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Internetrecht: Bösgläubigkeit bei Domainregistrierung im Einzelfall zu bewerten!

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

veröffentlicht am 20. September 2016 um 18:33

Bösgläubigkeit bei Domainregistrierung im Einzelfall zu bewerten!

Der Europäische Gerichtshof entschied am 03.06.2010 (Az. C-569/08), dass der Katalog des Art. 21 III VO Nr. 874/2004 nicht abschließend sei und je nach Einzelfall entschieden werden müsse, ob ein Fall von Bösgläubigkeit vorliege.

Dreistufige Domainvergabe

Ab dem Jahr 2005 war es möglich, sich für Domainnamen mit der Endung „-eu“ zu registrieren. Zuständig hierfür ist die sogenannte EURid. Die Registrierung wurde in ein dreistufiges System gestaffelt: zunächst konnten Behörden und Inhaber von älteren Rechten eine Registrierung beantragen. Wurde ein Domainname registriert, der in missbräuchlicher Weise oder gar bösgläubig erwirkt wurde, so kann dem mittels Schiedsgerichtsbarkeit oder eines Gerichtsverfahrens widersprochen werden.

Domainregistrierung „reifen.de“

Ein Unternehmen aus Österreich entfernte alle Sonderzeichen aus einem seiner Markennamen, da zur Domainregistrierung die Sonderzeichen weggelassen werden können. Sodann ließ es den Domainnamen „reifen.eu“ registrieren. Das Unternehmen hatte jedoch nicht die Absicht, den für die Marke eingetragenen Artikel (Sicherheitsgurte) über diese Seite zu bewerben. Vielmehr hatte es vor, unter dem Domainnamen ein Internetportal für Reifenhandel einzurichten. Der beneluxische Inhaber der marke „Reifen“ wehrte sich gegen diese Vorgehensweise vor dem Schiedsgericht in Tschechien, dass für diese Fälle zuständig ist. Das Schiedsgericht war der Auffassung, dass das österreichische Unternehmen bösgläubig gehandelt habe, entzog ihm den Domainnamen und übertrug diesen auf den Inhaber der Benelux-Marke „Reifen“.

Der österreichische Gerichtshof legte dem EuGH sodann in einem Vorabentscheidungsverfahren mehrere Fragen zu dem Fall vor.

Bösgläubigkeit bei der Domainregistrierung ist je nach Einzelfall zu bewerten!

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass der Bösgläubigkeitskatalog des Art. 21 III VO Nr. 874/2004 nicht abschließend sei und weitere Bösgläubigkeitsgründe in Betracht kämen. Je nach Einzelfall sei zu entscheiden, ob eine bösgläubige Vorgehensweise vorliege oder nicht. Das jeweilige Gericht habe insbesondere zu berücksichtigen:

„- die Absicht, die Marke nicht auf dem Markt zu benutzen, für den der Schutz beantragt wurde,

- die Gestaltung der Marke,

- die Tatsache, dass die Eintragung einer großen Zahl von anderen Marken, die Gattungsbegriffen entsprechen, erwirkt wurde, und

- die Tatsache, dass die Eintragung der Marke kurz vor Beginn der gestaffelten Registrierung von Namen der Domäne oberster Stufe". eu" erwirkt wurde.“ (EuGH Urteil vom 03.06.2010, Az. C-569/08)

Zudem müsse, was die Umstände betreffe unter denen der Name der Domain oberster Stufe „-eu“ registriert wurde, berücksichtigt werden, ob eine missbräuchliche Verwendung von Sonderzeichen vorliege, die Registrierung in der der ersten der drei Phasen stattfand und ob eine große Anzahl an Anträgen auf Registrierung von Domainnamen, die Gattungsbegriffen entsprechen, eingereicht wurde. Das Gericht führte hierzu aus:

„Was die Umstände betrifft, unter denen der Name der Domäne oberster Stufe". eu" registriert wurde, hat das nationale Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

- die missbräuchliche Verwendung von Sonderzeichen oder Interpunktionszeichen im Sinne des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zum Zweck der Anwendung der in diesem Artikel festgelegten Übertragungsregeln,

- die Registrierung in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung gemäß der Verordnung Nr. 874/2004 auf der Grundlage einer Marke, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens erlangt wurde, und

- die Tatsache, dass eine große Zahl von Anträgen auf Registrierung von Domänennamen, die Gattungsbegriffen entsprechen, eingereicht wurde.“ (EuGH Urteil vom 03.06.2010, Az. C-569/08)

Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die Vorgehensweise der österreichischen Firma darauf gerichtet sei, das gestaffelte Registrierungsverfahren zu umgehen.

Fazit zur Bösgläubigkeit bei Domainregistrierung

Laut Ansicht der Gerichte stellt zwar die alleinige Registrierung eines Domainnamens grundsätzlich keine unlautere Handlung dar. Der Registrierende darf die Domain zumeist behalten. Jedoch sei nach Ansicht des EuGH bei der Beurteilung einer bösgläubigen Handlung der Katalog des Art. 21III VO Nr. 874/2004 und die zusätzlich aufgestellten Merkmale einer Bösgläubigkeit bei der Beurteilung zu beachten.

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