Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Abmahnung möglich?

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Wann sind vorsätzlich sittenwidrige Schädigungen durch Abmahnungen möglich?

Abmahnungen gibt es, aus unserer Sicht, zu Hauf. Aus der Sicht des Abgemahnten werden diese wohl stets als unfair angesehen und selbst, wenn die Anschuldigungen berechtigt sind, kann es häufig passieren, dass die Gebühren, die der Abmahnende ansetzt, bei weitem höher sind als das was eigentlich vertretbar wäre. Doch ab welcher Grenze ist eine Abmahnung auch aus rechtlicher Sicht eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB? Gibt es das überhaupt und ist daraus sogar ein möglicher Schadensersatz zu rechtfertigen?

Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, § 826 BGB

Für einen Schadensersatz gem. § 826 BGB müsste der Abmahnende grundsätzlich überhaupt die Absicht gehabt haben dem Abgemahnten einen Schaden zuzufügen. Wobei ein Schaden jede unfreiwillige Einbuße an materiellen und immateriellen Gütern und Interessen ist.

Der wohl kritischste Begriff ist die Sittenwidrigkeit, die der BGH, z.b. in seinem Urteil vom 15. 10. 2013 - VI ZR 124/12; OLG München, wie folgt bezeichnet: „Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.“

Dabei ist der Begriff der Sittenwidrigkeit, insbesondere mit Beachtung des § 8 Abs. 4 UWG, der die missbräuchliche Nutzung des wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs regelt, zu berücksichtigen. Bei der schon rechtmissbräuchlichen Nutzung des Anspruchs ist die sittenwidrige Schädigung zumindest nicht fernliegend.

Auf Grund der verschiedenen Bezugspunkte des Sittenwidrigkeitsbegriffs müssen demnach, von Fall zu Fall, die jeweiligen Umstände bei der Bewertung beachtet werden.

Kann eine Abmahnung zum Schadensersatz wegen einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung führen?

Unserem Empfinden nach sind die Abmahnzahlen mittlerweile so hoch, dass ganze Kanzleien lediglich mit dieser Beschäftigung betrieben werden können. Mögliche Lösungen bei Abmahnungen ist die außergerichtliche Einigung oder tatsächlich die Anrufung eines Gerichts, dass dann über die Rechtmäßigkeit der Abmahnung entscheidet. Entscheidet das Gericht nun zu Gunsten des Abgemahnten, kann auch die Chancen auf einen Schadensersatz nach § 826 BGB bestehen. Doch wann kann man mit einem Schadensersatz rechnen?

Missbräuchliche Massenabmahnung

Das massenhafte Abmahnen ist wohl an sich noch keine rechtsmissbräuchliche Verwendung des Rechtsmittels. Es kann durchaus gerechtfertigt sein gegen viele rechtsverletzende Personen einen Unterlassungsanspruch bewirken zu wollen. Problematisch wird dann allerdings, ab wann man nicht mehr von der Rechtmäßigkeit von Massenabmahnungen ausgehen kann.

Das OLG Nürnberg hat in seinem Urteil vom 3. Dezember 2013 · Az. 3 U 348/13 eine sittenwidrige Schädigung angenommen für den Fall, in dem der Abmahnende nur noch Abmahnungen aus einer Gewinnerzielungsabsicht heraus versendet. Der eigentlich verfolgte Unterlassungsanspruch also eigentlich überhaupt nicht im Interesse des Abmahnenden liegt. Die Abmahntätigkeit darf sich also nicht verselbstständigen.

Interessen entsprechen nicht dem Zweck der Abmahnung

Entspricht das eigentliche Interesse des Abmahnenden nicht mehr dem eigentlichen Zweck der Abmahnung, also der Durchsetzung eines Unterlassungsansprungs, kann unter Umständen, ebenfalls mit einer Sittenwidrigkeit zu rechnen sein.

So entschied auch das Amtsgericht Schöneberg,  in seinem Urteil vom 24.10.2014, Az. 16 C 104/14, dass eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB auch vorliegt, „wenn unter Berücksichtigung aller Umstände davon auszugehen ist, dass die gegen den Mitwettbewerber gerichteten Schritte vorwiegend dazu dienen, gegen ihn einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen und Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen“.

Andere nach unserer Ansicht ähnliche Fälle wären auch die fehlende Vertretungsmacht für abmahnende Kanzleien, diese also kein wettbewerbliches Interesse bei Unterlassungsansprüchen entsprechend des UWG haben. Oder auch der Fall, dass eine, dem Anwalt nahe stehende, Person ein Unternehmen, dass nicht einmal wirtschaftlich arbeitet, nur gründet, um ein Konkurrenzverhältnis mit anderen Marktteilnehmern zu schaffen und mithin das Recht erlangen kann eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zu verschicken.

Rechtsfolgen des § 826 BGB

Die noch sehr kasuistische Bejahung des Schadensersatzanspruchs, mit vielen aktuellen Entwicklungen, führt regelmäßig zur Pflicht der Kostentragung der Kosten des Rechtsschutzes der abgemahnten Person für den Abmahner.

Das enorme Ausmaß an Abmahnungen in Deutschland, die insbesondere auch von der Musikindustrie ausgehen, hat mittlerweile auch die EU auf den Plan gerufen, die Deutschland zur Stellungnahme auffordert. So die Digitale Gesellschaft e.V. auf ihrer Webseite.

Hier finden Sie weitere Informationen, was zu tun ist, wenn Sie eine Abmahnung erhalten.

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