Beseitigung einer abgegebenen Unterlassungserklärung möglich?

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

Juristische Laien achten oft nur auf die in der Abmahnung geforderte Geldsumme. Sie übersehen dann, dass es sehr viel teurer werden kann, wenn man unüberlegt eine Unterlassungserklärung unterzeichnet und dem Gegener übersendet.

Denn in Abmahnschreiben wollen die Abmahner meist nicht nur Geld für die Anwaltskosten usw. und Schadensersatz. Mit der eigentlichen Abmahnung wird oft noch eine Erklärung verlangt, in manchen Fällen lag diese Erklärung sogar schon vorformuliert dem Abmahnschreiben bei. Dies ist die sogenannte Unterlassungserklärung. Mit ihr wird die Zahlung einer meist sehr hohen Vertragsstrafe oft für sehr lange Zeit! versprochen, wenn man gegen sie verstößt. Manchmal ist die Verpflichtung zum Nicht-Tun beispielsweise in einem vom Gegener übersendeten Unterlassungsvertrag mit einem Vorschlag zu einem Vergleich enthalten (Vergleichsvertrag).

Wer eine derartige unter Umständen modifizierte Unterlassungserklärung (mod. UE) abgegeben hat, stellt sich oft anschließend die Frage, ob man sich noch später von einer Unterlassungserklärung befreien kann.

Theoretisch gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man eine Unterlassungserklärung später wegbekommen oder unwirksam machen kann. Die Gerichte haben dies aber leider bislang nur in Ausnahmefällen bejahrt.

Erstens wäre die Beseitigung einer Unterlassungserklärung durch Kündigung aus besonderem Grund (heute: § 314 BGB) eventuell möglich. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Altunterwerfung-I-Urteil angenommen (BGH, Urteil vom 26.09.1996, Az I ZR 265/95, Altunterwerfung I). In diesem Fall war die sogenannte Sachbefugnis des Gläubigers nach der Abgabe der Unterlassungserklärung durch Gesetzesänderung fortgefallen. Der Gläubiger hätte daher nach der dann geltenden Gesetzeslage eine solche Unterlassungserklärung oder Unterwerfung gar nicht mehr verlangen können. Es könnte möglich sein, eine Unterlassungserklärung zu kündigen, wenn sogar das zu Grunde liegende gesetzliche Verbot im Nachhinein durch eine Änderung im Gesetz aufgehoben würde. Problematisch wäre in beiden Fällen vor allem die Frist - also bis wann nach der Änderung eine solche Kündigung noch wirksam wäre. Zu überlegen wäre außerdem, wann man die Kündigung aus besonderem Grund auch bei einer (wesentlichen?) Änderung der Rechtsprechung oder in weiteren Fällen anwenden könnte.

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage/die Störung der Geschäftsgrundlage (WGG, heute § 313 BGB) könnte ebenfalls helfen, eine Unterlassungserklärung zu beseitigen. An eine Aufhebung wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage werden aber noch höhere Anforderungen gestellt als bei der oben beschriebenen Kündigung. Das Oberlandesgericht Hamm hat es erst 2012 in einem Fall abgelehnt, eine Unterlassungserklärung wegen Störung der Geschäftsgrundlage wegfallen zu lassen (OLG Hamm, Urteil vom 13.12.2012, Az. 4 U 107/12). Auch beim Wegfall der Geschäftsgrundlage kann man wohl nicht auf eine Erklärung, wie eine Kündigung verzichten. Auch hier wäre die Frist für die Erklärung problematisch.

Das Oberlandesgericht München (OLG München) war in einem Urteil Anfang der 90er-Jahre der Meinung, dass man schon vor einer solchen Erklärung (Kündigung) eine Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in manchen Fällen verweigern kann (OLG München, Urteil vom 24.10.1991, Az. 6 U 2337/91). Dies sei dann der Fall, wenn sich die Forderung der Vertragsstrafe als Rechtsmissbrauch gegen Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB darstellen würde. Dies mag zwar nicht die Unterlassungserklärung beseitigen, würde sie aber weitgehend wirkungslos machen.

Eine Anfechtung der Unterlassungserklärung wegen Irrtums, Drohung oder Täuschung wäre ebenfalls denkbar.

Die Voraussetzungen hierzu sind wahrscheinlich eher noch höher. Insbesondere laufen beim Anfechten teilweise sehr kurze Fristen, so dass es hier besonders auf die Zeit ankommen würde.

Man sollte also möglichst nicht unüberlegt eine Unterlassungserklärung oder ein entsprechendes Vergleichsangebot unterzeichnen. Besser sollte man vor einem möglichen Fristablauf den Rat eines Rechtsanwalts suchen, der sich mit Abmahnungen und Unterlassungserklärungen auskennt.

Sofern man jedoch schon eine solche Erklärung unterzeichnet hat, sollte man erst recht möglichst schnell eine Rechtsanwalt aufsuchen um die für Sie passende Verteidigungsstrategie zu finden. Nur so kann man möglicherweise noch vermeiden, dass man eine mögliche Frist verpasst. Es wäre mehr als ärgerlich, wenn man sich wegen eines Fristversäumnisses weiter an eine teure Unterlassungserklärung für sehr lange Zeit bindet und eventuell hohe Vertragsstrafen zahlen muss.

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