Wettbewerbsrecht: Unlautere Geschäftspraktik bei Datenabfrage zur Kinder- Clubmitgliedschaft ohne Einwilligung der Eltern

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Datenabfrage für Kinder- Clubmitgliedschaft ist unlautere Geschäftspraktik, wenn die Einwilligung zur Datenabfrage nicht eingeholt wird!

Der Automobilhersteller Skoda bot im Internet eine Clubmitgliedschaft für Kinder an, wobei er umfassend Daten bei der Anmeldung abfragte. Eine Einwilligung der Eltern wurde nicht eingeholt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied, dass dieses Verhalten gegen das UWG verstoße, da die Unerfahrenheit der Minderjährigen im Geschäfts- und Datenschutzbereich ausgenutzt würde (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 6 U 168/04)

Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Minderjährigen

Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass nicht nur konkrete Verkaufsförderungsmaßnahmen  unter den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 2 UWG fallen, sondern auch Handlungen im Vorfeld dieser Verkaufsförderungsmaßnahmen. Die Datenerhebung bei Kindern und Jugendlichen zu Werbezwecken sei deshalb auch von § 4 Nr.2 UWG umfasst.

Das Gericht stellte in seinem Urteil klar:

„Die Erhebung von Daten bei Kindern ist nicht stets und ohne weiteres als unlauter anzusehen; sie ist nicht in jedem Fall geeignet, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern auszunutzen. Zu berücksichtigen ist aber, dass für Kinder und insbesondere für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter die mit der Preisgabe persönlicher Daten verbundenen Nachteile und der Zusammenhang zwischen Datenerhebung und Werbestrategien kaum erkennbar sind“ (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 6 U 168/04)

Einwilligung der Eltern wurde nicht verlangt

Die Aktion von Skoda spreche gerade Kinder in einem Alter an, in dem sie geschäftlich fast völlig unerfahren sein aber auch bereits die ersten Erfahrungen im Internet sammelten. Sie wären deshalb besonders gefährdet und schutzwürdig, insbesondere da ihre Eltern nicht in die Clubmitgliedschaft einwilligen müssen.

„Die Beklagte wirkt somit auf eine Clubmitgliedschaft hin, die ohne Einschaltung der Eltern zustande kommt, und die die Voraussetzungen für gezielte Einladungen zu Veranstaltungen schafft, die den Kindern attraktiv erscheinen mögen, die aber zugleich auf die Ermöglichung einer werblichen Beeinflussung ausgerichtet sind.“ (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 6 U 168/04)

„Ein Erwachsener ist in der Lage, die Vorteile einer solchen Mitgliedschaft gegen die Nachteile abzuwägen, die von der Aufnahme in einen Adressatenkreis für Einladungen zu werbebegleiteten Freizeitveranstaltungen zu erwarten sind. Kinder im Alter von bis zu 12 Jahren können diese Abwägung in der Regel nicht sachgerecht vornehmen. Ihre geschäftliche Unerfahrenheit wird durch die beanstandete Datenerhebung der Beklagten ausgenutzt.“ (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 6 U 168/04)

Minderjährigenschutz geht dem § 28 I BDSG vor!

Eine zulässige Datenerhebung gemäß § 28 I BDSG wies das Gericht mit folgender Begründung ab:

„Nach § 28 Abs. 1 Nr.2 BDSG ist die Zulässigkeit der Datenerhebung von einer Interessenabwägung abhängig. Die Vorschrift kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil hier die Datenschutzinteressen des Minderjährigen, der eine letztlich zu Marketingzwecken dienende Vereinbarung ohne Mitwirkung seiner Eltern abgeschlossen hat, gegenüber den Interessen der Beklagten den Vorrang haben“ (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 6 U 168/04)

