Wenn der Arbeitnehmer über das E-Mail-Konto seines Arbeitgebers private E-Mails schreibt kann das strafrechtlich problematisch sein?

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Probleme mit Datenschutz, Arbeitsrecht und Strafrecht

Viele Arbeitgeber erlauben ihren Arbeitnehmern die private Nutzung eines E-Mail-Accounts, der vom Arbeitgeber gestellt wurde. Dies kann auch aufgrund eines bloßen Duldens geschehen. In fast allen Fällen führt eine private E-Mail-Nutzung zu Problemen mit dem Datenschutz, jedenfalls wenn der Arbeitgeber noch auf diese E-Mail-Konten zugreifen möchte. Viele Arbeitgeber dürften sich nicht bewusst sein, dass hier Probleme drohen oder wie groß die Probleme sind. Problematisch ist eine solche private Emailnutzung im Hinblick auf das Datenschutzrecht und sogar im Hinblick auf das Strafrecht, sowie oft auch im Hinblick auf das Arbeitsrecht (insbesondere das Recht der betrieblichen Mitbestimmung).

Juristen diskutieren diesen umstrittenen Problemkreis der Privatmails im Betrieb unter dem Stichworten Arbeitnehmerdatenschutz oder Beschäftigtendatenschutz. Im IT-Recht (Informationstechnologierecht) wird dieses Querschnittsthema als Teil vom Recht des Datenschutzes behandelt. Aber auch das Strafrecht im Bereich der Informationstechnologien, das ebenfalls zum IT-Recht gehört, ist in diesem Problembereich wichtig.

Dabei ist die bisherige Rechtslage relativ unbefriedigend, insbesondere weil der Gesetzgeber sich trotz Bemühungen noch nicht zu einer umfassenden Regelung des Rechts des Arbeitnehmerdatenschutzes durchringen konnte. Derzeit besteht eher die Befürchtung, dass der Datenschutz nicht nur den Interessen des Arbeitnehmers entgegensteht, sondern auch eventuell den Interessen der Arbeitgeber an einer privaten Emailnutzung. Daher sollten sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer und Betriebsräte unbedingt mit diesem Problemkreis beschäftigen.

Was ist hier mit privater E-Mail-Nutzung gemeint?

Mit der privaten Emailnutzung meint man normalerweise die Nutzung eines dienstlichen bzw. betrieblichen Emailkontos für private Zwecke. Die Nutzung meint sowohl dass private E-Mails von dem Konto aus geschickt werden (Senden) als auch, dass Privatmails auf dem betrieblichen Konto eingehen (Empfang). Es geht dabei um ein Emailkonto (oder mit anderen Worten: einen E-Mail-Account), das der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat. Die entsprechende betriebliche E-Mail-Adresse setzt sich dabei meist aus dem Namen des Mitarbeiters und dem Namen des Betriebs (bzw. dessen Internetadresse/Domain) zusammen: die E-Mail-Adresse folgt dann etwa dem Schema benutzername@firma.de. Dies könnte man auch Firmen-E-Mail-Adresse für ein Firmen-E-Mail-Konto nennen.

Nicht gemeint ist ein allgemeiner Internetzugang über einen Browser (wie den beispielsweise den Mozilla Firefox, Googles Chrome, Apples Safari oder Mircosofts Internet Explorer). Selbst wenn über einen Browser auf einen Webmail-Dienst (Googlemail, gmx, web.de, hotmail usw.) zugegriffen wird, so soll dies hier nicht in diesem Artikel mit privater Emailnutzung gemeint sein. Webmail wird (wenn überhaupt) meist unter dem Stichwort private Internetnutzung im Betrieb diskutiert. Auch hier kann es Probleme geben, allerdings wohl weniger oder geringere.

Wie könnte ein Arbeitgeber eine private E-Mail-Nutzung 'erlauben' (Nutzung überhaupt erlaubt)?

Es sind im Prinzip mehrere Formen denkbar, wie ein Arbeitgeber einer private Nutzung eines E-Mail-Accounts des Arbeitnehmers zustimmen könnte.

