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Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!
Immer wieder erleben Käufer beim Kauf über das Internet eine böse Überraschung: Das zum Schnäppchenpreis erworbene Markenprodukt stellt sich als Plagiat heraus. Welche Konsequenzen dem Verkäufer unserer Ansicht nach dabei drohen können, wird nachfolgend dargestellt. Zunächst kann man wohl zwischen drei Arten rechtlicher Konsequenzen unterscheiden: Es gibt strafrechtliche-, markenrechtliche und weitere zivilrechtliche Folgen, wenn Plagiate über das Internet verkauft werden.
Zunächst kommt unserer Ansicht nach eine Strafbarkeit des Internetverkäufers in Betracht. Beim Verkauf von gefälschten Markenprodukten an nichtsahnende Kunden droht eine Strafanzeige wegen Betrugs, §263 StGB. Dieser lautet auszugsweise:
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
| 1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat (…) |
Grundsätzlich setzt ein Betrug voraus, dass der Täter das Opfer über eine Tatsache täuscht, dadurch einen Irrtum hervorruft, welcher das Opfer zu einer Vermögensverfügung veranlasst. Letztlich muss dadurch beim Opfer ein Vermögensschaden entstehen. Der Kunde eines Händlers, der Plagiate verkauft, denkt in der Regel er würde ein Markenprodukt kaufen. Darin liegt sein Irrtum. Die Zahlung des Kaufpreises ist die Vermögensverfügung. Ein Vermögensschaden liegt jedoch, nach der Rechtsprechung des BGH, nur vor, wenn die gekaufte Sache ihr Geld objektiv nicht wert ist. Das heißt, anders als man vielleicht annehmen könnte, liege der Schaden nicht in der Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und dem, was ein Originalprodukt gekostet hätte. Stattdessen bestimme sich die Schadenshöhe nach der Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und objektivem Wert des Plagiats. Der BGH formuliert in seinem Urteil vom 27.6.2012 (Az. 2 StR 79/12):
Wird bei einem Kauf über Umstände getäuscht, die den Verkehrswert der Sache maßgeblich mitbestimmen, erleidet der dadurch zum Kaufabschluss bewogene Kunde einen Schaden regelmäßig nur dann, wenn die Sache objektiv den vereinbarten Preis nicht wert ist. Unerheblich ist demgegenüber regelmäßig, ob die gelieferte Ware von geringerem Wert ist als die vertraglich vereinbarte. (BGH, Urteil vom 27.6.2012, Az. 2 StR 79/12, Vermögensschaden beim Betrug)
„Vertraglich vereinbart“ sei in solchen Fällen ein Originalprodukt. In aller Regel wird unserer Ansicht nach ein solcher Schaden vorliegen, da ein gefälschtes Markenprodukt, beispielsweise eine Handtasche, nur einen geringen objektiven Wert besitzt. Wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch den Verkauf von Plagiaten eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen, handelt er unter Umständen gewerbsmäßig. In solchen Fällen wird seine Strafe nach §263 III StGB geschärft. Voraussetzung für einen Betrug ist jedoch in jedem Fall, dass der Täter weiß, dass er Plagiate verkauft. Neben der Betrugsstrafbarkeit macht sich ein Verkäufer von Plagiaten auch wegen einer sogenannten „strafbaren Kennzeichenverletzung“ nach §243 MarkenG strafbar. Strafgrund dieser Vorschrift ist das unerlaubte Benutzen von Markenzeichen auf den Produkten. Dieser Tatbestand wird jedoch, neben dem Betrug, normalerweise kaum eine eigenständige Bedeutung haben. Das liegt an der geringeren Strafandrohung (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe) im Vergleich zum Betrug (Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre oder Geldstrafe/6 Monate bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe bei Gewerbsmäßigkeit). Zu beachten ist schließlich, dass es unserer Ansicht nach keine Rolle spielt, auf welcher Internetplattform (eBay, Amazon, Onlineshops aller Art) die Verkäufe stattfinden.