„Die in § 28 Abs. 1 BDSG getroffene Regelung findet ihre Rechtfertigung darin, dass der Betroffene eine autonome Entscheidung für einen Vertragsabschluß (oder die Begründung eines Vertrauensverhältnisses) getroffen hat, womit er zugleich auch sein informationelles Selbstbestimmungsrecht ausgeübt hat. Ist der Betroffene beschränkt geschäftsfähig, ohne bereits über die in Belangen des Datenschutzes erforderliche Einsichtsfähigkeit zu verfügen, kann § 28 Abs. 1 BDSG jedenfalls dann keine uneingeschränkte Anwendung finden, wenn es zudem um eine Vereinbarung geht, mit der die Daten erhebende Stelle (auch) Werbezwecke verfolgt (vgl. § 28 Abs. 4 BDSG). In einem solchen Fall bedarf es vielmehr ebenfalls einer Interessenabwägung, die die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen und den Vertragszweck einbezieht. Diese Interessenabwägung führt im vorliegenden Fall wiederum zu dem Ergebnis, dass die Datenschutzinteressen des Minderjährigen die Interessen der Beklagten überwiegen.“ (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 6 U 168/04)

Das Gericht bejahte schlussendlich einen Unterlassungsanspruch aufgrund einer unlauteren Geschäftsmethode gemäß §§ 3, 4 Nr. 2, 8 I, III Nr. 3 UWG.

Klicken Sie auf das Formularfeld und kopieren Sie sich den HTML-Code heraus.

Weitere für Sie wahrscheinlich interessante Artikel
Beseitigung einer abgegebenen Unterlassungserklärung möglich?

Juristische Laien achten oft nur auf die in der Abmahnung geforderte Geldsumme.... Weiterlesen

Unterlassungserklärung / mod. UE was ist das und wie weit reicht ihr Wirkungsumfang?

Was versteht man eigentlich unter einer Unterlassungserklärung? Durch eine Unterlassungserklärung, auch als mod. UE abgekürzt, verpflichtet sich der... Weiterlesen

Videoblog

3 Tipps vor Abgabe einer Unterlassungserklärung / mod. UE!

Bewertungen auf google.com
RA Scholze

Rechtsanwalt Christoph Scholze
Fachanwalt für IT-Recht (Informationstechnologierecht)
TÜV geprüfter Datenschutzbeauftragter (DSB)
IHK geprüfter Informationssicherheitsbeauftrager (ISB)
Lehrbeauftragter Dozent bei der Thüringer Verwaltungsschule (TVS)
Tel.: +49 611 89060871

AID24 Rechtsanwaltskanzlei
in Erfurt, Wiesbaden und Frankfurt am Main

Kostenloser Rückruf erwünscht?
Upload der Abmahnung oder weiterer Unterlagen

Wir empfehlen Ihnen Ihre Dateien ausreichend zu verschlüsseln und uns separat zum von Ihnen genutzten Schlüssel zu informieren.

Die Dateien müssen kleiner als 8 MB sein.
Zulässige Dateierweiterungen: jpg jpeg pdf doc docx rar zip.

* Diese Angaben werden benötigt.

Kanzleibriefe
Datenschutzdokumentation mit Datenschutz-Generator-Software für Schweiz, Deutschland oder Österreich erstellen

Die Bedeutung einer Datenschutz-Dokumentation für Unternehmen in der Schweiz, Österreich und Deutschland nach der DSGVO, BDSG, DSG neu AT, DSG neu CH?... Weiterlesen

Muster AV-Vertrag-Vorlage: Auftragsdatenverarbeitungs-Vertrag-Generator die Alternative im Datenschutz, DSGVO oder CHDSG neu der Schweiz zu bearbeiten

Personenbezogene Daten im Auftrag verarbeiten? Unter Umständen ist zuvor ein AV-Vertrag nach der DSGVO dem BDSG neu oder nach dem DSG neu Schweiz oder DSG neu Österreich zu schließen!... Weiterlesen

Verjährungsfristen im Markenrecht

Was bedeutet „Verjährung“? Wo ist die Verjährung im Markenrecht geregelt?... Weiterlesen