Dabei gilt eigentlich der Grundsatz, dass der Arbeitgeber darüber bestimmen darf, wie der Arbeitnehmer die Betriebsmittel nutzt, also auch die Computer und die betrieblichen Leitungen (Firmennetz). Allerdings wird dieses Prinzip praktisch wohl eingeschränkt durch die im Arbeitsrecht so genannte betriebliche Übung.

Ausdrückliche, individuelle Erlaubnis: Arbeitsvertrag oder individuelle Einzelvereinbarung

Einmal kann ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die private Emailnutzung ausdrücklich erlauben. Eine solche Erlaubnis zum Nutzen des betrieblichen E-Mail-Kontos zu privaten Zwecken kann zum einen im Arbeitsvertrag stehen. Zweitens könnte der Arbeitgeber aber auch dem Arbeitnehmer eine gesonderte Erlaubnis erteilen oder eine gesonderte Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer speziell zur privaten E-Mail-Nutzung treffen.

Duldung und betriebliche Übung

Besonders gefährlich ist aber das bloße Dulden einer privaten Nutzung des betrieblichen Emailkontos. Hier könnte die arbeitsrechtliche Besonderheit namens betriebliche Übung greifen. Nicht nur ist dann schwer zu bestimmen, was genau erlaubt ist und was nicht. Ein besonderes Problem der betrieblichen Übung besteht darin, dass ein Arbeitgeber eine einmal etablierte betriebliche Übung nicht so einfach widerrufen kann. Jedenfalls eine einmalige Weisung des Arbeitgebers dürfte nicht reichen, um eine betriebliche Übung aufzuheben.

Ein private E-Mail-Nutzung, die 'nur' geduldet wurde, kann daher sogar unter Umständen für den Arbeitgeber mehr Probleme machen als eine ausdrückliche Erlaubnis der privaten E-Mail-Nutzung.

Betriebsvereinbarung

Auch durch eine Betriebsvereinbarung kann die private E-Mail-Nutzung erlaubt werden. Eine Betriebsvereinbarung bezieht sich normalerweise auf alle Mitarbeiter eines Betriebs. Eine Betriebsvereinbarung wird zwischen dem Betriebsrat als Vertreter der Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber abgeschlossen.

Hierbei könnte es zunächst darum gehen, dass in einer Betriebsvereinbarung ausdrücklich steht, dass den Arbeitnehmern die private E-Mail-Nutzung erlaubt werde.

Man könnte ein solche Erlaubnis aber auch aus einer Betriebsvereinbarung herauslesen (schlüssige oder konkludente Erlaubnis). Dies ist beispielsweise denkbar, wenn in einer Betriebsvereinbarung der Umfang der Nutzung privater E-Mail-Nutzung geregelt wurde. Dann wird man aus der Betriebsvereinbarung wohl auch schließen, das im Prinzip die private E-Mail-Nutzung auch erlaubt sei. Ähnliches könnte unter Umständen auch gelten, wenn in der Betriebsvereinbarung auf den ersten Blick sogar nur die Art und Weise der Kontrolle eines E-Mail-Accounts geregelt wurde.

Regelungen über Art der Nutzung und die betriebliche Kontrolle der E-Mail-Nutzung

Eine Besonderheit gilt aber für Regelungen zu Art der Nutzung (nicht das Ob, sondern das Wie der Nutzung) und insbesondere zur Kontrolle von genutzten E-Mail-Konten und der privaten E-Mail-Nutzung.

Arbeitsrecht: § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG

Hierzu ist ein Blick auf das Arbeitsrecht, speziell auf § 87 Absatz 1 Nummer 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sinnvoll. Im Betriebsverfassungsgesetz heißt es nämlich in Paragraf 87:

㤠87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[…]
6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
[…]
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.“ (aus: § 87 BetrVG, zitiert nach gesetze-im-internet.de, Hervorhebung in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht im Original)

Technische Einrichtungen

Kontrollen von privater oder betrieblich veranlasster E-Mail-Nutzung werden normalerweise über technische Mittel durchgeführt, wenn es nicht nur darum geht, dass oder ob Vorgesetzte dem Arbeitnehmer beim Mailen über die Schulter schauen. Sogar die E-Mail-Programme selbst wird man wohl als eine technische Einrichtung in diesem Sinne ansehen müssen.

