtsanwälte vor, in welchem diese mitteilen, angeblich die SoundGuardian GmbH zu vertreten. Im Namen der Firma wird von der angeschriebenen Person gefordert, eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben und Schadensersatz zu zahlen