Vertragsstrafen im Markenrecht

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Werden beispielsweise im Urheber- oder Markenrecht Rechte verletzt, wird der Inhaber Rechteinhaber in der Regel eine Abmahnung aussprechen, in welcher er einen Unterlassungsanspruch geltend macht und die Abgabe einer sogenannten strafbewehrten Unterlassungserklärung fordert. Dies dient dazu, die Wiederholungsgefahr, die Voraussetzung für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs ist, zu beseitigen und so dem Unterlassungsanspruch Genüge zu tun. „Strafbewehrt“ ist die geforderte Unterlassungserklärung deshalb, weil sie für den Fall des Zuwiderhandelns die Zahlung einer Vertragsstrafe durch den Rechtsverletzer vorsieht.

Muss eine Vertragsstrafe im Markenrecht immer bezahlt werden?

Die in einer Unterlassungserklärung beinhaltete Vertragsstrafe ist, sofern ein Verhalten, dessen Unterlassen in der Erklärung versprochen wurde, vorliegt in aller Regel wie vereinbart zu leisten. Etwas anderes kann sich ausnahmsweise dann ergeben, sich der Abmahner rechtsmissbräuchlich verhält:

„Die Frage, ob die Geltendmachung einer Vertragsstrafe aus einer Unterlassungserklärung rechtsmissbräuchlich ist, beurteilt sich gemäß § 242 BGB nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob das Verhalten des Abmahnenden vor, bei und nach der Abmahnung den Schluss rechtfertigt, dass die Geltendmachung der Vertragsstrafenansprüche gegen Treu und Glauben verstößt. Den Grundsätzen von Treu und Glauben kann es widersprechen, wenn der Inhaber eines Kennzeichenrechts sich auf eine nur formale Rechtsstellung beruft. Von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ist auszugehen, wenn ein Markeninhaber (1) eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet, (2) hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat - vor allem zur Benutzung in einem eigenen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potentiellen konkreten Beratungskonzepts - und (3) die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.
(
BGH, Urteil vom 23.10.2019 – I ZR 46/19)

Wie hoch darf die vom Rechteinhaber verlangte Vertragsstrafe in Markensachen sein?

In diesem Zusammenhang stellt sich häufig die Frage, in welcher Höhe eine solche Vertragsstrafe angemessen ist. Bei der Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, sodass sich diese Frage nicht pauschal beantworten lässt:

„In erster Linie besteht ihre Funktion jedoch darin, den Unterlassungsschuldner dadurch zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, dass er aufgrund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt Eine solche Unterwerfungserklärung hat zur Folge, dass die durch den in Rede stehenden Verstoß begründete Wiederholungsgefahr entfällt und den Parteien damit eine gerichtliche Klärung der Frage, ob ein Unterlassungsanspruch besteht, erspart wird. Für diesen Zweck muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt. Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen.“
(
BGH, Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12)

In Fällen mit normaler wirtschaftlicher Bedeutung bewegen sich Vertragsstrafen in der Regel in einem Bereich zwischen 2.500 € bis 10.000 €:

„Die Praxis der Rechtsprechung geht dahin, in Geschäftsbereichen normaler wirtschaftlicher Bedeutung die Spanne einer ausreichenden Vertragsstrafe zwischen 2.500,00 € bis 10.000,00 € zu bemessen und Beträge bis 2.000,00 € nicht ausreichen zu lassen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 12. August 2009 - 1 W 37/09, Rn. 9). Eine ausreichende abschreckende Wirkung durch eine versprochene Vertragsstrafe, die die Wiederholungsgefahr in hinreichender Weise beseitigt, kann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten jedenfalls nur angenommen werden, wenn die vereinbarte Vertragsstrafe deutlich über die wirtschaftlichen Vorteile hinausgeht, die der Verletzer durch die mit dem wettbewerbswidrigen Handeln verbundenen Geschäfte erzielen könnte.“
(
OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 21.08.2018 – 3 U 1138/18)

In Einzelfällen können allerdings Vertragsstrafen sowohl niedrigere als auch deutlich höhere Vertragsstrafen angemessen sein. Bei einer geringfügigen Zuwiderhandlung ohne Relevanz für den Kläger ließ das OLG München eine Vertragsstrafe von 1.500 € genügen:

„Für die Bemessung der Höhe der Vertragsstrafe ist somit festzustellen, dass der Beklagte im Rahmen eines kleinen von ihm betriebenen Musikalienhandels entgegen seiner vertraglichen Unterlassungsverpflichtung zur Darstellung eines der von ihm vertriebenen Produkte ein Lichtbild des Beklagten verwendete. Diese als geringfügig einzustufende Zuwiderhandlung ist für den Kläger schon deshalb ohne Relevanz, weil er das abgelichtete Produkt nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag des Beklagten nicht mehr vertreibt. Der Beklagte hat kein Interesse an weiteren gleichartigen Begehungshandlungen, weil er ein Herstellerbild zur Darstellung des Produkts verwenden könnte. Dem Beklagten ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf mittlerer Schwere zu machen. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte hält der Senat im vorliegenden Fall eine Vertragsstrafe von 1.500 € für ausreichend, aber auch angemessen.“
(OLG München Urteil vom 7.11.2013 – 29 U 2019/13)

Dagegen können aber auch sogar Vertragsstrafen in Höhe von bis zu 25.000 € angemessen sein. So in einem Fall, in welchem in markenverletzender Form ein Firmenname geführt wurde:

„Dass im Hinblick auf die Abschreckungsfunktion auch eine niedrigere Vertragsstrafe ausgereicht hätte, ist nach den vorstehenden Ausführungen aus Rechtsgründen unerheblich, solange die Vertragsstrafe nicht bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu der Rechtsverletzung steht, die der Anlass für das Vertragsstrafeversprechen war. Davon kann im Streitfall aber nicht ausgegangen werden. Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 €; erscheint zwar angesichts der Größe des Unternehmens der Beklagten und ihres regional beschränkten Tätigkeitskreises vergleichsweise hoch. Dass sie im Hinblick auf die Schwere der Schutzrechtsverletzung evident übersetzt war, lässt sich den getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Immerhin hat die in unmittelbarer Branchennähe tätige Beklagte das Firmenschlagwort des Klägers als Bestandteil ihrer Firma im geschäftlichen Verkehr benutzt.“
(
BGH, Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 77/12; vgl. zu einer schwerwiegenden Markenrechtsverletzung: LG Bielefeld, Urteil vom 12.09.2014)

Fazit zu Vertragsstrafen in Markensachen

In Folge der ursprünglichen Rechtsfrage, inwieweit der durch den Abmahner geltend gemachte Unterlassungsanspruch tatsächlich besteht, stellt sich regelmäßig die Frage, in welcher Höhe eine etwaige Vertragsstrafe angemessen ist. Wie dargestellt ist die Höhe einer billigen Vertragsstrafe in hohem Maße einzelfallabhängig, sodass die von der Rechtsprechung als billig angenommen Vertragsstrafen in ihrer Höhe eine enorme Spannweite aufweisen. Es empfiehlt sich daher, in Zweifelsfällen den Rat eines auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierten Anwalts einzuholen.

 

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