Dazu bestimmt […] das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen

Das Wort bestimmt im Gesetzestext wird in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sehr weit ausgelegt:

„Gemäß § 87 I Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ein datenverarbeitendes System ist zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen [...]“ (BAG, Beschluss vom 14. November 2006 – 1 ABR 4/06, BeckRS 2007, 41437, Textziffer [Tz.] 27 = NZA 2007, 399-404 (401-402), Tz. 27 = JurionRS 2006, 31739, Tz. 27 , Hervorhebungen nicht im Original)

Darauf, ob der Arbeitgeber diese Daten auch tatsächlich zur Überwachung nutzt, kam es dem Bundesarbeitsgericht schon früher nicht an, wie beispielsweise in BAG, Beschluss vom 14. September 1984 – 1 ABR 23/82, NZA 1985, 28-32 (Leitsätze und S. 32) = NJW 1985, 450-453 (Leitsätze und S. 453) [= BAGE46, 367] = JurionRS 1984, 13190.

Bestimmt wird also wohl im Grunde heißen, dass der Arbeitgeber die technische Einrichtung im Prinzip zur Überwachung einsetzen kann, egal ob sie der Arbeitgeber auch tatsächlich zum Überwachen nutzt. Aufgrund der Daten in einem E-Mail-Programm oder einem E-Mail-System wird der Arbeitgeber zumindest im Prinzip nachverfolgen können, wenn und wann ein Arbeitgeber die Arbeitszeit mit dem Lesen oder Schreiben von privaten E-Mails verbracht und verbraucht hat; jedenfalls wenn er das betriebliche E-Mail-System hierzu nuzte. Auch was der Arbeitnehmer geschrieben hat, wird für den Arbeitgeber im Prinzip nachvollziehbar sein. [Anmerkung: Ähnliches dürfte aufgrund der üblichen Datenspuren (Cookies, Verlaufsdaten insbesondere Chronik/History, Temporäre Daten) auch für Browser usw. in Standartinstallation also die normale Internetnutzung gelten.]

Ansichten in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung

Daher wird auch in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung die Beteiligung des Betriebsrates für nötig gehalten, sobald es um das Wie der Nutzung der E-Mai-Kommunikation und dessen Kontrolle gehe.

Jedenfalls wird ein Mitbestimmungsrecht in der in der rechtswissenschaftlichen Literatur bejaht, sofern es um Dienstanweisungen gehe, die die Kontrolle der Nutzung des Internets und insbesondere von E-Mail (zu privaten Zwecken) regelten.

Auch das Landesarbeitsgericht Hamm deutete dies für die Art der privaten E-Mail-Nutzung in einer Entscheidung an (LAG Hamm, Beschluss vom 7. April 2006 – 10 TaBV 1/06, auf NRWE [Rechtsprechungsdatenbank NRW], in Tz. 48 am Ende; bei der Entscheidung ging es aber eigentlich um ein totales Verbot der privaten E-Mail-Nutzung).

Ausdrücklich sieht das Arbeitsgericht Hamburg das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in einem Fall betroffen, in dem es eine Dienstanweisung ging, die die Art und Weise der Überprüfung und Speichung der privaten Nutzung des betrieblichen E-Mail-Systems regelte (ArbG Hamburg, Beschluss vom 7. November 2012 – 27 BVGa 3/12, auf Justiz Hamburg, Tz. 38-39 = openJur 2013, 24240, Tz. 41-42). Das Arbeitsgericht beruft sich dabei auf die bereits oben zitierte gesetzliche Regel (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) und darauf, dass das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für solche Fälle keine abschließende Regelung treffe.

