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Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!
Steht ein Unternehmen vor der vollständigen Aufgabe des Geschäftsbetriebs, ist es fraglich, ob bei PR-Artikel, welche über das Unternehmen in Vergangenheit veröffentlicht wurde, mögliche Risiken entstehen. Vornehmlich stellen sich die Fragen, wer die Pflicht zur Löschung der betroffenen Artikel trägt, sowie die damit einhergehenden Kosten.
Es stellt sich zunächst die Frage, welche Risiken überhaupt für Unternehmen und weitere Beteiligte entstehen können.
Die Nennung und Berichterstattung über ein Unternehmens, welches keine Tätigkeit mehr ausübt, könnte unserer Ansicht nach für Anspruchsberechtigte einen Unterlassungsanspruch nach §8 Abs.1 UWG rechtfertigen. Voraussetzung dafür ist eine tatsächliche Legitimation zur Unterlassungsklage i.S.d. §8 Abs.3 UWG.
„§ 8 UWG
Beseitigung und Unterlassung
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
1.jedem Mitbewerber;
2.rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, […];
3.qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind;
4.den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern.“
(Hervorhebungen nicht im Original)
Die Frage nach der Klageberechtigung nach §8 Abs.3 UWG ist bei einem aufgelösten Unternehmen möglicherweise problematisch. Nach §8 Abs.3 Nr.1 UWG ist jeder Mitbewerber für eine Unterlassungsklage aktivlegitimiert, falls die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen zwei Unternehmen ist nach §2 Abs.1 Nr.3 UWG Voraussetzung für das Bestehen einer Mitbewerbereigenschaft. Hier hat das im Artikel genannte Unternehmen jedoch bereits vollständig die Geschäftstätigkeit aufgegeben. Eine Qualifikation als Mitbewerber scheidet somit aus.
Nach §8 Abs.3 Nr.3 UWG ist jedoch auch jede Verbraucherschutzzentrale legitimiert, eine Unterlassungsklage gegen Unternehmen vorzubringen, welche gegen Vorschriften des UWG verstoßen. Ein Wettbewerbsverhältnis ist dabei zwar keine Voraussetzung, die Frage nach der Anspruchsberechtigung stellt sich jedoch trotzdem
„Das LG hat mit Recht angenommen, dass dem Ast. für den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Getränken unter Verstoß gegen die Pfanderhebungspflicht gem. § 8 Abs.1 Satz 1 VerpackV, §§ 3, 4 Nr.11 UWG die erforderliche Anspruchsberechtigung gem. § 8 Abs.3 Nr.3 UWG fehlt. Denn die dem Ast. auf Grund seiner Eintragung nach § 4 UKlaG gewährte Antragsbefugnis gem. § 8 Abs.3 Nr.3 UWG ist allein hinsichtlich solcher Wettbewerbsverstöße gegeben, durch die zugleich Interessen der Verbraucher berührt werden (dazu unter 1.).“
(KG Berlin, Beschluss vom 27.05.2005 - 5 W 53/05) (Hervorhebungen nicht im Original)
Eine Berührung von Verbraucherinteressen ist hier unserer Ansicht nach äußerst fraglich, da der Verbraucher durch die Nennung des Unternehmens, welches tatsächlich seiner Geschäfte nicht mehr nachgeht, keinen Nachteil oder gar Schaden erleidet.
Die Aufgabe der Geschäfte eines Unternehmens führt dazu, dass der/die im Artikel genannten Dies Standort/e bereits nicht mehr ihren Geschäften nachgehen. Diese falsche/n Standortangabe/n könnten den Tatbestand einer irreführenden geschäftlichen Handlung i.S.d. §5 Abs.1 Nr.3 UWG erfüllen.
„Die angegriffene Werbeaussage, das Unternehmen des Verfügungsbekl. sei unter anderem an einem Standort in H. zu finden, ist nach § 5 I 2 Nr. 3 UWG irreführend. Sie enthält unwahre und zur Täuschung geeignete Angaben über Verhältnisse des von dem Verfügungsbekl. betriebenen Unternehmens. (OLG Celle, Urteil vom 7.7.2015 – 13 W 35/15)
Eine Irreführung durch die falschen Angaben des PR-Artikels sollte demnach gegeben sein.
Die Veröffentlichung eines PR-Artikels stellt unserer Ansicht nach zweifelsohne eine geschäftliche Handlung i.S.d. §2 Abs.1 Nr.1 UWG dar. Sinn und Zweck eines PR-Artikels ist unserer Ansicht nach insbesondere das Erwecken von Aufmerksamkeit für die Geschäfte des Unternehmens. Folglich ist das zugrundeliegende Interesse eines Unternehmens die Absatzförderung oder den Abschluss von Verträgen zu erreichen.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet
1. „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen;“
(Hervorhebungen nicht im Original)
Problematisch ist unserer Ansicht nach, dass mit dem Zeitpunkt der Entstehung der Wettbewerbswidrigkeit, d.h. hier der vollständigen Geschäftsaufgabe des Unternehmens, der Artikel selbst keine geschäftliche Handlung mehr darstellt. Schließlich fördert das Unternehmen nach Geschäftsaufgabe mit einem PR-Artikel nicht mehr den Absatz oder den Abschluss von Verträgen. Folglich sollte ein (Unterlassungs-)Anspruch aus §8 Abs.1 UWG nicht mehr in Betracht kommen.
Somit stellt sich die Frage, ob überhaupt eine Pflicht zu Löschung derartiger PR-Artikel besteht und wovon sie abgeleitet werden könnte. Ansprüche aus UWG kommen jedoch sowohl nach der Generalklausel des §3 UWG, als auch aus §8 UWG aufgrund des Fehlens einer geschäftlichen Handlung nicht in Betracht. Auch können Presseportalbetreiber unserer Ansicht nach nicht zur Löschung verpflichtet werden, da es an einer Interessenbeeinträchtigung anderer Unternehmer oder Verbraucher fehlt.
Sobald ein Unternehmen die Geschäftstätigkeit einstellt und somit aus jeglichem Wettbewerb mit anderen Unternehmen austritt, können diese ehemaligen Mitbewerber unserer Ansicht nach keine Ansprüche aus dem UWG gegenüber dem Ex-Mitbewerber geltend machen, da es an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis mangelt. Bejaht man die Aktivlegitimation einer Verbraucherzentrale, scheitert ein Anspruch aus dem UWG am Fehlen einer geschäftlichen Handlung des nicht mehr geschäftstätigen Unternehmens. Folglich besteht unserer Ansicht nach keine Löschungspflicht für Unternehmen oder Presseportalbetreiber hinsichtlich sonst rechtsfehlerfreier PR-Artikel. Etwas anderes könnte sich unserer Ansicht nach jedoch ergeben wenn ein PR-Artikel beispielsweise Urheberrechte Dritter verletzt.
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