Neben den strafrechtlichen Konsequenzen, können auch die Markenrechtsinhaber gegen den Verkauf von Plagiaten ihrer Produkte vorgehen. Wer Plagiate verkauft und dabei im „geschäftlichen Verkehr“ handelt begeht wohl eine Markenrechtsverletzung nach §14 II MarkenG. Dem Markeninhaber stehen dann vielfältige Rechte gegen den Verkäufer zu. Er kann die Abgabe einer Unterlassungserklärung, die Zustimmung zur Vernichtung der Ware, Auskunft über die Herkunft der Ware, sowie Erstattung seiner Rechtsanwaltskosten verlangen. Aufgrund der typischerweise sehr hohen Streitwerte im Markenrecht entstehen dabei schnell Kosten in Höhe von mehreren Tausend Euro. Zu beachten ist dabei, dass diese Ansprüche unabhängig davon bestehen, ob der Verkäufer von den Plagiaten gewusst hat oder nicht. Sie sind verschuldensunabhängig. Wenn dem Verkäufer sogar Verschulden nachgewiesen werden kann, er also absichtlich oder zumindest grob fahrlässig Plagiate angeboten hat, drohen ihm auch Schadensersatzforderungen des Markeninhabers. Das entscheidende Kriterium bei der Frage, ob Ansprüche des Markeninhabers gegen den Verkäufer bestehen, ist unserer Ansicht nach, ob ein Handeln im „geschäftlichen Verkehr“ vorliegt. Dies scheint bei einem einmaligen Verkauf, z.B. über eBay, nicht der Fall zu sein. Die Rechtsprechung setzt allerdings keine hohen Anforderungen an diese Voraussetzung. So hat das LG Berlin (Urteil vom 9.11.2001, Az. 103 O 149/01) entschieden, dass bei 39 Transaktionen während eines Zeitraumes von 5 Monaten ein geschäftlicher Verkehr angenommen werden könne:
Der Begriff des geschäftlichen Verkehrs ist weit auszulegen. Erfaßt wird jede selbständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt. Darunter fällt nach Auffassung des Gerichts auch der Verkauf von Privateigentum, jedenfalls dann, wenn er. einen gewissen Umfang annimmt, wie z.B. das Anbieten von Waren auf einem Trödelmarkt. (LG Berlin, Urteil vom 9.11.2001, Az. 103 O 149/01, Anforderungen an den Begriff des „geschäftlichen Verkehrs“)
Es können also unserer Ansicht nach auch schon markenrechtliche Konsequenzen drohen, wenn man „Privatverkäufe“ in größerer Zahl über das Internet abwickelt.
Schließlich können Käufer von Plagiaten im Internet Schadensersatz vom Verkäufer fordern. Voraussetzung dafür ist, dass sie nicht wissen, dass sie ein Plagiat erwerben. Vereinbart ist dann grundsätzlich ein Kaufvertrag über ein Originalprodukt. Der Käufer wird wohl davon ausgehen können ein Originalprodukt zu kaufen, wenn in der Produktbeschreibung oder im Angebotsnamen die Marke genannt ist. Bei eBay-Auktionen ändert wohl auch das Startgebot von 1 € nichts daran, dass der Käufer auf ein Markenprodukt vertrauen kann. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 28.3.2012, Az. VIII ZR 244/10) sei dem Startangebot bei einer Internetauktion im Hinblick auf den Wert des angebotenen Gegenstandes grundsätzlich kein Aussagegehalt zu entnehmen, da durch ein niedriges Startgebot ein höheres Interesse geweckt werden könne. Auch aus den eBay-AGB entnimmt der BGH ein Argument dafür, dass der Käufer auf die Echtheit der angebotenen Produkte vertrauen dürfe (BGH, a.a.O.):
Hinzu kommt, dass eBay den Verkauf von Repliken und Fälschungen ausdrücklich verbietet (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – I ZR 139/08, CR 2011, 259 Rn. 3 – Kinderhochstühle im Internet). Dieses Verbot ist auch bei der Auslegung der Willenserklärung des Anbieters zu berücksichtigen. Denn wie der Senat bereits entschieden hat, richtet sich der Erklärungsinhalt der Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) bei Abschluss des Kaufvertrages im Rahmen der bei eBay durchgeführten Internetauktion auch nach den Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an der Internetauktion zugestimmt haben (…). Bezieht sich das Angebot ausdrücklich auf einen Markennamen, kann und darf der Kunde, soweit sich nicht aus dem Angebot eine Einschränkung ergibt, daher im allgemeinen die berechtigte Erwartung haben, dass das angebotene Produkt diesen Vorgaben entspricht und kein Plagiat ist. (BGH, Urteil vom 28.3.2012, Az. VIII 244/10, Echtheitsvermutung bei eBay-Angeboten) (Hervorhebungen nicht im Original)
Wenn also der Kaufvertrag den Verkäufer zur Lieferung eines Originalprodukts verpflichtet, was, wie oben gesehen, in der Regel der Fall ist, stellt die Lieferung eines Plagiats einen Mangel dar. Das gibt dem Käufer wiederum das Recht die Lieferung einer mangelfreien Sache zu fordern, also ein Originalprodukt. Normalerweise wird der Verkäufer dazu wohl weder in der Lage noch gewillt sein. In diesem Fall kann der Käufer stattdessen Schadensersatz fordern. Die Höhe des Schadensersatzes beträgt unserer Ansicht nach das komplette Erfüllungsinteresse, das heißt die Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und den Kosten für die Beschaffung eines Originalprodukts.
Das Verkaufen von Plagiaten im Internet kann, wie oben beschrieben, unserer Ansicht nach einige Konsequenzen haben. Es drohen, neben einer Strafanzeige wegen Betrugs, hohe Kosten aus markenrechtlichen Abmahnungen, sowie Schadensersatzklagen von Käufern. Die genutzte Internetplattform wird dabei, in der Regel, keine Auswirkungen haben.
Welche Konsequenzen im Einzelfall drohen, oder welche Möglichkeiten bestehen, wenn man selbst Opfer eines Verkäufers von Plagiaten wurde, sollte unserer Ansicht nach von einem Rechtsanwalt mit Schwerpunkt IT-Recht überprüft werden!
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