Dass das Bundesdatenschutzgesetz für diese Fälle keine abschließende Regelung treffe wird unser Ansicht nach bestätigt durch die (bislang erfolglose) Tätigkeit des Gesetzgebers zum Beschäftigtendatenschutz. Siehe hierzu die Gesetzgebungsmaterialien zum bislang noch nicht beschlossenen Gesetz zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes („Erledigt durch Ablauf der Wahlperiode“) auf dem DIP [Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge]).

Also: Betriebsvereinbarung nötig

Damit dürften solche Regelungen über Art und Weise oder Kontrolle der privaten E-Mail-Nutzung vermutlich auch der (zwingenden) betrieblichen Mitbestimmung unterliegen (zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates).

Somit wird diese Bestimmung des Betriebsverfassungsgesetzes unserer Ansicht nach eigentlich immer eingreifen, wenn private E-Mail-Nutzung erlaubt ist und insbesondere wenn es um die Regelung von Kontrollen oder Zugriff geht. Auf jeden Fall gilt dies, sofern überhaupt solche weitergehenden Regelungen getroffen werden sollen; anderenfalls könnte man noch daran zweifeln. Eine alleinige, blanke Erlaubnis zur privaten E-Mail-Nutzung (ohne eine Regelung des Umfangs der Nutzung und der Kontrolle) dürfte aber auch nicht im Interesse irgendeines Arbeitgebers liegen und somit eher utopisch sein.

Insofern kann ein Betriebsrat praktisch immer vor einer Einigungsstelle und dann auch eventuell vor Gericht durchsetzen, dass solche Regelungen getroffen werden (zwingende betriebliche Mitbestimmung).

Gründe für einen Zugriff auf den E-Mail-Account (und private E-Mails?)

Dabei gibt es aber viele Gründe, die einen Zugriff des Arbeitgebers auf den E-Mail-Account notwendig oder zumindest sinnvoll erscheinen lassen.

Urlaubsabwesenheit des Arbeitnehmers

Bei einer Urlaubsabwesenheit des Arbeitnehmers sollten keine wichtigen E-Mails verlohren gehen. Um Geschäftspartner von der Abwesenheit wegen Urlaub zu informieren werden normalerweise automatische Antworten (Autoreply) und Weiterleitungen (Forwarding) genutzt. Dies einzustellen kann aber einmal ein Arbeitnehmer vergessen. Oft ist ein E-Mail-System so eingerichtet, dass man auch den Zugriff auf den gesamten E-Mail-Account braucht, um Autoreply und Weiterleitungen einzurichten.

Krankheit des Arbeitnehmers

Entsprechendes gilt erst recht bei Krankheit eines Arbeitnehmers. Je nach Schwere der Krankheit kann der Arbeitnehmer in diesem Fall eventuell sogar gar nicht mehr selbst Autoreply und Weiterleitung einrichten.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat in einem Fall einer krankheitsbedingten Abwesenheit einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis im Sinne von § 88 TKG oder Art. 10 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verneint . Allerdings betonte das Gericht auch, dass im konkreten Fall anhand der Betreffzeile und in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds sichergestellt worden sei, dass keine privaten E-Mails geöffnet wurden, weshalb auch nicht das Verbot aus § 202a StGB (Ausspähen von Daten) eingreifen sein (LAG Berlin-Brandenburg, am angegebenen Ort [a.a.O.], juris, Tz. 45). Wie man dies eindeutig an der Betreffzeile erkennen kann und warum die Betreffzeile nicht entspechend geschützt sei, lässt sich aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht entnehmen.

Herausfiltern von Spam (insbesondere Spamfilter)

Wird für das Konto ein Spamfilter eingesetzt, so greift dieser Spamfilter automatisch auch auf die privaten E-Mails des Arbeitnehmers zu, sofern ein E-Mail-Konto nicht nur rein geschäftlich, sondern auch-privat genutzt wird (vgl. hierzu unten beim Strafrecht).

Allgemeines Informationsinteresse des Arbeitgebers

Möglicherweise könnte der Arbeitgeber auch daran Interesse haben, sich über die Arbeitsergebnisse des Arbeitnehmers allgemein zu informieren.

