Wettbewerbsrecht: Apotheker darf nicht mit erheblichem Preisnachlass bei OTC-Produkt werben!

Achtung: Der Beitrag kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen!

OLG Stuttgart: Apotheker darf nicht mit erheblichem Preisnachlass bei OTC-Produkt mit Bezug auf „bisherigen Preis nach ABDA“ nach Wettbewerbsrecht werben.

Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied am 14.11.2013 (Az. 2 U 182/12) dass es einem Apotheker nicht erlaubt sei, auch bei Arzneimitteln die nicht der Preisbindung unterliegen, Dreingaben im Wert von über einem Euro beim Kauf beizugeben. Zudem stelle eine Rabatt-Werbung für rezeptfreie Arzneimittel (OTC-Mittel) mit Bezugnahme auf einen „bisherigen Preis nach ABDA“ eine irreführende Geschäftshandlung dar. Die Klage war von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbes eingereicht worden.

Thermobecher stellt unzulässige wettbewerbsrechtliche Zugabe nach § 7 HWG dar

Ein Apotheker hatte damit geworben, beim Kauf eines rezeptfreien Medikaments einen Thermobecher gratis zu erhalten. Das Oberlandesgericht ging jedoch davon aus, dass § 7 HWG auch für Zugaben beim Verkauf von nicht preisgebundenen Arzneimitteln gelte. § 7 HWG beziehe sich nicht nur auf preisgebundene oder verschreibungspflichtige Arzneimittel, sonder könne auch OTC-Produkte umfassen.

Abgesehen davon stelle der angebotene Thermobecher auch keine geringfügige Kleinigkeit dar und sei deshalb ohnehin als Dreingabe verboten. Bei der Beurteilung des Wertes der Dreingabe sei nicht auf den tatsächlichen Wert, sondern auf die Wertschätzung des Kunden abzustellen. Dem Thermobecher würde von den Verbrauchern einen deutlich höheren Wert zugesprochen bekommen, als er eigentlich aufweise. Von dieser Wertschätzung des Verbrauchers hinge es ab, ob dieser sich für das Produkt entscheide oder nicht. Das Oberlandesgericht führte hierzu aus:

„Wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist zur Würdigung, ob eine derartige geringwertige Kleinigkeit abgegeben oder als Zugabe angepriesen wird, nicht auf den vom Landgericht mit 1,05 EUR festgestellten, unstreitigen Einkaufspreis, geschweige denn auf einen zukünftig möglicherweise geringeren Einkaufspreis abzustellen, sondern auf die Wertschätzung, die der angesprochene Verbraucher nach der Werbung für die angebotene Zugabe entwickelt. Denn von ihr hängt es ab, ob er sich von der Aussicht auf die Zugabe bei der Auswahl der Apotheke beeinflussen lässt, in der er das Produkt kauft, mit dessen Kauf er die Zugabe erwartet und ob er sich für dieses Produkt entscheidet oder für ein anderes, gleichfalls in Betracht kommendes Konkurrenzprodukt.“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2013, Az. 2 U 18/12)

Der Thermobecher sei deshalb als eine unzulässige, den Markt unlauter beeinflussende Zugabe zu betrachten.

Werbung mit „Preis nach ABDA“ ist eine irreführende unlautere Handlung nach dem UWG

Zudem hatte der Apotheker für OTC- Produkte mit einem Preisnachlass von 40% gegenüber dem „bisherigen Preis nach ABDA“ geworben. ABDA bezog sich in diesem Fall auf die Preisangaben aus der Lauer- Taxe und stellen keinen verbindlichen Preis dar.

Das Gericht entschied, dass die meisten Verbraucher nichts mit dem Wort „ABDA“ anfangen könnten. Die meisten Verbraucher gingen immer noch von der Vorstellung aus, dass in Apotheken ein verbindlicher Apothekenpreis herrsche. Daher würden sie durch den Zusatz „Preis nach ABDA“ davon ausgehen, dass sie einen Rabattvorteil zu einem sonst verbindlichen Listenpreis erhalten.

„Wird in dieses Vorverständnis noch durch die Worte ‑Preis nach ABDA unterstützend hineingewirkt, so legt dies auch für den ganz überwiegenden Teil der Verbraucher, der mit dem Kürzel ‑ABDA nichts anfangen kann, die Annahme nahe, es handele sich bei dem Bezugspreis um einen bisherigen Fest- oder verbindlichen Listenpreis, den er am Markt bislang habe bezahlen müssen.“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2013, Az. 2 U 18/12)

Der Apotheker könne sich auch nicht darauf stützen, dass die Verbraucher in der Apotheke nach der Bedeutung von ABDA fragen oder sich im Internet informieren könnten. Entscheidend sei die Werbung selbst:

„Veranlasst sie den Verbraucher dazu, sich näher mit dem beworbenen Angebot zu befassen, etwa indem er sich in die Apotheke des Werbenden begibt, so hat die Unklarheit der Werbung bereits zu einem Wettbewerbsvorteil geführt. Eine Heilung der Unlauterkeit scheidet dann aus.“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2013, Az. 2 U 18/12)

Die Rabattwerbung sei auch dazu geeignet, die Verbraucher irrezuführen, weshalb die Normen des UWG einschlägig wären. Das Gericht kam deshalb zu dem Entschluss, dass ein Verstoß gegen §§ 3, 5 I Nr.2 UWG zu bejahen sei.

Unsere Stellungnahme zum Wettbewerbsrecht bei Apotheken

Unserer Ansicht nach schütz das Urteil des OLG Stuttgart erneut Verbraucher vor unlauteren Werbeaktionen, welche ihre Unerfahrenheit und Beeinflussbarkeit ausnutzen möchten.

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