Speicherpflichten des Arbeitgebers oder Interesse an lückenloser Speicherung (z. B. Beweissicherung)

Der Arbeitgeber könne auch (zum Beispiel aus ausländischen Rechtsordnungen) gezwungen sein, sämtliche E-Mail-Kommunikation lückenlos zu speichern. Auch wenn es um Beweissicherung geht, mag es sinnvoll sein, eine vollständige Speicherung durchzuführen, ohne dass ein Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, einzelne E-Mails zu löschen oder von der Speicherung auszunehmen.

Verbotenes oder gar strafbares Handeln des Arbeitnehmers

Eine Beweissicherung und ein Zugriff auf sämtliche E-Mails des Accounts dürfte insbesondere dann wichtig und notwendig sein, wenn es um den Beweis von Verstößten gegen den Arbeitsvertrag geht oder sogar um den Beweis oder die Verhinderung von Straftaten. Bei Straftaten gibt es allerdings auch für Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen Sonderregeln, die ein Eingreifen erlauben.

Weitere problematische Rechtsgebiete

Bei dem Problem der privaten Nutzung von betrieblichen E-Mail-Konten geht es um Probleme aus verschiedenen Rechtsgebieten, nicht nur aus dem bereits oben angesprochenen Arbeitsrecht.

Anwendbarkeit des Telekommunikationsrechts als speziellem Datenschutzrecht?

Besonders hohe Pflichten dürften den Arbeitgeber dann treffen, wenn man die Annwendbarkeit des Telekommunikationsrechts bejaht. Das Telekommunikationsgesetz (TKG) ist spezielles Datenschutzrecht, das höhere Anforderungen stellt und dem allgemeinen Datenschutzrecht vorgeht.

Für die Anwendbarkeit des TKG ist entscheidend, ob man den Arbeitgeber als Anbieter/Provider im Sinne des Telekommunikationsrechts ansieht. Hierfür spricht, dass es für die Pflichten aus dem Fernmeldegeheimnis nach § 88 TKG nur darauf ankommt, ob jemand Diensteanbieter sei. Dafür ob jemand als Diensteanbieter gilt, ist nach der gesetzlichen Definition in den Begriffsbestimmungen des TKG nicht entscheidend, ob jemand mit den Telekommunikationsleistungen Geld verdient, sondern nur, ob er die Leistungen im Umfang wie ein professionelles Unternehmen (geschäftsmäßig) erbringt (siehe § 3 Nr. 6 und Nr. 10 TKG).

Dies dürfte eigentlich bei Arbeitgebern zutreffen, die für (viele) Arbeitnehmer die Abwicklung von E-Mail-Verkehr ermöglichen. Von vielen Gerichten für Arbeitsrecht oder Verwaltungsrecht wird aber dennoch inzwischen das Eingreifen des Fernmeldegeheimnisses (im Sinne des § 88 TKG oder des Art. 10 GG) abgelehnt, wenn es um den Zugriff auf private E-Mail von Seiten des Arbeitgebers geht (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Februar 2011 – 4 Sa 2132/10, juris, Tz. 40 = openJur 2011, 94461, Tz. 45; mit weiteren Nachweisen)

In der Rechtswissenschaft wird aber noch immer überwiegend vertreten, dass das TKG und das Fernmeldegeheimnis einschlägig sei. Auch passt die neuere Rechtsprechung der Arbeits- und Verwaltungsgerichtsbarkeit unserer Ansicht nach nicht zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Das BVerfG entschied, dass E-Mails auf einem IMAP-Server auch vom Fernmeldegeheimnis geschützt seien (BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 2 BvR 902/06, auf bundesverfassungsgericht.de, insbesondere Tz. 46-48). Dabei hatte bei einem IMAP-Server der Nutzer bereits typischerweise die Möglichkeit, E-Mails zu löschen oder an anderer Stelle zu speichern.

So lange es zu der Frage der privaten E-Mails auf betrieblichen Arbeitnehmer-Konten keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt (wie vom Bundesgerichtshof [BGH], vom Bundesarbeitsgericht [BAG] oder sogar vom Bundesverfassungsgericht [BVerfG] bzw. vom Gerichtshof der EU [EuGH]) sollte man sich daher nicht zu sehr auf die Entscheidungen der unteren Gerichte verlassen.

Anwendbarkeit des allgemeinen Datenschutzrechts (BDSG)?

Sollte man die Anwendbarkeit von Telekommunikationsrecht ablehnen, so wäre zumindest das allgemeine Datenschutzrecht (also das deutsche BDSG) wohl anwendbar.

Grundrechte und Verfassungsrecht (Computergrundrecht und Fernmeldegeheimnis)?

Für den Zugriff auf E-Mail-Konten von Arbeitnehmern gibt es (noch) keine speziellen gesetzlichen Regelungen im Arbeitsrecht (außer der erwähnten im Betriebsverfassungsgesetz) oder im Datenschutzrecht.

Allerdings könnten hier das Verfassungsrecht und die Grundrechte des Arbeitnehmers wichtig werden, insbesondere über die Generalklauseln des Arbeitsrechts oder des Datenschutzrechts. Jedenfalls wenn ein Computer oder ein E-Mail-Account durch ein Passwort abgesichert ist, dürfte hier das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (sogenanntes Computergrundrecht oder IT-Grundrecht) eine Rolle spielen. Sofern die E-Mails noch auf dem Server sind oder sogar noch nicht abgerufen oder gelöscht werden konnten, dürfte sogar das noch strenger geschützte Fernmeldegeheimnis greifen.

Gefahren wegen möglicher Strafbarkeit?

Jedenfalls im Zusammenhang mit dem Fernmeldegeheimnis käme zudem auch noch das Strafrecht in Frage.

§ 202a StGB (Ausspähen von Daten) wurde bereits oben erwähnt.

Sogar beim Einsatz von Spamfiltern bei auch-privater E-Mail-Kommunikation hat ein Oberlandesgericht in einem sogenannten Klageerzwingungsverfahren bejaht, dass hier grundsätzlich auch durch das Herausfiltern eine Straftat (§ 206 StGB: Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses in Form des Unterdrückens) vorliegen könnte (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Januar 2005 – 1 Ws 152/04, auf Landesrechtsprechung Baden-Württemberg, Tz. 12-24, insbesondere Tz. 22). In einem Klageerzwingungsverfahren geht es darum, die Staatsanwaltschaft zu zwingen, eine strafrechtliche Anklage vor einem Strafgericht zu erheben.

Was tun, um Probleme zu vermeiden?

Für das Problem der privaten E-Mail-Nutzung im Betrieb existiert wohl (bislang) kein Patentrezept. Insbesondere gilt dies, wenn es bereits (unvollständige?) betriebliche Regelungen zur privaten E-Mail-Kommunikation gibt oder sogar eine betriebliche Übung in Frage kommt oder bereits (teilweise?) Betriebsvereinbarungen existieren. Daher sollte das Problem durch individueller Beratung erfasst und soweit möglich gelöst werden. Bei einer solchen Beratung sollten auch besondere Interessen und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmern im speziellen Betrieb beachtet werden (zum Beispiel spezielle Speicherpflichten bzw. Interessen an einer Speicherung).

Für eine individuelle Beratung kommt dabei besonders ein Rechtsanwalt in Frage, der seine Schwerpunkte im IT-Recht oder/und im Arbeitsrecht und/oder Strafrecht hat. Das IT-Recht (Informationstechnologierecht) ist dabei besonders wichtig. Denn, wer sich mit IT-Recht beschäftigt, muss sich ebenfalls den technischen Grundlagen dieses Rechtsgebietes auskennen. Auch wird der Beschäftigtendatenschutz beim Recht des Datenschutzes als Teil des IT-Rechts behandelt. Und auch Wissen im Strafrecht im Bereich der Informationstechnologien, das ebenfalls zum Querschnittsgebiet IT-Recht gehört, ist für eine Beratung zu der privaten E-Mail-Nutzung im Betrieb sinnvoll.

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